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Lörrach Name von NS-Chefarzt soll getilgt werden

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 Foto: Kristoff Meller

Gemeinderat: Beschlussvorschlag: „Carl-Keller-Weg“ wird in „Sonnenweg“ umbenannt / Gedenktafel am Kreiskrankenhaus / Politik berät

Der „Carl-Keller-Weg“ soll in den „Sonnenweg“ umbenannt werden. Das sieht der Beschlussvorschlag der Verwaltung für die nächste Gemeinderatsitzung vor. Dieser soll auch der ergänzenden Erklärungstafel unter dem Straßennamen mit einem Verweis auf die Namensgeschichte der Straße zustimmen.

Lörrach (ov/mcf). Weiterer Teil des Vorschlags ist, dass der Gemeinderat die Verwaltung beauftragt, zu einem geeigneten Zeitpunkt die Einrichtung einer Gedenktafel am Kreiskrankenhaus mit Hinweisen zu Opfern, Tätern und Begleitumständen des Lörracher Euthanasieprogramms umzusetzen. Weiterer Auftrag des Rats ist demnach, dass im Straßenraum des „Sonnenwegs“ eine Tafel mit Hinweisen zur Geschichte der Straße und zum Wirken von Carl Keller aufgestellet werden soll. Zuerst berät am Donnerstag der Ausschuss für Umwelt und Technik darüber, am 17. November steht das Thema auf der Hauptausschuss-Agenda. Am 24. November tagt der Gemeinderat.

Was hat Carl Keller getan?

Hintergrund ist, dass Carl Keller Chefarzt des Städtischen Krankenhauses (heute: Kreisklinikum) von 1925 bis 1946 und damit auch während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft 1933 bis 1945 war. Im Rahmen einer Doktorarbeit zur Erforschung der Umsetzung des Euthanasieprogramms der nationalsozialistischen Herrschaft konnte der Arzt Dr. Johann Faltum 2018 erforschen, dass auch in den Krankenhäusern in Lörrach und Schopfheim zahlreiche Menschen auf Anweisung der lokalen NS-Behörden zwangssterilisiert wurden. Entscheidende Rollen spielten hierbei der Amtsrichter Friedrich Backenstoss sowie Chefarzt Keller, heißt es in der Beschlussvorlage weiter. „Faltum konnte nachweisen, dass Carl Keller für 199 Fälle von Zwangssterilisation als leitender Arzt verantwortlich war und diese Operationen eigenhändig durchgeführt hat. Darüber hinaus zeigen Dokumente, dass Dr. Keller diese Operationen nicht gegen seinen Willen durchführte, sondern dass er diese vielmehr als Argument für eine Gehaltsaufbesserung anführte.“

Diskussion seit 2020

Aufgrund der Forschungsergebnisse wurde in einer Arbeitsgruppe zur Erinnerungskultur schon frühzeitig beschlossen, dass die Thematik nach Beschluss eines Konzepts zur Erinnerungskultur eigenständig diskutiert werden soll. Diese Diskussion fand im September 2020 statt und führte zu dem mehrheitlich gefassten Beschluss, dem Gemeinderat eine Umbenennung der Straße zu empfehlen.

Eine Veränderung in „Annemarie-Schier-Weg“ ist nach dem daraus resultierenden Verfahren, das auch mit Beteiligung von Anwohner und auch dem Behindertenbeirat erfolgte, vom Tisch. Dem Wunsch einiger Anwohner nach einem „eingängigeren“ Namen wird entsprochen und die Umbenennung in „Sonnenweg“ vorgeschlagen, so der Beschlussvorschlag. Die Umbenennung soll zum nächstmöglichen Zeitpunkt erfolgen, die Hausnummern beibehalten werden.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Keller durch die französische Besatzung als „Sympathisant“ bezeichnet und folglich frühzeitig in den Ruhestand versetzt. Als Chefarzt habe sich Keller offensichtlich sehr um die positive Entwicklung der Klinik bemüht – „und war auch aufgrund seiner Hilfsbereitschaft in der Stadtgesellschaft sehr angesehen“, erinnert die Verwaltung weiter. Der Gemeinderat benannte im Jahr 1965 die neugebaute Straße nach ihm.

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