Lörrach Ohne sie funktioniert in Lörrach nichts

Gabriele Hauger
Helai Koshkaki (links) arbeitet in der ambulanten Seniorenpflege. Die Integrationsbeauftragte Inga Schwarz hat die Sonderausstellung aufgegleist. Foto: Gabriele Hauger

Von Menschen mit Migrationshintergrund und ihren Schicksalen erzählt die Sonderausstellung „Wir sind Lörrach“ – Migration macht Stadt im Dreiländermuseum. Besucher können hier eine Antwort auf die Frage finden: Wie funktioniert Integration?

Es duftet nach Tee und afghanischen Köstlichkeiten. An Tischgruppen plaudern vor allem Frauen, genießen das regelmäßige Mittwochs-Frühstück der Schubert-Durand-Stiftung, das diesmal in die Ausstellung verlegt wurde. Diese erzählt an den Wänden ringsum Geschichten von Menschen mit Migrationshintergrund. Und zwar positive.

Zehn Schicksale

Auf zehn großformatigen Porträts (Fotos: Lucia Hofmaier) wird das Leben von Lörrachern erzählt, die angekommen sind, die Herausforderungen gemeistert haben, die gerne hier leben. Kurzum: Hier wird der Fokus für einmal nicht auf die Probleme gelegt, die Migration natürlich auch schaffen kann.

Positiver Ansatz

Dieser positive Ansatz war der Integrationsbeauftragten der Stadt, Inga Schwarz, wichtig. Sie hat die Ausstellung konzipiert, hat mittels einer Umfrage unter aus dem Ausland stammenden Mitbürgern im Rahmen des Projekts „Wir sind Lörrach“ Kontakte aufgebaut. Schließlich wurden zehn Lebenslinien ausgewählt, Menschen, die in Lörrach Fuß gefasst haben und die bereit waren, in den von Schwarz geführten Interviews viel Persönliches preis zu geben.

Auch bekannte Gesichter

So manchen Porträtierten kennt man sofort. Da ist der Leiter des Tanzwerk Mentor Shalijani. Oder Vincenzo Rotello, der in der Casa del Gelato jeden Sommer für kühle Köstlichkeiten sorgt. Die unterschiedlichen Lebenswege erzählen von der Migration in den 1970er Jahren bis heute. Von so genannten Gastarbeiter-Biografien, wo es vom Staat quasi keinerlei Integrationshilfe gab, bis zur ukrainischen Erzieherin, die geflüchtete Kinder aus ihrer Heimat unterstützen möchte. 50 Jahre Migrationsgeschichte wird erzählt. Die Porträtierten haben dazu auch noch eigene Fotos beigesteuert: aus der Kindheit in Sizilien, vom ersten eigenen Baby, von der Hochzeit, aus dem Alltag.

„Jetzt möchte ich helfen“

2015 kam Omar Jabang aus Gambia nach Lörrach, nach einem langen, harten Weg. Inzwischen macht er eine Ausbildung zum Pflegefachmann. „Lörrach hat mir geholfen, jetzt möchte ich den Menschen in Lörrach helfen“, wird er zitiert. Der Syrer Bassam Al Chalha besitzt inzwischen einen eigenen Lebensmittelmarkt.

Festlesen kann man sich an all diesen faszinierenden Lebenswegen. Es sind lange, oft steinige Wege, die Mut, Kraft und Geduld erforderten.

Wertschätzung

Wertschätzung, und zwar gegenseitig, das wollen alle zehn Dokumentationen ausdrücken, sagt Inga Schwarz, auch als Gegenpol zu vielen problemorientierten Debatten. „Wir haben bewusst nach Vorbildern gesucht. Und wir zeigen: Ohne diese Menschen funktioniert Lörrach nicht.“

Hoffnung und Ansporn

Interessiert lesen einige Afghaninnen die teils bewegenden, teils optimistischen, teils nachdenklichen Schilderungen von Menschen, die den langen Weg der Integration schon gegangen sind.

Motivation, Hoffnung, Ansporn? Gerade der Lebensweg der toughen Afghanin Helai Koshkaki dürfte vielen von ihnen Mut machen. Die Seniorenpflegerin ist auch beim Frühstück dabei, hat sich extra frei genommen. Neben ihrem anspruchsvollen Job, zieht sie vier Kinder groß und engagiert sich ehrenamtlich, hilft als Übersetzerin oder Unterstützerin im Alltag. Woher sie die Kraft nimmt? Helai Koshkaki zuckt lachend die Schultern. „Ich habe eben viel Power“.

„Es war hart“

Ihr Weg dürfte eher untypisch sein, da sie schon als Kind nach Holland kam und von dort mit ihrem Mann berufsbedingt nach Lörrach zog. „Ich habe alles ohne Hilfe geschafft“, sagt sie. „Aber es war hart.“ Um so besser versteht sie die Frauen aus ihrem Heimatland. „Ich pushe die immer: Sprache, Ausbildung, nach Hilfe fragen, offen sein“, das sind ihre Tipps an alle, die neu nach Lörrach kommen. In eine Stadt, die inzwischen für viele ausländische Bürger Heimat geworden ist.

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