Weil traf damit durchaus ins Schwarze. Somit war es eher das Gefühl, eine Chance zu haben, wieder das Stadtoberhaupt zu stellen. Zum anderen kam dieser Wunsch auch von den jungen Sozialdemokraten der Brandt-Generation, die sich vom konservativen Umfeld Hugenschmidts und dessen Unterstützern bei CDU und Freien Wählern absetzen wollten. Der Wahlkampf wurde vor allem von den Wählerinitiativen mit harten Bandagen und unschönen verbalen Angriffen geführt.
Der Wahlausgang
Nur Amtsinhaber Egon Hugenschmidt und Herausforderer Dr. Josef Brandel waren zur Wahl angetreten, die Zahl der ungültigen Stimmen war vernachlässigbar. Immerhin 68,9 Prozent der Berechtigten gingen am 12. November 1975 zur Wahl. Die Entscheidung fiel im ersten Wahlgang mit 51,6 Prozent für Hugenschmidt gegen 48,3 für Brandel denkbar knapp aus. 657 Stimmen hatten Brandel gefehlt. Dabei war folgende Tendenz festzustellen: Hugenschmidt gewann in der Kernstadt Lörrach mit 54,9 Prozent, Brandel in den drei Ortsteilen mit 61,6 Prozent. In Haagen und Hauingen unterlag Hugenschmidt Brandel nur knapp. In Brombach landete Brandel dagegen mit 67,4 Prozent einen deutlichen Sieg. In der Kernstadt konnte Hugenschmidt 20 von 29 Wahlbezirken für sich entscheiden. Brandel gewann vor allem in den damaligen SPD-Hochburgen Neumatt, Nordstadt und Salzert. Insgesamt hatte Brandel deutlich mehr Stimmen für die SPD geholt, als diese bei den Gemeinderats- und Ortschaftsratswahlen im April erreicht hatte.
Der SPD-Kandidat, der sicher eine ausgezeichnete Alternative darstellte, profitierte aber vor allem in Brombach von einer Anti-Hugenschmidt-Stimmung, die mit der Eingemeindung zu tun hatte. Hugenschmidt schien an der Gegenkandidatur schwer zu tragen, so dass er noch in der Lörracher Stadtgeschichte von 1982 nur vom „Kandidat der SPD“ spricht, ohne ihn beim Namen zu nennen. Nachdenken musste die SPD aber über das Verhalten einiger ihrer Mitglieder. Ortsvereinsvorsitzender Horst Stech nannte die Unterstützung für Hugenschmidt einen „ungeheuerlichen Vorgang“. Nach seiner Ansicht wäre die Wahl sonst zu gewinnen gewesen. So war der Eindruck entstanden, dass die SPD ihren Kandidaten nicht geschlossen unterstütze. Nun sollten Schiedsgerichtsverfahren gegen die Hugenschmidt-Unterstützer eingeleitet werden. Einige kamen dem durch Austritte zuvor, ein tiefer Riss ging durch die Partei.
Hugenschmidt hat in seiner Amtszeit viel dazu getan, das Verhältnis zu den Ortsteilen zu verbessern. Geholfen hat ihm, dass mit Adolf Heizmann (SPD), Hermann Harrer (CDU) und Werner Lacher (Freie Wähler), alle später Fraktionsvorsitzende, das alte Lagerdenken zugunsten einer lösungsorientierten Zusammenarbeit aufgaben. Allerdings hatten Rathausneubau, Folgen der Eingemeindungsverträge und die Landesgartenschau 1983 den Haushalt erheblich belastet. Hugenschmidt kandierte 1983 nach 23 Jahren als OB nicht mehr. Der Erfolg der Landesgartenschau zum Abschluss dürfte ihn über die harten Kämpfe während der Eingemeindungszeit getröstet haben. Die Stadt dankte ihm mit der Ehrenbürgerwürde, die ihm auch die Stadt Sens verlieh. Sein eher poppiges Porträt ließ er sich von dem zeitweise in Schallstadt bei Freiburg lebenden Künstler Werner Berges anfertigen. Hugenschmidt ist 2010 gestorben. Jetzt, 2022, hat die Stadt den Platz vor dem Rathaus in „Egon-Hugenschmidt-Platz“ umbenannt.