Lörrach Kindertagesbetreuung ist „systemrelevant“

Bernhard Konrad
Derzeit fehlen der Stadt 210 Plätze in der Kindertagesbetreuung – Tendenz steigend. Die Stadt muss handeln. Foto: Kristoff Meller

Die Mitglieder des Hauptausschusses unterstützen die Pläne der Stadtverwaltung zur Sicherung der Kindertagesbetreuung.

Die Mitglieder des Hauptausschusses unterstützen die Pläne der Stadtverwaltung zur Sicherung der Kindertagesbetreuung.

Die Betreuung in Lörracher Kitas und Kindergärten ist geprägt von einer großen Vielfalt der Träger. Indes stehen die meisten Einrichtungen vor vergleichbaren Problemen: Fachkräfte sind rar, Kostenstrukturen ändern sich – unterdessen steigen Erwartungshaltung und Professionalisierungsdruck.

Die Pläne der Stadt

Wie berichtet, sollen sowohl eine Anpassung der Förderung als auch die Vereinheitlichung von Standards in der Stadt Lörrach die schwierige Lage stabilisieren. Zudem haben das Familienzentrum und die Dieter-Kaltenbach-Stiftung der Verwaltung Angebote unterbreitet, mit denen kurzfristig Entlastung beim Platzmangel geschaffen werden kann. Denn dieser habe sich zuletzt massiv verschärft. Derzeit fehlen der Stadt 210 Plätze in der Kindertagesbetreuung – Tendenz steigend, so die von Anja Renkert verfasste Vorlage.

Die Stabilisierungskosten

Die Mehrkosten dieser Stabilisierungsmaßnahmen betragen 300 000 bis 650 000 Euro – je nachdem, ob die Berufspraktikanten vollumfänglich, anteilig oder gar nicht auf den Mindestpersonalschlüssel angerechnet werden sollen. Der Hintergrund: Bei der herkömmlichen Ausbildung zum Erzieher werden die Azubis im letzten Jahr des Berufspraktikums mit – je nach Träger unterschiedlichen Prozentanteilen – auf den Personalschlüssel angerechnet. Sobald sie aus diesem Mindestpersonalschlüssel herausgenommen werden, fallen zusätzliche Personalkosten an. In diesem Punkt kam der Ausschuss noch nicht zu einem übereinstimmenden Meinungsbild.

Die Kosten für neue Plätze

Durch die neuen Angebote von Familienzentrum und Kaltenbach-Stiftung könnten kurzfristig bis zu 52 Kindergartenplätze geschaffen werden. Die zusätzlichen Betriebskostenzuschüsse für diese Gruppen betragen rund 330 000 Euro, einmalige Investitionskosten für die Umwandlung der Räume liegen bei 445 000 Euro. Im städtischen Haushalt sind für das Jahr 2023 knapp 15 Millionen Euro für die Kinderbetreuung angesetzt.

Der Oberbürgermeister

„Das ist ein großer Schluck aus der Pulle“, sagte Oberbürgermeister Jörg Lutz mit Blick auf die Kosten. Die Stadt sei nicht mehr weit von der Forderung eines Haushaltskonsolidierungskonzepts durch das Regierungspräsidiums entfernt. Aber: „Die finanziellen Mehraufwendungen sind ein notwendiger Schritt für die Stabilisierung bei gleichzeitigem Ausbau des Betreuungsangebots,“ betont der OB. Indes stellt er in Frage, ob die Stadt den Betrag für die Berufspraktikanten schultern könne. Hier sei gegebenenfalls auch eine Kompromisslösung denkbar – unter Vorbehalt der Haushaltsberatungen.

Die Fraktionen

Die Vorlage sei mutig und inhaltlich überzeugend, sagte Margarete Kurfeß (Grüne). Die Kindertagesbetreuung sei „systemrelevant“, die Stabilisierung der Lage notwendig.

Oswalds Ausführungen hätten den großen Bedarf eindrucksvoll skizziert, begrüßte Günter Schlecht (SPD) den Ansatz der Stadt. Mit Blick auf die Elternbeiträge sieht er in erster Linie das Land in der finanziellen Pflicht.

Die Vielfalt der Träger lobte Ulrike Krämer (CDU) ebenso die Kernpunkte der Beschlussvorlage. Im Auge behalten solle die Stadt auch die Verbesserung der Barrierefreiheit. Jörg Müller (Freie Wähler) schloss sich den zustimmenden Wortmeldungen an.

Hubert Bernnat (SPD) warnte mit Blick auf die Debatte um den Betrag für Berufspraktikanten vor einem „Verdrängungswettbewerb“ bei den Haushaltsberatungen. Er forderte, das Land solle hier die Vorreiterrolle übernehmen, denn die ohnehin finanziell belasteten Städte und Gemeinden treffe das Problem flächendeckend.

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