Lörrach Klassiker im Schnelldurchgang

Jürgen Scharf
Solo für Fabian Dämmich: Der Schauspieler erzählt das Schiller-Drama „Don Karlos“ aus seiner Sicht. Foto: Jürgen Scharf

„Frischluftsommer“: Theater Basel mit Don Karlos zu Gast im Werkraum Schöpflin

Lörrach-Brombach - Musik aus einem Italo-Western kündigt den Cowboy Don Karlos an: Jeans, kariertes Hemd, Sonnenbrille, Cowboyhut und -stiefel. Aber das Publikum im Garten des Werkraums Schöpflin ist nicht in einem Western sondern im Spanien zur Zeit König Philipps II. Auf der eigens für das Solo von Fabian Dämmich entworfenen flexiblen Bühne steht der Infant von Spanien – in Schillers Drama im Pop-up-Format.

Mit dem Konzept „Klassikermaschine“ gastierte das Theater Basel bei „Schöpflins Frischluftsommer“. Dämmich holt Don Karlos in die Gegenwart und erzählt den Klassiker aus der Sicht des Kronprinzen in einem einstündigen Schnelldurchgang nach dem Motto der neuen Serie: eine Stunde, ein Künstler, ein Klassiker.

Ob Hamlet, Käthchen, Othello, Medea oder wie jetzt Don Karlos – jeden Monat will das Theater Basel ein anderes Werk des klassischen Kanons als Solo für einen Schauspieler auf die Bühne bringen. Der Brombacher Open-air-Auftritt mit der Adaption nach Friedrich Schiller war am selben Abend wie die Saisoneröffnung des Theaters.

Die Reihe trägt das Wort „Maschine“ im Titel – und da denkt man doch gleich an Heiner Müllers „Hamletmaschine“. Sicher ist die „Klassikermaschine“ eine Anspielung darauf, eine Auseinandersetzung mit den großen Dichtern, aber nicht durch Regisseure oder Dramaturgen des Hauses, sondern durch die Darsteller selber. Die Idee hinter diesem interessanten Konzept ist, dass es eigene Bearbeitungen der Spieler sind. Das Ganze ist spartenübergreifend, Schauspiel, Ballett, Oper.

„Maschine“ ist nicht nur ein direkter Verweis auf die Hamletmaschine, sondern eine freie Anlehnung an Schiller. Fabian Dämmich tritt ans Mikrofon, benutzt es als Telefon, um seinen Freund Posa anzurufen. Am anderen Ende ist immer dessen Frau. „Hallo Frau Posa, ist Mark da?“, fragt er auf gut Neudeutsch.

Dämmich seziert seinen Schiller, setzt ihn wieder zusammen, modern in einer heutigen Sprache. Schade um den wunderschönen Schillertext? Nein, das Original wird öfter zitiert. Und doch ist es eine eigene Position, die Dämmich als Don Karlos einnimmt, indem er dem Theatertext und dem Inhalt subjektiv nachspürt.

Ständig fleht er den König an: „Vater, vertrau mir Flandern!“ Dort ist Rebellion, dort will er hin. Er bekommt diesen „Job“ aber nicht, Philipp verweigert ihm den Oberbefehl, und Karlos rast durch den Garten, redet gegen eine Wand, sinniert über die Liebe, greift zur Gitarre für spanische Folklore, singt „Mi padre“ und reduziert das Thema auf ein Land, zwei Männer, viel zu wenig Platz. Die Beziehung zwischen Vätern und Söhnen ist nicht immer leicht.

Gelegentlich tritt Don Karlos aus seiner Rolle heraus und spricht als Schauspieler zum Publikum. Dämmich fügt neue Bilder ein, wenn er reitet und Lasso wirft wie beim Rodeo. Trotz des eingedampften Textes und der freizügigen Verknappung des Stoffes ist in diesem Schiller-Digest ein grobes Gerüst vorhanden und man erfährt (fast) alles, worum es geht: um Intrigen, den Tod von Marquis Posa, die Liebe zur jugendlichen Stiefmutter, um das Beziehungsgeflecht.

Es ist ein auswegloser Kampf dieses einsamen Cowboys gegen den starken Vater, wunderbar locker erzählt mit Action- und Gesangseinlagen von dem jungen Schauspieler als eine Coming-of-age-Geschichte.

Im Herbst gibt es ein anderes Stück aus der „Klassikermaschine“. Aktuell im Theaterkalender ist „Don Pasquale“, eine Opera buffa von Donizetti in Fünferbesetzung. Eigentlich wollte der Werkraum fünf solcher Klassikerstücke bringen – aber ob das klappt, steht in den Sternen.

Umfrage

E-Auto

Die EU hat ein weitgehendes Verbrenner-Aus bis 2035 beschlossen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading