^ Lörrach: Mit Herz, Hand und Verstand - Lörrach - Verlagshaus Jaumann

Lörrach Mit Herz, Hand und Verstand

Bernhard Konrad

Interview: Herbert Sitterle und Jürgen Wiesenhütter über Anfänge und Entwicklung des SAK, der am Samstag seinen 50. Geburtstag gefeiert.

Lörrach - Sie haben den SAK in den ersten 40 Jahren seines Bestehens geprägt: Herbert Sitterle und Jürgen Wiesenhütter. Aus einer kleinen Keimzelle heraus erwuchs mit den Jahren eine Einrichtung, die aus Stadt und Region nicht mehr wegzudenken ist. Im Gespräch mit Bernhard Konrad erinnern die beiden ehemaligen Geschäftsführer an die bewegten Anfänge und die bemerkenswerte Entwicklung des SAK, der immer auch ein Spiegel der Gesellschaft war und ist.

Herr Sitterle, Herr Wiesenhütter, der SAK wird 50 Jahre alt. Was waren seinerzeit die Gründungsimpulse?

SITTERLE: Der Impuls ging von Professor Dieter Walther und der  evangelischen Studentengemeinde  an der damaligen Pädagogischen Hochschule in Lörrach  aus.

Vom Wohnheim in der Hartmattenstraße liefen die Studenten damals auf ihrem Weg an die Hochschule am so genannten „Schuldenhof“ – sozialem Wohnungsbau – vorbei. Angesichts dieser Verhältnisse haben die Studierenden gesagt: „Hier muss etwas passieren.

Begonnen hat es mit Hausaufgabenhilfe und Spielenachmittagen. In den heutigen Räumen des Free Cinema haben wir eine Bleibe gefunden: Das war unser erstes Domizil.

 

Die Angebote wurden schon bald erweitert. Wie wurden sie finanziert?

SITTERLE: Die Finanzierungsfrage stellte sich tatsächlich früh, denn die Kinder sollten  neben diesen Angeboten beispielsweise auch etwas zu essen bekommen. Walther war Mitglied des Lörracher Rotary-Clubs und konnte die Mitglieder davon überzeugen, dieses Projekt zu unterstützen. Zehn Jahre lang wurde der SAK quasi ausschließlich durch Spenden der Rotarier finanziert, erst dann hat die Stadt begonnen, Mittel beizusteuern.

 

Wann kam das Engagement der Kirche dazu?

SITTERLE: 1971 bin ich gemeinsam mit zwei weiteren Diakonen nach Lörrach gekommen. Wir sollten im Auftrag des Kirchenbezirks zunächst feststellen, wo diakonisch-soziale Aktivitäten stattfinden. Daraufhin sind wir auf den Sozialen Arbeitskreis aufmerksam geworden. Zunächst wurden wir von der dort engagierten linken Studentenbewegung skeptisch beäugt, aber  bei einem gemeinsamen Zeltlager haben wir festgestellt, dass wir gut miteinander können: Das war der Einstieg für uns Diakone in den SAK.

 

WIESENHÜTTER: Der SAK hatte sich von Beginn an nicht die abstrakte Gesellschaftsveränderung auf die Fahnen geschrieben, sondern das konkrete Anpacken der Dinge aus dem unmittelbaren Erfahrungsbereich. Viele andere kopflastige Gruppen sind wieder verschwunden, der SAK ist geblieben.

 

Die Entwicklung der Räumlichkeiten spiegelte in den kommenden Jahren auch die  Entwicklung  des SAK wider.

SITTERLE: So ist es: Der Kirchengemeinderat der Matthäusgemeinde hat nach meiner Anfrage zugestimmt, dass der SAK Räumlichkeiten in der Alten Feuerwache nutzen kann.  Zunächst haben wir nur mit Kindern gearbeitet, später auch mit Jugendlichen. Auf die Freizeiten konnten die Eltern mitreisen.

Wir haben aber schon damals bemerkt, dass wir auch in die Wohngebiete rein müssen. 1977 wurde  der Spielbus ins Leben gerufen – in Zusammenarbeit mit dem Landkreis.

 

WIESENHÜTTER: Der SAK hat die Alte Feuerwache lange unter sehr bescheidenen Bedingungen bespielt – um es mal vorsichtig auszudrücken. Nachdem Rainer Offergeld als Oberbürgermeister  gewählt worden war, und das Gebäude, die sanitären Anlagen und die Haustechnik in Augenschein genommen hatte, sagte er: „So geht das nicht.“  Im Grunde entsprach nichts den Standards. Wir hatten seinerzeit Sorge, dass das gesamte Anwesen abgerissen wird. Aber: Wir konnten unser Domizil letztlich mit der  Zustimmung von  Rainer Offergeld und dem Gemeinderat in Eigenarbeit sanieren. Damals  haben wir  die erste Beschäftigungsinitiative ins Leben gerufen.

 

SITTERLE: 1984 war ein zentrales Datum für den SAK: 84’ wurde Rainer Offergeld Lörracher OB, Jürgen Wiesenhütter, der seit 1972 mit einem Drittel Auftrag im SAK gearbeitet hatte, zog nun von Wyhlen nach Lörrach. Wir haben die erste Beschäftigungsinitiative gegründet. Für diese war ich zuständig und Jürgen für den SAK.

