^ Lörrach: Klimawandel und Realityshow im Burghof - Lörrach - Verlagshaus Jaumann

Lörrach Klimawandel und Realityshow im Burghof

Jürgen Scharf
Eine Szene aus der Inszenierung des Stücks „Garland“ durch das Landestheater Tübingen. Das Burghof-Publikum ließ sich von der knallbunten Komödie aber kaum anlocken. Foto: Jürgen Scharf

Das Stück „Garland“ des Landestheaters Tübingen stieß nur auf mäßiges Interesse. Was ist diese „moderne Märchen-Dramedy zum Klimawandel“ eigentlich?

Was ist diese „moderne Märchen-Dramedy zum Klimawandel“ nun eigentlich? Talkshow oder Realityshow, Musical oder Roadmovie? Komödie oder Persiflage? Am Schluss der 90-minütigen Aufführung des Stücks „Garland“ im Burghof ist man nicht viel klüger als am Anfang. Man weiß nur: Kansas liegt in Mittelsachsen und gesucht wird Dorothee Sturm, eine jugendliche Serienbrandstifterin. Die Eilmeldung der Polizei gibt die Radiomoderatorin in ihrer Sendung durch.

Es treten auf, in einem Spiel auf zwei Ebenen, vor und hinter dem Vorhang: Onkel Henri und Tante Em (Andreas Guglielmetti und Jennifer Kornprobst), zwei Farmer mit Flinten, deren Farm verdorrt ist (Achtung, Klimawandel!). Die 13-jährige Ausreißerin Dorothee (Solveig Eger), deren Kinderheim abgebrannt ist. Ein erfolgloser Filmemacher billiger Heimatfilme (Dennis Junge), im Hauptberuf Fernfahrer, der aus Versehen in der Show der (genderkonform mit Justin Hibbeler besetzten) Moderatorin Lorna Luft landet. Ein Polizist (Jonas Hellenkemper), der den Lastwagen seiner Mutter klaut. Eine Tankstellenbesitzerin (Franziska Beyer), die auch Judy Garland höchst persönlich sein könnte, vielleicht aber auch nicht.

Alles quietschbunt hier in dieser Inszenierung von Maike Bouschen, alles bonbon- und pinkfarbig bis hin zu Bühnenelementen wie Gartenstühlen und einer riesigen Eistüte. Die Bilder und die Bühne sehen ja niedlich aus, und es gibt viel heiße Luft. Ständig wird die Außentemperatur bekannt gegeben: Hot, hot, hot.

„Garland“ von Svenja Viola Bungarten, mit dem das Landestheater Tübingen am Sonntag in den Burghof kam, ist eine moderne Überschreibung von Vorlagen wie „Der Zauberer von Oz“ und dessen Hollywood-Verfilmung von 1939. Vielleicht ist es auch eine Hollywood-Persiflage, aber mit vielen aktuellen Bezügen. Gefragt wird: Was ist falsch in unserer Welt?

Die schrägen Bühnenbilder und lustigen Kostüme (Valentina Pino Reyes) geben der Szenerie etwas gewollt Künstliches, Überzeichnetes, Surreales. Die Inszenierung springt hin und her zwischen dem Talk der Moderatorin, ihren Gästen und dem Regisseur des Katastrophenfilms, der die Katastrophe als Basis allen möglichen Denkens sieht.

Mittendrin das Mädchen Dorothee, das mutterseelenallein herumirrt, auf die Farm von Onkel und Tante kommt und die Welt retten will. In dieses Stück wird alles hineingepackt an Parallelen zum Hier und Jetzt, sogar Lokalkolorit, die soziale Realität, die große Depression und alles in Kontrast zur Hollywood-Scheinwelt und dem Filmbusiness gesetzt. Etwas viel, was hier zusammengequirlt wird und das Zuschauen nicht gerade einfacher macht, wenn man dem Stück und seiner Idee folgen will. Dabei halten die Darsteller den rasanten Szenenwechsel witzig am Laufen.

In Erinnerung bleiben ein paar schöne Szenen wie die Musikeinlagen mit Klavier, der umgetextete Hauptsong „Over the Rainbow“, den Judy Garland im Film singt und in dem jetzt die Wiesen besungen werden, auf denen wir spielten, die aber nicht mehr sind.

„Garland“ verschränkt die Schicksale und heutigen Konflikte im öden (Gar-)Land zu einer fantastischen Komödie mit bitterem Kern. Das Burghof-Publikum glänzte aber durch Abwesenheit.

  • Bewertung
    4

Umfrage

Bundeswehr

Braucht Deutschland wieder die allgemeine Wehrpflicht?

Ergebnis anzeigen
loading