Lörrach Lörrach schwitzt

Gabriele Hauger

Reportage: Unterwegs in Lörrach am bisher heißesten Tag des Jahres

Lörrach schwitzt. Für gestern war der bisher heißeste Tag des Jahres angekündigt. Bedrohlich rot eingefärbt zeigte sich der ganze Landkreis auf der Wetterkarte. Man wusste also, was auf einen zukommt. Wir schauten uns an, wie die Lörracher mit den wüstenartigen Temperaturen umgehen.

Von Gabriele Hauger

Lörrach. Kurz vor 9 Uhr auf dem Markt. Entspannt lässt es sich bei noch schlappen 24 Grad einkaufen, es weht sogar ein angenehmes Windchen. Die große Eisdiele hat zur Entrüstung einiger Kinder, die gerade zu ihrem Ferienprogramm schlendern, noch zu. „Also ich könnte jetzt schon ein Eis vertragen“, meint eine Achtjährige. Die Cafés ringsum sind noch mäßig besetzt. Plätze in der Sonne sind heute Ladenhüter.

Trinken, trinken, trinken

Bei der Privatbrauerei Lasser glühen derweil die Drähte heiß. „Wir sind voll ausgelastet“, sagt Manfred Lais, Leiter Logistik. Viele feierten nun nach Corona Geburtstage und Feste nach, einige auch überraschend spontan. „Gerade hat jemand angerufen, weil er Getränke für eine spontane Hochzeit in zwei Wochen braucht“, erzählt er. Angesichts der hohen Temperaturen sind Wasser und Eistee der Renner und aktuell noch viel stärker nachgefragt als üblich. „Statt fünf Kisten wird die Bestellung dann kurzfristig auf 15 erhöht“, erklärt der Logistik-Leiter. Beliebt sind zudem Radler, mit oder ohne Alkohol. „Zum Beispiel unser neues Himbeer-Radler mit wenig Alkohol.“ Noch komme man mit den Bestellungen hinterher, das bleibe auch so, so lange die Zulieferer funktionierten. Einige Gastro-Betriebe bestellten jedoch extrem große Mengen, wohl auch aus Angst vor kommenden Lieferengpässen, erklärt Lais. Und zuweilen stößt er auf Ungeduld und Unverständnis bei den Kunden, die extrem kurzfristig bestellten.

Er und seine Kollegen kühlen sich derzeit vor allem mit Mineralwasser und Eistee. „Ein warmer Kaffee muss aber trotzdem sein – auch bei den Temperaturen“, lacht der Logistiker.

Klimaanlage

11 Uhr. Mittlerweile zeigt das Thermometer auf dem Marktplatz 28 Grad an. Der Brunnen vor dem Kino plätschert verführerisch. Immer wieder kühlen Passanten sich die Hände. Überraschend gut gefüllt ist die Fußgängerzone. Am Außenständer einer Boutique hängen noch einige Sommerkleider, die auf Interesse stoßen. „Wir hatten dieses Jahr extrem viele luftige Kleider im Sortiment – und es sind fast alle verkauft“, freut sich die Besitzerin.

Kühle Brise

Ein wohliges „Ah, schön kühl“, entfährt so manchem, der durch die Tür des klimatisierten Kaufhauses in der Stadtmitte tritt. Eine Schweizer Kundin schlingt sich vorsorglich einen leichten Schal um den Hals – zu groß ist wohl das Temperaturgefälle. Die Verkäuferinnen indes können ganz entspannt in langer Hose und Bluse ihre zumeist leicht bekleideten Kunden bedienen. Viele Kaufwillige und Schnäppchenjäger tummeln sich in der Schmuck- oder Kleiderabteilung. Wer das Kaufhaus verlässt, bekommt erst mal einen Hitzeschock.

Bei Expert Villringer am Meeraner Markt stehen erwartungsgemäß nur noch wenige Ventilatoren zum Kauf bereit. „Es sind noch Restbestände da, allerdings eher hochwertige Produkte“, erklärt Wolfgang Huber aus der entsprechenden Abteilung. Nachbestellungen seien allerdings kaum mehr möglich. Als Alternative gibt es noch einzelne mobile Klimageräte zu kaufen. „Allerdings sind die nicht überall einsetzbar, da sie einen entsprechenden Außen-Anschluss brauchen. Und sie sind Stromfresser.“ In diesem heißen Sommer wurden extrem viele Ventilatoren verkauft. „Zum Glück hatten wir im Vorfeld großzügig disponiert“, erklärt Huber. Die Kunden kämen im übrigen natürlich auch immer erst dann, wenn es richtig heiß ist.

Draußen ist es das jetzt auch – richtig heiß. Und so sind die kühlen Wasser-Fontänen am Hebelpark heiß begehrt. Kleine Windelträger quietschen vergnügt, Eltern schauen neidisch ihren pitschnassen Sprösslingen zu, die sich begeistert komplett abduschen können, und kühlen zumindest ihre Füße.

Arschbombe

Kühles Nass gibt es natürlich auch im Lörracher Freibad. 17 Uhr. Der Parkplatz ist gerammelt voll, fast die Hälfte der Fahrzeuge kommt aus dem benachbarten Elsass. Leider eine lange Warteschlange an der Kasse. Drinnen Handtuch dicht an dicht unter Bäumen und Schirmen. Vor lauter Köpfen sieht man kaum das Wasser im Strömungskanal. Selbst im Schwimmerbecken, wo man noch einigermaßen ungestört seine Bahnen ziehen kann, ist der Beckenrand von Abkühlung suchenden Nicht-Schwimmern so dicht besetzt, dass man kaum Platz für seine Wende hat.

Trotz der Hitze sind Pommes und Gummischlange am Kiosk heiß begehrt, das souveräne Team schafft es bewundernswert, die Hungrigen zügig zufrieden zu stellen.

Auffällig viele Burkini-Trägerinnen, meist in Schwarz, tummeln sich mit ihren Kindern in und um die Becken. An der Rutsche herrscht Hochkonjunktur. Wer aus dem Wasser geht, will schnell wieder rein. In Minutenschnelle fühlt man sich wie ausgetrocknet. Nicht nur Kinder zieht es zu den drei Sprungtürmen. Atemberaubend, wie sich ein etwa Zehnjähriger mit Rückwärtssalto vom Fünfmeter-Brett wirft. Papa und Sohn machen nacheinander die Kerze.

Hysterisches Gekreische, als ein Teenager sich nach oben wagt und lange – sehr lange – braucht, bis er sich nach unten traut, lautes Gejohle. Arschbomben knallen ins Becken, so dass die Zuschauer am Rand bequem eine willkommene Wasserdusche abkriegen. Nerven wie Draht müssen die Schwimmmeister haben. Bei dem Gewusel, dem Lärmpegel und den Temperaturen?

17 Uhr, die 30-Grad-Marke ist schon lange deutlich geknackt. Eigentlich möchte man sich jetzt nur noch in den Keller verkriechen. Und sich darauf freuen, dass das tiefe Rot auf der Wetterkarte endlich verschwindet.

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