„Pasion de Buena Vista“ bringt im Burghof kubanisches Lebensgefühl in den Lörracher Winter.
Lörrach - Da verlässt ein Drittel der Besucher spontan seine Plätze, steht plötzlich auf der Bühne und wippt mit den Hüften. Das passiert, wenn im Burghof bei „Pasion de Buena Vista“ der Funke zündet.
Da werden vom Winter verfrorene oder durch Bequemlichkeit erschlaffte Körper schnell bereit, sich loderndem Feuer auszusetzen und sich einzulassen auf kubanisches Lebensgefühl. Da ist ein Konzert mehr als reiner Kulturkonsum. Da zeigt sich, dass Lebensfreude kostbar und im Tanz miteinander jederzeit möglich ist.
„Pasion de Buena Vista“ spielt zunächst bühnenbildtechnisch mit Klischees. Eine etwas heruntergekommene Häuserfassade und ein blauer Autoschlitten posieren vor angedeuteter tropischer Kulisse – gleich einem Prospekt, der zur Reiselust entfachen soll. Was davor passiert, ist jedoch deutlich authentischer und wirklich exotisch: Da fegt eine Truppe nach der anderen über die Bühne, ist fürs Auge immer Farbe satt geboten.
Ohr und Körper werden durchgängig mit treibenden Rhythmen versorgt, die lebendig und flirrend mit Gitarre oder Schlagwerk daherkommen und die es einem schwermachen, stillzusitzen. Großzügig und üppig werden Rumba Chachacha, Mambo und Salsa als Zeugnisse einer Kultur, die Lebensenergie zum Bersten bringt, ausgestaltet. Mit Bläsern, die mit spitzem, hellen Klang kantigen Schliff geben. Mit Background-Gesang und Beiträgen, die jedem Gefühl, das Menschen kennen, Ausdruck verleihen.
Immer mit jeder Menge Tänzer und Tänzerinnen umschmeichelt, bieten sie helle und bunte Unterhaltung. Sekundenschnell wechseln 150 prachtvolle Kostüme. Energie fließt, kommt auf dei Gäste zu und verbreitet auf kesse Art und Weise gute Stimmung.
In aller Extrovertiertheit und direkter Gespanntheit ist das Erleben von Melancholie und süßer Trauer ebenso großartig. Sie wirkt zwischen temporeichem und visuell Überbordendem wie die kleine Insel, die erlaubt, nach innen zu gehen.
Da ist „Besame mucho“ mit Alfredo Montero Mojena oder andere ruhige Songs von Jose Guillermo Puebla Brizuda zauberhaft. Felicita Ethel Frias-Pernia führt mit wunderbarer und kräftiger Stimme durch das wirblige Geschehen und liefert in Tanzperformances erotisch knisternde Einlagen. „Quizas, Quizas“ ist wiederum ein Beitrag, der sofort gute Laune in die Gliedmaßen fahren lässt.
Ein leuchtendes Porträt eines Landes, das soviel zu geben hat. Und das, wo Kuba eine geschundene Vergangenheit hat und nicht über den Reichtum verfügt, den andere haben. Lebensfreude und Lebenslust, so lernen wir, sind nicht unbedingt Beigaben des Kapitalismus. Dieser Abend sagt uns, dass Musik und Tanz und Darstellungen von großer Farbigkeit allem Widerwärtigen trotzen können.
