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Lörrach Pop-Poeten zwischen Stadt und Land

Veronika Zettler
„Die Höchste Eisenbahn“ mit Francesco Wilking (r.) und Moritz Krämer. Foto: Kristoff Meller

Stimmen: Auftakt im Rosenfelspark mit „Die höchste Eisenbahn“.

Lörrach - Die Berliner Band „Die höchste Eisenbahn“ eröffnete am Dienstag die „Stimmen“-Konzerte im Rosenfelspark. Für zwei der vier Musiker bedeutete das eine Art Heimspiel.

Es war quasi höchste Eisenbahn, die Band nach Lörrach zu holen. Zwei der Vier stammen schließlich aus der Gegend: Francesco Wilking (Jahrgang 1974) aus Lörrach, Moritz Krämer (Jahrgang 1980) aus Schönenberg. Neben den beiden Lokalmatadoren sind Felix Weigt (Bass, Keyboard) und Max Schröder (Schlagzeug) an Bord – wobei die Zuweisung der Instrumente nur der Ordnung halber erfolgt, denn bei „Die Höchste Eisenbahn“ spielen, grob gesagt, mehr oder weniger alle alles.

So ein Heimspiel sorgt naturgemäß dafür, dass diverse Ex-Bekannte vom Klassenkameraden bis zur Cousine dritten Grades vorbeischauen. „Ich habe schon viele Freunde getroffen, manche habe ich nicht gleich erkannt“, meinte Wilking und lieferte damit nicht die letzte Mehrdeutigkeit während des knapp zweistündigen Auftritts. Den Regionalbonus braucht die Band ohnehin nicht: Sie hat sich ihre Fangemeinde mit gut erdachter und gut gemachter Musik erspielt. Ihr Terminkalender ist voll; am 16. August erscheint das neue Album „Ich glaub dir alles“.

Im Rosenfelspark herrschten schwül-warme Temperaturen, als das Quartett nach der Vorgruppe „The Rehats“ auf die Bühne kam. Wiewohl die Interaktion der beiden Frontmänner, Sänger und Gitarreros Wilking und Krämer mit den Zuhörern nichts zu wünschen übrig ließ, musste am Band zwischen Musikern und Publikum nicht groß geknüpft werden, denn im gut besuchten Park tanzten und wogten die Besucher ab dem Opener „Aufregend und neu“ bis zur Zugabe „Schau in den Lauf Hase“.

Was die Fans besonders schätzen: Songs wie „Zieh mich an“ sind kleine Gesamtkunstwerke. Vor allem die Lyrics verdienen diesen Namen, handelt es sich doch um mal poetisch, mal kryptisch, mal lakonisch ausfallende Kurzgeschichten, in denen alle Tonarten deutscher Popkultur mitschwingen, diverse Raffinessen ineinander verschachtelt sind und alle paar Takte neue Überraschungen aufploppen. Das gilt besonders für die beiden an den Schluss gesetzten Nummern „Lisbeth“ und „Was machst du dann“, bei denen die Eisenbahn nochmal kräftig Dampf im Kessel erzeugte.

Neben dynamisch vorantreibenden Beats, elegischen bis exzessiven Synthie-Kaskaden und den beiden eindrücklichen Stimmen von Krämer und Wilking kommt auch das eingestreute Lokalkolorit gut an. Etwa wenn Wilking Anekdoten aus seiner Zeit am wenige Schritte entfernten Hebel-Gymnasium zum Besten gibt.

Kurzerhand wird das Stück „Jan ist unzufrieden“ zur „inoffiziellen Hymne Lörrachs“ und zum „Manifest des Francesco W.“ erklärt. Dort heißt es: „Jan ist nicht mehr gerne im Süden, mit seinem Heimatdorf ist lange nicht Frieden, er hasst die Träume, die ihm sagen, wie die Liebe war im Wiesental“.

Die Nummer „Isi“ wird derweil mit alemannischen Ausdrücken („Ich halt’s nimmi uus“, „Gopfverdammi“) gepfeffert, was das Lied noch um einige Grade tragischer wirken lässt. In dieser Assoziationskette passt freilich auch der Song „Raus aufs Land“: noch ein Stück, das (innere) Stadt-Land-Verwerfungen aufgreift. Da wundert es auch nicht mehr, dass „Timmy“ neuerdings von einem Jungen aus „Lörrachs Krisengebiet Leuselhardt“ handelt. Fazit: Von der Musik bis zur Atmosphäre hat alles gepasst. „Die höchste Eisenbahn“ erwies sich als perfekte Besetzung für ein poetisch-modernes Quasi-Heimspiel im sommerlich aufgeheizten Stimmen-Wohnzimmer.

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