Lörrach Keine „Corona-Partys“ bitte!

Kristoff Meller , aktualisiert am 20.03.2020 - 11:38 Uhr

Polizei geht gegen Versammlungen in Parks und auf Spielplätzen vor / Hieber reagiert auf Situation

Update: Wie die Polizei in einer Meldung von heute, Freitagmorgen mitteilt, kam es auch gestern, Donnerstag,  im Landkreis Lörrach zu mehreren Meldungen über Gruppen, die sich zum Feiern in der Öffentlichkeit getroffen habe. Dabei handelt es überwiegend um Gruppen von drei bis 15 Personen, die sich an verschiedenen Örtlichkeiten zusammengefunden haben, teilt die Polizei mit. So zum Beispiel in der Lörracher Innenstadt, im Grüttpark, bei der Sporthalle in Steinen, bei dem Schulzentrum in der Egerstraße in Weil am Rhein.

Die Gruppen zeigten sich nach deutlichen und erklärenden Ansprachen einsichtig und entfernten sich.

Weiterhin musste die Polizei im Landkreis eine Gaststätte in Lörrach schließen, die um 19 Uhr noch geöffnet hatte, ebenso einen Einkaufsladen, der trotz Verbotes öffnete.

In Grenzach-Wyhlen wurde eine Kneipe geschlossen, in welcher sich mehrere Personen unzulässigerweise aufhielten und Getränke konsumierten.

Lörrach - Die Rechtsverordnung des Landes vom 17. März soll die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus verlangsamen. Darum sind unter anderem Zusammenkünfte in Vereinen, in Sport- und Freizeiteinrichtungen sowie sonstige Versammlungen vorerst untersagt. Dennoch treffen sich und feiern vor allem Jugendliche weiter wie zu normalen Ferienzeiten. Um diese Aktivitäten zu unterbinden, fehlt der Polizei bislang jedoch oft die Rechtssicherheit.

„Halten Sie sich an die Regeln“, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwochabend in einer Fernsehansprache gebeten und auch Lörrachs Oberbürgermeister Jörg Lutz hat „dringend an die Eigenverantwortung einer Jeden und eines Jeden“ appelliert, und hofft, „mit diesen weitreichenden Maßnahmen der Notwendigkeit einer Ausgehsperre vorgreifen zu können“. Doch nicht alle Lörracher haben ihre Sozialkontakte deutlich reduziert, halten Abstand voneinander und bleiben weitgehend zuhause. Stattdessen treffen sie sich noch immer in mehr oder weniger großen Gruppen in der Innenstadt, in Parks, auf abgesperrten Spielplätzen oder kicken auf Bolzplätzen.

„Gefühlt so viel los wie am 1. Mai“

Das Führungs- und Lagezentrum beim Polizeipräsidium Freiburg registrierte laut einer Mitteilung in der Nacht auf Donnerstag mehrere Einsätze wegen sogenannten „Corona-Partys“ in Südbaden. Es seien bis zu 120 insbesondere Jugendliche und Heranwachsende, beispielsweise an Grill- und Spielplätzen, anzutreffen gewesen. Auffällig war laut Meldung, dass die jungen Menschen teilweise uneinsichtig waren, wenn die Polizei ihr Treffen auflöste und Platzverweise erteilte.

Auch in Lörrach haben sich nach Informationen unserer Zeitung am Mittwochabend an zahlreichen Orten wie dem Grütt- oder Rosenfelspark Menschen in kleineren und größeren Gruppen getroffen. Offiziell als „Corona-Partys“ gemeldet wurden laut Polizeisprecher Jörg Kiefer zwar nur fünf im gesamten Landkreis, die Zahl der durch die Verordnung eigentlich untersagten Partys sei jedoch vermutlich wesentlich höher: „Wir hatten auch einige Meldungen wegen Ruhestörungen. In Lörrach wurden meist Gruppen von drei bis zehn Jugendlichen angetroffen.“

Während die Bundeskanzlerin „von der größten Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg“ spricht, scheinen gerade Heranwachsende noch kein Bewusstsein für die Lage entwickelt zu haben, beklagt Kiefer: „Es ist teilweise gefühlt so viel los wie am 1. Mai.“ Die Streifen versuchen vor Ort aufzuklären und die Partys „mit Augenmaß“ aufzulösen, so der Polizeisprecher. Das Verständnis dafür sei jedoch unterschiedlich: „Sie gehen dann meist trotzdem in Gruppen nach Hause.“ Vielen sei die Gefahr einfach nicht bewusst. Noch sei man in der „Phase des Erklärens“, nach und nach werde es aber wohl auch Anzeigen geben müssen, so Kiefer.

Für die ohnehin derzeit stark beanspruchten Beamten bedeutet diese Situation laut Kiefer aber nicht nur viel Mehrarbeit, die Einsätze sind auch mit rechtlichen Unsicherheiten verbunden: „Normalerweise geht es Monate oder sogar Jahre, bis es bei einer neuen Verordnung wirklich Rechtssicherheit gibt.“ Denn einige Formulierungen seien nicht eindeutig und mitunter mache es einen großen Unterschied wo sich die Personen treffen. Für Platzverweise oder Polizeigewahrsam bedürfe es aber rechtlicher Klarheit. „Es gibt viele Dinge, welche die Gemeinden explizit nachfragen müssen“, sagt Kiefer.

Keine „Party-Utensilien“ mehr für Jugendliche in Hieber-Märkten

Auch der Einzelhandel hat das Einkaufsverhalten der Jugendlichen registriert und im Falle von Dieter Hieber, Inhaber der Hieber-Märkte, schnell und drastisch reagiert: „Wir werden bei uns in den Märkten an Jugendliche, die nur Party-Utensilien kaufen wollen, wie Alkohol, Chips und Co. nicht mehr verkaufen. Jetzt gilt es, die Lebensmittelversorgung für die nächsten Wochen aufrecht zu halten und nicht für Euren Fun zu sorgen“, schrieb er am Donnerstagmittag auf der Facebook-Seite des Unternehmens. Hieber sprach dabei zunächst explizit „die Fridays for Future Generation“ an und erhielt viel Zustimmung für seine Worte bei Facebook, aber auch Kritik von Seiten der „Fridays for Future Lörrach“ sowie vom SPD-Kreisverband, woraufhin er die Ansprache in „Generation Z“ änderte.

Allerdings betonte er weiterhin: „Unsere Mitarbeiter gehen jeden Tag ein Risiko ein und machen Überstunden ohne Ende. Das machen sie gerne und sie wissen, wie wichtig dies für die nächsten Wochen ist. Aber wir werden keine Waren mehr an Party-People verkaufen. Ich hoffe, die anderen Lebensmittel-Geschäfte schließen sich mir an.“

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