Lörrach Mit allen Wassern gespielt

Veronika Zettler
Koki Nakano mit Tänzerin Tess Voelker Foto: zVg/Marc Eglès

„Oceanic Feeling“ heißt das jüngste Album des japanischen Pianisten und Komponisten Koki Nakano. Am Donnerstag spielte er Passagen des zwölfteiligen Klavierwerks im Lörracher Burghof.

Das „ozeanische Gefühl“ hat der französische Schriftsteller Romain Rolland 1927 in einem Brief an Sigmund Freud beschrieben und damit ein Aufgehen im Unendlichen, eine Verbundenheit mit dem Ganzen gemeint. Was selbst Rolland nur schwer in Worte fassen konnte, ist musikalisch vielleicht leichter auszudrücken - zumindest wagt sich der japanische Pianist Koki Nakano in seinem 2022 erschienenen Album „Oceanic Feeling“ an eine Erkundung und Interpretation des Themas mittels Klaviermusik und Elektronik.

Die nur rund 60 Zuhörer, die am Donnerstagabend die vorderen Reihen im Burghof-Saal besetzten, gingen mit dem 35-jährigen Künstler auf eine einstündige musikalische Wasserexpedition, die in ihrer aufwühlenden Bildhaftigkeit sowohl an Dvoráks „Neue Welt“ wie auch an die französischen Impressionisten erinnerte.

Technisch ist Koki Nakano mit allen Wassern gewaschen. So eindringlich wie die Klaviertasten bedient der Pianist, der überwiegend im Stehen spielt, das Innere des Flügels. Korpus, Rahmen und Resonanzboden dienen als perkussive Spielfläche und beherbergen gleichzeitig Teile des elektronischen Instrumentariums wie Drumcomputer und Synthesizer. So verwebt Nakano analoge und synthetische Klänge zu vielschichtigen Loops und bettet sich dramatisch steigern-de meditative Muster in den Puls von Wassertropfen, Flussläufen und Meeresrauschen.

Mitunter ist von dem Pianisten auf der dunkel gehaltenen Bühne kaum mehr als die Silhouette erkennbar. So wird Nakano, der mit beschwingten Griffen den gesamten Flügel als musikalischen Werkzeugkasten benutzt, zu einer Art Ausdruckstänzer am Instrument. Später erhält dieses Bild mit Tess Voelker einen prägnanten Gegenpol. Die amerikanische Tänzerin und Choreografin performt auch im Video zum Stück „Glances“ und bringt in ihrer Live-Darbietung mit abwechselnd fließenden und roboterhaft stockenden Bewegungen das immer wieder misslingende Streben nach Harmonie zum Ausdruck.

Im Mittelteil bedankt sich Nakano beim Publikum für seine Aufmerksamkeit, lobt Lörrach als „Lovely City“ und gibt auch Infos zum ein oder anderen Stück. „Birth Canal“ zum Beispiel erzähle vom plötzlichen Erleben der uneingeschränkten Bewegungsfreiheit eines neugeborenen Babys.

Die Kompositionen seien wesentlich vom Tanz inspiriert, so Nakano. Mit Bewegung und Klang als unterschiedlichen Ausdrucksformen ein und desselben Phänomens beschäftige er sich bereits seit einigen Jahren.

Am Ende eines spannenden Konzerts erklatscht sich das Publikum eine Zugabe.

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