 

WIESENHÜTTER: Und: 1984 war auch insofern ein wichtiges Jahr, weil der Rotary-Club seine Förderung einstellen wollte. Der SAK hieß „SAK an der PH“ – und die wurde damals geschlossen. Ich konnte den Rotary-Club überzeugen, dass er weiterhin Mittel zur Verfügung stellt, da auch nach der Schließung der PH die Aufgaben in Lörrach nicht kleiner wurden. Und mit den Mitteln der Stadt, den neu gestalteten Räumen und der Beschäftigungsinitiative hatten wir neue Perspektiven.

Herbert hat seinerzeit in den Bauplänen im Schweizer Staatsarchiv von 1543 herausgefunden, dass die Alte Feuerwache die ehemalige Zehnttrotte war – damit stand das Haus unter Denkmalschutz. Von den Möglichkeiten der Gestaltung schränkte uns das zwar ein, aber damit war das Gebäude gesichert. Und nach der Umgestaltung konnten wir dort sowohl Kinder- als auch Jugendarbeit machen.

Rainer Offergeld hat mit der Zeit die Zusammenarbeit  intensiviert und uns gefragt, ob wir auch auf dem Salzert Kinder- und Jugendarbeit machen wollen. Der Stadteil hatte damals große Probleme, teilweise konnten Wohnungen  nicht mehr vermietet werden. Das war der Impuls für die Quartiersarbeit des Salzert-Treffs, der sich nicht nur an Kinder und Jugendliche richtete, sondern an Familien. In diese Phase fällt auch die Einstellung von hauptamtlichem Personal.

 

SITTERLE: Nach  zweijähriger Umbauzeit wurde offiziell das „Jugendzentrum der Stadt Lörrach am Burghof“ eröffnet. Die Verwaltung hat damals einen Mitarbeiter für den SAK finanziert. Im gleichen Jahr haben wir einen Verein gegründet, der aus der Initiative etwas Geschäftsfähiges gemacht hat. Auf dieser Basis haben wir uns in der Alten Feuerwache weiterentwickelt. Neben dem Sozialen war dabei immer auch das Kulturelle und das Ökologische von Bedeutung.

 

Irgendwann wurde die Alte Feuerwache zu klein. Im Lörracher OB-Wahlkampf Mitte der 90er Jahre war das ein wichtiges Thema.

WIESENHÜTTER: Gudrun Heute-Bluhm und Dieter Salomon haben sich einen Wahlkampf geliefert, bei dem Jugendthemen und die Frage nach einem Jugendzentrum eine große Rolle spielten. Schon damals war das Alte Wasserwerk als potenzielles Domizil im Gespräch. Nach ihrer Wahl kam Heute-Bluhm auf mich zu und fragte, ob wir uns diesen Wechsel vorstellen können. Herbert und ich haben uns nach kurzer Bedenkzeit darauf eingelassen und  das Gebäude mit der Bauhütte – einer Arbeitsloseninitiative – umgebaut und saniert.

 

SITTERLE: Die Finanzierung war vor allem am Anfang eine heiße Kiste. Ein wichtiger Impuls war eine größere finanzielle Zuwendung der Herrhausen-Stiftung, die wir über das Engagement des Rotary-Clubs erhalten haben.

 

WIESENHÜTTER: Die Finanzierung wurde gedrittelt: ein Drittel SAK, ein Drittel Spenden und ein Drittel die Stadt. Bei den Spenden hat uns Gudrun Heute-Bluhm sehr unterstützt, unser eigenes Drittel haben wir letztlich über Arbeitsleistungen eingebracht.

 

Der SAK ist im Alten Wasserwerk weiter gewachsen, hat seine Leistungen und Angebote abermals differenziert, auch das Engagement an und für Schulen wurde ausgebaut. In einem Interview mit unserer Zeitung hat Geschäftsführer Jürgen Rausch kürzlich darauf hingewiesen, dass sich  der SAK allmählich wieder wandeln und weiterentwickeln müsse.

WIESENHÜTTER. Aber natürlich: Das ist einer der Grundmerkmale des SAK. Wir waren nie statisch.

 

Bei aller bleibenden Bedeutung der Kinder- und Jugendarbeit möchte Rausch die Einrichtung öffnen zum Gesamtgesellschaftlichen hin, auch für Senioren. 

WIESENHÜTTER: Dieser Gedanke  der Vernetzung – auch über Generationen hinweg – entspricht dem Geist des SAK. Er hat immer auf neue Herausforderungen reagiert – und das wird auch in Zukunft so bleiben.

 

Wenn Sie an die Anfänge zurückdenken und den SAK heute betrachten: Was empfinden Sie?

WIESENHÜTTER: Zum einen Dankbarkeit für  die vielen engagierten haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter, für die gute Zusammenarbeit mit den verschiedenen Institutionen und Personen, für das Vertrauen, das uns die Oberbürgermeister und Landräte und viele andere entgegengebracht haben. Zum anderen Dankbarkeit für die Freiheit, die die Kirche uns bei unserer Arbeit gewährleistet hat und mit der wir den SAK weiterentwickeln konnten. 

 

SITTERLE: Ich wurde vor nahezu 13 Jahren verabschiedet. Zunächst war ich weiter Vorsitzender des Vereins, und auch heute bin ich dem SAK verbunden, werde auch aus der Perspektive der Bürger immer noch mit ihm in Verbindung gebracht. Eines betone ich immer wieder: Dem SAK  konnte nichts Besseres passieren als Jürgen Rausch als Geschäftsführer.

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