Lörrach Mit Mut zum Experiment

Gabriele Hauger
 Foto: Kristoff Meller

Nellie Nashorn: Geschäftsführer Patrick Dengl über neue Präsentationsformen und Topfpflanzen

Lörrach - Das Corona-Sonder-Sommerprogramm lief gut, sogar sehr gut. Das bilanziert der Geschäftsführer des Nellie Nashorn, Patrick Dengl, auf Anfrage – und blickt dabei gleichzeitig optimistisch auf die kommenden Monate.

Die Veranstaltungen im Sommer mit Musik, Theater und Kleinkunst sowie das Kino, alles open air im Hof, waren weitgehend ausverkauft. „Die Resonanz war gut, die Leute waren einfach hungrig rauszukommen. Und auch die Künstler haben sich total gefreut, wieder auftreten zu können.“

Mit Spannung bleibt nun zu erwarten, wie das kommende Herbstkonzept, das am Freitag startet, vom Publikum angenommen wird. „Wir haben eine Form gefunden und entwickelt, mit der wir zufrieden sind.“ D

engl und sein Team sind bekannt für ihren anpackenden Optimismus und ihre spielerische Kreativität. Und so heißt es nun im Nellie „Same Same but different“, was so viel bedeutet wie „Alles irgendwie anders... aber trotzdem ziemlich gut“. Und mehr als „ziemlich gut“ sind auch die Namen, die das Programm vorweisen kann: darunter Götz Widmann, Frank Sauer, die Blueser Bad Temper und Ignatz Netzer oder Bea von Malchus.

Mischung aus live und Video

Durchdacht und originell ist aber auch die Präsentationsform, die Dengl & Co in stundenlangem Hirnen und „Herumspinnen“ ersonnen haben. Weiter so wie bisher, nur mit weniger Zuschauern -  ist ihre Sache nicht. Dazu seien die Räumlichkeiten zu klein, zu wenig Zuschauer möglich, das Ganze nicht rentabel.

Darum bricht das Nellie nun die übliche Präsentationsform. Zuerst gab es laut Dengl Überlegungen, ganz schräge, experimentelle Kunst zu bieten, die sowieso nur ein Nischenpublikum angezogen hätte. Eine Idee, die indes wieder verworfen wurde. „Wir werden den Ablauf aufbrechen.“ Die Abende werden auf verschiedene Räume aufgeteilt, der Auftritt wird gefilmt und jeweils auch an die anderen Örtlichkeiten übertragen. Heraus kommt eine Mischung aus live und Video, bei der das Publikum ein wenig gefordert ist. „Es wird spannend, die Leute müssen sich aber darauf einlassen, ihre Passivität aufgeben.“

Aufführungen sind kostenfrei

Die Aufführungen sind kostenfrei, was dank entsprechender Landes-Fördergelder möglich ist, die die Künstlergagen vernünftig abdecken. Dennoch wird um Spenden gebeten, je nach Möglichkeit, um damit auch alle anderen involvierten Berufsgruppen wie Techniker und Service abdecken zu können. Wichtig sei ihm, dass jeder – nach vorheriger Anmeldung – kommen könne und niemand aufgrund finanzieller Engpässe, gerade auch durch Corona, auf den Kulturgenuss verzichten müsse.

„Bestimmt wird nicht alles perfekt. Die Besucher sollen sich einfach mal locker machen und auf Neues einlassen“, appelliert Dengl.

Chance, mehr auszuprobieren

Solch kreative Experimentierfreude könne sich natürlich nicht jeder Kulturveranstalter leisten, stellt er klar. „Größere Häuser stehen finanziell unter ganz anderem Druck.“ Hier hätten gerade kleinere Kulturinitiativen die Chance, mehr auszuprobieren. Originelles Beispiel: Um die Ödnis der gebotenen leeren Sitze zu kaschieren, ruft das Karlsruher „Tollhaus“ die Zuschauer im Vorfeld dazu auf, ihre Topfpflanze mitzubringen und als Abstandhalter zu platzieren.

Pflanzen wird es im Nellie keine geben. Und natürlich sei es anstrengend, seit Monaten permanent flexibel, ideenreich und gut aufgestellt zu sein. Dennoch: Durch den coronabedingten Schub an Fördergeldern sei die technische Ausstattung im Kulturbereich vorangekommen, konnte in neue Technik investiert werden. Das kommt dem Nellie zu Gute – auch nach Corona – wenn es irgendwann wieder Normalbetrieb gibt.

Saisonprogramm stark Kabarett-orientiert

Das Saisonprogramm ist insgesamt stark Kabarett-orientiert, was dran liegt, dass viele geplante Musikerauftritte nicht stattfinden können, da diese aus dem Ausland anreisen müssten. Dennoch hofft Dengl auf ausreichend Zuschauerinteresse.

„Kunst ist ja auch ein Katalysator, um gemeinsames Erleben zu genießen, was viele Menschen sehr vermissen. Deshalb suchen wir nach Formaten, um Gemeinschaft herzustellen – trotz Corona, mit den nötigen Sicherheitsvorkehrungen.“ Dabei würde er sich auch über kreative Ideen von außen freuen. Schließlich sind auch Nellie-typische Angebote wie Spiele- oder Tanzabende gecancelt. Anregungen ans Nellie, gemeinschaftliches Erleben mit nötigem Schutz aller Beteiligten möglich zu machen, sind also willkommen.

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