^ Lörrach: Mehr Tempo beim Klimaschutz - Lörrach - Verlagshaus Jaumann

Lörrach Mehr Tempo beim Klimaschutz

Die Oberbadische

Interview: Hartmut Schäfer über Möglichkeiten der Bürger, ihren ökologischen Fußabdruck zu verbessern

Der Umweltkalender der Bürgerplattform „Fairnetzt“ stellt unter dem Motto „Move The Date – Verschiebe das Datum“ den ökologischen Fußabdruck von Menschen aus der Region vor und liefert Anregungen zur Verringerung desselben. Über die Notwendigkeit von Veränderung beim Klimaschutz und Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger sprach Bernhard Konrad mit Hartmut Schäfer, Mitinitiator des Projekts.

Frage: Herr Schäfer, ist die Reduktion des ökologischen Fußabdrucks für Bürger zu mühsam?

Wenn alle Menschen so leben würden wie wir Deutschen, bräuchten wir die Ressourcen von mehr als drei Erden. Oder anders herum: Dann hätten wir bereits am 5. Mai die Ressourcen, die uns die Erde für das Jahr bereitstellt, verbraucht. Deshalb einen Kalender, der im Mai startet und dieses Datum nach hinten schieben will – ein Ausdruck einer notwendigen neuen Zeitrechnung. Und das ist gar nicht so mühsam, wie viele befürchten

. Die Leute in unserem Kalender wirken ja weder krank noch unglücklich. Die 22 abgebildeten Personen sind keineswegs Exoten, aber sie haben im Durchschnitt einen Fußabdruck von 1,6 Erden. Also nur rund halb so viel wie der Durchschnitt. Das bedeutet aber auch: Es gibt in Deutschland viele Bürger, die mehr verbrauchen. Hier gibt es natürlich große Einsparpotenziale – die eine Änderung im Lebensstil bedeuten, aber möglich sind.

Frage: Was können Bürger im Alltag für Klimaschutz tun, ohne sich zu verbiegen?

Mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit eines signifikanten Wandels wollen wir niemandem Angst machen. Es gibt viele Beispiele, die belegen, dass dieser Wandel möglich ist.

Ein Element mit großem Effekt ist die Änderung und Reduktion des Fleischkonsums. Der Konsum von artgerecht gehaltenen Rindern aus der Region ist dabei anders zu bewerten als etwa der Verzehr von Rindfleisch aus Übersee oder aus Fleischfabriken. Wenn weniger Fleisch konsumiert wird und dieses aus der Region stammt, nutzt das in der Summe viel.

Frage: Was würde anhaltender Klimawandel bei uns in den kommenden 30 Jahren konkret bedeuten?

Wenn sich nichts ändert, ist damit zu rechnen, dass wir Kipppunkte überschreiten werden – und das sollten wir verhindern. Konkret bedeutet dies etwa eine weitere Temperaturerhöhung, das Abschmelzen von Eisflächen, der Golfstrom würde instabiler und in der Tundra würden weite Gebiete auftauen.

Diese Prozesse würden einen Domino-Effekt nach sich ziehen. Wenn das eintritt, können wir die Entwicklung nicht mehr einfach mit einer CO 2-Reduktion verhindern. Dann wäre mit größeren Verwerfungen zu rechnen. Aber auch wenn wir die Kipppunkte vermeiden, wird das Klima über Jahre noch beeinträchtigt, da ja immer weiter CO 2 produziert wird.

Covid-19 hat uns nur eine temporäre „Delle“ von sieben Prozent gebracht – nach Covid-19 wird sich zeigen, ob die Menschen willens sind, der Klimakrise mindestens die gleiche Beachtung zu schenken.

Frage: Was gibt Ihnen die Hoffnung, dass wir diese Entwicklung verhindern können?

In erster Linie die jüngere Generation. Viele haben einen umweltbewussten Lebensstil entwickelt – das ist heute richtiggehend chic. Es gibt aber auch ältere Menschen, die die Relevanz des Themas erkennen und beginnen, selbst einen Beitrag zu leisten.

Frage: Wie sehen Sie das Bürgerengagement der Stadt in dieser Hinsicht? Unter dem Dach von „Fairnetzt“ haben sich in den vergangenen Jahren etliche Initiativen gebildet.

Wir merken, dass „Fairnetzt“ immer stärker aus der Nische in Richtung Mitte der Gesellschaft rückt. Die Bewegung wächst, ist aber gleichwohl noch klein. Klimaschutz muss die breite Masse erreichen. Es reicht nicht, ausschließlich den Absichtserklärungen von Politik und Wirtschaft zu vertrauen.

Auch wir Bürger müssen der Bedeutung dieses Themas Nachdruck verleihen. Die Richtung mag stimmen, aber das Tempo reicht bei weitem nicht aus. Wir sollten nicht immer auf das Jahr 2050 schauen, sondern ambitioniertere Zwischenziele formulieren – etwa eine 30-prozentige Reduktion des persönlichen CO 2-Fußabdrucks bis 2025. Mobilität, Konsum, Urlaubsverhalten, Wohnen – es gibt überall noch Luft nach oben. Aber das Gute ist: Es gibt auch Lösungen.

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