Lörrach Leben mit dem Verlust des Kindes

Von Anja Bertsch

Hilfsangebot: Sternengruppe wendet sich an Eltern, die den frühen Tod ihres Kindes verkraften müssen

Es ist das Unfassbare, das nicht Begreifbare, das dennoch geschieht: Kinder sterben und hinterlassen verwaiste Eltern, die mit dem Verlust fortan leben müssen. Eine begleitete Trauergruppe am Lörracher St. Elisabethen-Krankenhaus gibt betroffenen Eltern nun die Möglichkeit, in ihrer Trauer ein wenig Halt zu finden und ein wenig Hilfe: in Ritualen, im Gehörtwerden, im Austausch mit geschulten Trauerbegleiterinnen und mit anderen Betroffenen.

Von Anja Bertsch

Lörrach. Das Angebot der „Sternengruppe“ richtet sich an Eltern, die von einem Verlust in der frühen Lebenszeit betroffen sind – während der Schwangerschaft, unter der Geburt oder in den ersten Lebensmonaten.

Geleitet wird die Gruppe von der Hebamme Kristina Turkauf und der Kinderkrankenschwester Nadine Brand. Die beiden sind am „Eli“ tätig und haben die Trauergruppe im vergangenen Herbst gemeinsam ins Leben gerufen. Beiden ist das Thema und der Umgang mit Tod und Trauer aus ihrer Berufstätigkeit nicht fremd. Um die Trauergruppe jedoch professionell anleiten zu können, haben sie zusätzlich spezielle Weiterbildungen im Bereich der Trauerbegleitung absolviert. „Die betroffenen Eltern müssen lernen, mit dem Verlust ihre Kindes zu leben. Wir wollen sie auf diesem Weg ein Stück weit begleiten“, umschreibt Kristina Turkauf ihre Motivation.

Seit Oktober nun treffen sich die Angehörigen der aktuellen Trauergruppe einmal im Monat. Wichtiger Teil des Konzepts ist, dass sich eine feste Gruppe aus acht bis zehn Eltern über etwa ein dreiviertel Jahr hinweg an insgesamt acht Abenden trifft und sich in gewisser Weise auch gegenseitig in ihrem Trauerprozess begleitet und unterstützt. Im Laufe der Zeit entstehen so innerhalb der Gruppe tiefes Vertrauen und Verbundenheit. Die laufende Gruppe hat mittlerweile sechs Abende gemeinsam verbracht – „die Eltern können frei und offen reden – und manchmal sogar lächeln. Das ist schön zu sehen“, erzählt Nadine Brand.

Über das, was eine Trauergruppe oder allgemeiner ein Trauerprozesses überhaupt bewirken kann, lassen die beiden Leiterinnen keine Illusionen aufkommen: „Die Trauer wird die Eltern immer begleiten. Das ist ein Lebensprozess.“

Zugleich liegt eben hier eine wichtige und vielleicht tröstliche Erkenntnis, bei deren Begreifen die Trauerbegleitung helfen kann: „Es geht eben nicht darum, loszulassen. Die Eltern werden zu ihrem Kind immer eine Bindung haben. Man kann nicht so tun, als ob es nicht gewesen wäre. Viel mehr als um ein Loslassen geht daher darum, den Verlust in das Leben zu integrieren“, schildern die beiden.

Die Abende in der Sternengruppe laufen in einer Mischung aus wiederkehrenden Elementen und eigenen Themen und Schwerpunkten ab. „Ein großer Teil ist Zuhören. In der Gruppe gibt es viel Raum und Zeit für Austausch, Gespräch und Emotionen, die von Trauer über Schuldgefühle und Ängste bis Wut reichen“, erzählt Nadine Brand.

Gleichzeitig geben die Trauerbegleiterinnen Gedankenanstöße, aber auch Impulse zur konkreten Umsetzung. Etwa zur Körperarbeit, um Frauen beispielsweise nach einer „stillen Geburt“ wieder zu sich und zum Vertrauen in ihren Körper zu bringen. Zum kreativen Gestalten, um aus der Trauer heraus etwas zu erschaffen, das mit dem Sternenkind verbindet. Oder zum Packen eines „Ressourcenkoffers“ aus Gedanken und konkreten Hilfsmitteln, die greifen, wenn die Emotionen wieder einmal übermächtig werden: ein Lieblingsort, eine Notfallnummer, ein bestimmtes Lied oder eine Atemübung.

Neben dem professionellen Input der Trauerbegleiterinnen ist für die Gruppenmitglieder auch die Gemeinschaft und der Austausch mit anderen Betroffenen wertvoll: Die Umstände und Schicksale sind individuell – gemeinsam aber ist der fundamentale Verlust. All diese Menschen trauern um ihr Kind. Und sie müssen damit leben und umgehen. Fruchtbar sind da zuweilen konkrete Schilderungen und Erfahrungen – etwa, wenn es um den Umgang mit klassischen Familienfesten wie Weihnachten geht oder um Rettungsanker, wenn die Trauer im Alltag wieder einmal übermächtig wird, macht Kristina Turkauf deutlich.

Wichtig ist für die Angehörigen dieser Gemeinschaft auch ein weitere Aspekt: In der Sternengruppe finden sie einen Ort, an dem sie Eltern sein dürfen. Diese Elternsein wird im Alltag und vom Umfeld meist nicht wahrgenommen – ist im und für das Leben der Betroffenen aber ein ganz wesentliches Element und wird es immer bleiben.  

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