Lörrach Mit dem Teufel im Bunde

Kathryn Babeck
Dicht gedrängt ist die Szene im Vatikan: „Doktor Faustus“ hat an der Kurie Angst und Schrecken verbreitet. Foto: Kathryn Babeck

Zwölf junge Schauspieler vom Theater Tempus fugit inszenieren im Kesselhaus „Doktor Faustus“ des englischen Dichters Christopher Marlowe (1564-1593). Mit Slapstick und Humor transportieren sie die tragische Historie ins Hier und Jetzt.

Das Stück wurde im Kesselhaus in Weil am Rhein bereits aufgeführt und kommt am 2. und 3. Februar auch auf die Bühne des Theaterhauses von Tempus fugit, Adlergässchen 13. Unsere Zeitung hat sich die Premiere in Weil am Rhein angesehen.

Die Geschichte beginnt am 18. November 1523 in Wittenberg. Der junge „Doktor Faustus“ sitzt in seinem Gelehrtenzimmer und bilanziert seine wissenschaftliche Karriere. Die Medizin, die Theologie oder die Jurisprudenz scheinen ihm sinnentleert, deshalb widmet er sich der Schwarzen Magie, dem Bösen. Ben Luca Dittmeier als „Doktor Faustus“ verkörpert die innere Zerrissenheit des jungen Wissenschaftlers, der nicht so recht weiß, ob er auf den guten Engel (Mio Trillitzsch) oder den bösen Engel, gespielt von Malte Schuster, hören soll.

Dem Bösen spotten

Plötzlich erscheint ein „bunter Vogel“, ein Clown. „Blödsein ist mein Job“, sagt er von sich. Simone Perandones nimmt mit Sprachwitz und Doppelbödigkeit ihre Arbeit als „selbstständiger“ Clown auf die Schippe. „Warum kann ich nicht mein eigener Partner sein?“ sagt er. Die Latzhose mit Flicken und die Weste im gestricktem Patchwork sind eine schöne Idee für ein Clownskostüm. Die Akrobatik Perandones ist von beeindruckender Selbstverständlichkeit.

Luzifer, Abgesandter von Mephistopheles, spielt Nieves Cheyenne Ruf. Grüne, lange Haare, eine rote, verschlissene Hose, ein rotes T-Shirt und eine schwarze Jacke versinnbildlichen den Lichtträger. Mit ihm geht „Doktor Faustus“ einen Pakt ein. Er verschreibt sich dem Teufel, das heißt zugleich, vierundzwanzig Jahre lang grenzenlose Wollust zu erleben. Erneut mischt sich der Clown ein. Er nimmt ein Buch, hält es verkehrt in der Hand, rappt und bekennt, dass er nicht lesen kann. Mit der Hand versucht er die Schriftzeichen nachzuzeichnen und malt ein Dreieck in die Luft, das Symbol des Teufels.

Der Clown kann nicht lesen, dafür spielt er gerne mit dem Teufel Foto: Kathryn Babeck

Die Laster der Menschheit

Der Gelehrte wird durch den Pakt mit dem Auftritt der sieben Todsünden belohnt. Die Hochmut (Phillipp Kröning) erfährt man, interessiert sich für Inhaber öffentlicher Ämter. Die Habgier, gespielt von Zenith Trott, würde am liebsten alles in Geld verwandeln. Der Neid, verkörpert von Louisa Franzl, kann nicht lesen, das Denken solle abgeschafft werden, fordert er. Der Zorn, gespielt von Mio Trillitzsch, macht sich in eindrücklichen Wutausbrüchen Luft. Die Völlerei (Malte Schuster), die Trägheit (Ina Petroll), „absolute Gedankenleere“ und die Wollust (Sonja Monk), die „lieber bei als über etwas schläft“, halten auch dem Publikum den Spiegel vor.

Besuch im Sündenpfuhl

Mit goldener Kutsche und tausend Flügelpferden fährt Faustus zum Vatikan nach Rom. Der Besuch beim Papst, beim König und bei den Kardinälen ist ein Höhepunkt der Inszenierung. Die Kardinäle tragen braune Kapuzenpullis. Sie sind damit modern und zugleich ist es eine Anspielung an Mönchskutten. Sonja Monk, die die Wollust in der vorherigen Szene war, spielt nun, welch Ironie, den Papst, auch der König wird von einer Frau verkörpert.

Choralgesang, Situationskomik. Slapstick und schnelles Spiel zeichnen diese dichte Szene aus, in der der Gegenpapst zum Tode verurteilt wird und Hoffnungslosigkeit herrscht. Beim Abendessen mit Kapaun, das sind kastrierte und gemästete Hähne, und Wein, spielt Faust den bösen Geist. Er bedient sich beim Essen und Trinken, sodass sich bei der Tischgesellschaft die Angst breit macht. Requisiten aus Pappe wie die Weinflasche, die Gläser und die Kapaune, sind ein starker Kontrast zur eigentlichen Völlerei des Königs und der Geistlichkeit.

Fulminante Schlussszene

Als geschätzter Magier soll Faustus in einer weiteren Szene einem Zirkus-Kunstreiter ein neues Pferd organisieren. Das Tier entpuppt sich im Laufe des Stücks als Täuschung. In einem Wirtshaus zahlt Faust die Zeche für alle scheinbar mit Gold. Schlussendlich steht dann seine eigene Hinrichtung bevor. Eine Stunde bleibt ihm noch. Faust hat Angst vor dem Sterben.

Die Zeit verrinnt und er hadert damit, dass er sich der Finsternis verkauft hat. Auf Dittmaier ist in dieser Schlussszene ein einziger Lichtkegel gerichtet. Er ist alleine auf der Bühne. Die graue Schminke ist etwas verlaufen, blättert ab. Das verstärkt den Eindruck, dass Faust gealtert ist. Das Hadern mit dem eigenen Schicksal und die Todesangst nimmt man „Doktor Faustus“, also Dittmaier, auf erschreckende Weise ab.

„Doktor Faustus“ wird am Freitag und Samstag, 2. und 3. Februar, jeweils um 19.30 Uhr (am Freitag auch um 10 Uhr) im Theaterhaus von Tempus fugit, Adlergässchen 13, gezeigt. Am 28. und 29. Februar finden Aufführungen im Bürgerhaus in Rheinfelden statt. Infos und Karten gibt es im Internet unter www.fugit.de.

Weitere Aufführungstermine:

Info:
ww.fugit.de

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