Lörrach „Mehr kann man hier nicht werden“

Bernhard Konrad

Interview: Protektor Matthias Zeller über die Lörracher Fasnacht und das Engagement von Gilde und Zunft

Matthias Zeller, Leiter der SWR-Regionalbüros in Lörrach und Waldshut-Tiengen, ist Protektor der hiesigen Fasnacht. In der Hochzeit der tollen Tage ist er fast ununterbrochen für Gilde und Zunft im Einsatz und hat deshalb Block, Stift und Mikrofon gänzlich aus der Hand gelegt und mit den Insignien des Protektors getauscht. Im Interview mit Bernhard Konrad sprach er über sein Amt und die Fasnacht in der Lerchenstadt.

Herr Zeller, Sie haben als Journalist schon oft über die Fasnacht berichtet. Wie ist es, die tollen Tage nun aus der Innensicht zu erleben?

Das Erlebnis ist viel intensiver. Bislang bin ich als Beobachter am Umzugsrand oder als Gast bei Schnitzelbänken dabei gewesen. Als Protektor kann ich beim Zunftabend auch mal hinter die Kulissen schauen, Atmosphäre und Konzentration vor dem Auftritt spüren. Durch meinen Besuch bei der Zunft-Klausur auf dem Hochblauen oder bei einer Vorstandssitzung der Narrengilde habe ich einen Einblick bekommen, wie unglaublich viel Arbeit hinter einer fröhlichen Fasnacht steckt, die alle mitnimmt und niemanden ausgrenzt. Gilde und Zunft gestalten diese mit viel Liebe zu den Menschen in Lörrach und der Region, aber das alles ist mit großen organisatorischen und logistischen Herausforderungen und zudem mit Sicherheitsfragen verbunden. Ich habe auch deshalb großen Respekt davor, weil gerade diejenigen, die das auf die Beine stellen, die Fasnacht nur in Teilen selbst genießen können.

Die Bevölkerung sieht die Ergebnisse des fasnächtlichen Engagements. Tatsächlich arbeiten Gilde und Zunft über viele Monate hinweg an der Umsetzung ihrer Ideen und Aufgaben. Wie viel Arbeit steckt im Detail?

Ein richtiger Fasnächtler mit Verantwortung wird sich wahrscheinlich über das ganze Jahr hinweg damit beschäftigen. Hier werden unzählige Stunden ehrenamtlicher Arbeit investiert. Natürlich hilft eine gute Struktur und eine Mannschaft, die sich gut versteht – nur so können Gilde und Zunft diesen Kraftakt stemmen. An den Ergebnissen ist zu sehen, dass diese Aufgabe in Lörrach hervorragend bewältigt wird.

Kürzlich hatte die Narrengilde um einen jährlichen kommunalen Zuschuss in Höhe von 20 000 Euro gebeten. Zunächst wollte die Mehrheit der Stadträte 6000 genehmigen, am Ende wurden es 9000 Euro. Die Gilde sah insbesondere im ersten Angebot eine Missachtung ihrer ehrenamtlichen Arbeit. Wie sehen Sie das als Protektor?

Ich habe die Debatte intensiv verfolgt – zum einen beruflich mit der entsprechenden Distanz, aber natürlich auch als Protektor. Ich werde mich jetzt weder für die eine, noch für die andere Position aussprechen, weil ich gegebenenfalls nach der Fasnacht journalistisch über den Fortgang der Debatte berichten werde. Ich denke aber, Gilde und Politik werden das schon hinbekommen.

Was ich generell nochmals betonen kann: Die Fasnacht bewältigt in Lörrach eine riesengroße Aufgabe, die von ehrenamtlichem Engagement getragen wird.

Als Journalist ist die Wahrung von Distanz geboten, als Protektor ist man mittendrin: Das Amt spielt eine wichtige Rolle in der Fasnacht, und in dieser Funktion haben Sie auf ganz andere Weise Kontakte zur Politik als sonst üblich. Wie ist dieses Ehrenamt mit Ihrem Beruf vereinbar?

Ich denke, es ist gut zu vereinbaren, wenn einige Voraussetzungen berücksichtigt werden. Für mich war klar, dass ich in diesem Jahr die Planungen des SWR-Regionalbüros zum Thema Fasnacht in die Hände meiner Kolleginnen Laura Könsler und Katja Schiementz lege.

Natürlich falle ich auch als Berichterstatter über die Lörracher Fasnacht aus.

Mir ist bei den Kontakten zur Politik klar, dass ich in Kürze wieder in meine eigentliche Rolle des Berichterstatters wechseln werde, und entsprechend verhalte ich mich – wie etwa auch in der Zuschussfrage. Diese Distanz ist für mich etwas ganz Entscheidendes.

Entspricht das Amt selbst mit seinen Aufgaben und Pflichten Ihren Erwartungen?

Absolut. Ich bin zwar nicht der Fasnächtler par excellence, habe aber ein bisschen Vorerfahrung. Als ich gefragt wurde, ob ich das Protektorat übernehmen würde, war meine Hauptmotivation, dass ich auf diese Weise etwas für die Fasnacht tun kann. Ich habe Sympathien für die Fasnacht und kann die Leistung von Gilde und Zunft in dieser Funktion unterstützen. Das Protektorenamt erfüllt meine Erwartungen komplett. Im Grunde habe ich damit ja mein Karriereende erreicht, denn mehr kann man in Lörrach eigentlich nicht werden...!

Übrigens wäre das alles nicht ohne das Verständnis und die Unterstützung meiner Frau Mariya möglich gewesen. Sie kümmert sich derzeit oft allein um unsere zweijährige Tochter, weil ich häufig erst nach Hause komme, wenn alle bereits schlafen.

Wo liegen Ihre fasnächtlichen Wurzeln?

Aktive Erfahrung als Fasnächtler habe ich vor allem in Haltingen und Weil am Rhein gesammelt. So habe ich etwa mit Marcel Wehrle zusammen die „Haltinger Narrenacht“ gegründet, eine Art Dorf-Zunftabend, der über einige Jahre hinweg mit großem Erfolg veranstaltet wurde. Einmal habe ich bei einer Schnitzelbank mitgemacht und schnell bemerkt, wie anspruchsvoll das Reimen für die Bank ist. Straßenfasnächtliche Erfahrung habe ich als zweimaliger Umzugsteilnehmer mit einer freien Gruppe in Zell im Wiesental, also – nomen est omen: bei der Zeller Fasnacht.

Und worauf freuen Sie sich während der Fasnacht am meisten?

Bei der Lörracher Fasnacht freue ich mich auf die Guggeexplosion ebenso wie auf den Umzug.

Ich bin aber auch großer Fan der Zunftabende, weil mir die Idee so gut gefällt: Denjenigen, die wichtig sind, oder sich für wichtig halten, auf intelligente Weise den Narrenspiegel vorzuhalten. Über den Lörracher Zunftabend in diesem Jahr kann ich nur sagen: Chapeau.

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