Lörrach Radikalkomödie im Nellie

Jürgen Scharf
Regisseur Vaclav Spirit hat mit seiner Theatergruppe „Gut & Edel“ eine schwarze Komödie einstudiert. Foto: Jürgen Scharf

Theater: Gut & Edel feiert Premiere

Von Jürgen Scharf

Lörrach. Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause ist das Lörracher Theater Gut & Edel wieder am Proben. „Ich hoffe, dass wir jetzt diese Woche die Premiere zustande bringen“, sagt Vaclav Spirit, der die Radikalkomödie „Volksvernichtung oder Meine Leber ist sinnlos“ von Werner Schwab inszeniert.

Provokante Dramen in den 1990er Jahren

Der österreichische Dramatiker wurde mit seinen provokanten „Fäkaliendramen“ in den 1990er Jahren zu einem der gefragtesten Bühnenautoren. Schwab starb 35-jährig in der Silvesternacht auf 1994 an einer Alkoholvergiftung. Der theatererfahrene Regisseur Spirit weiß natürlich um die Herausforderung, ein solch absurdes, schwarz-humoriges Stück auf die Bühne zu bringen und damit auch das Publikum zu erreichen, aber „die Gruppe hat Lust darauf gehabt“.

„Bisher hatten wir ein Stammpublikum“, sagte Spirit bei der Vorstellung der neuen Inszenierung im soziokulturellen Zentrum Nellie Nashorn, wo die Theatertruppe seit über 30 Jahren angesiedelt ist. Spirit erinnerte daran, dass die letzte Produktion mit Dürrenmatts „Die Panne“ – noch vor der Pandemie – sehr gut besucht war.

Bildreiche, assoziative Kunstsprache

Jetzt also dieses spezielle Zeitstück, das in einer bildreichen, assoziativen Kunstsprache voller Neologismen und Rohheit bravourös mit den Satzgebilden spielt. „Die Dialoge sind eine Schlacht“, weiß Spirit, der das Stück bearbeitet und massiv gekürzt hat, um die Amateurdarsteller und das Publikum nicht zu überfordern. Der Autor Schwab haut nämlich dem Zuschauer die Beziehungen zwischen den Figuren um die Ohren.

Eine Witwe mit Mordfantasien

Die Handlung ist skurril: Zwischen Frau Wurm, einer bigotten Katholikin, und ihrem behinderten Sohn Hermann, der sich für einen großen Künstler hält und verrückte Bilder malt, kommt es zu Streit und gegenseitigen Beschimpfungen. Alptraumhaft geht es auch bei den anderen Hausbewohnern wie der kleinbürgerlichen Familie Kovacic zu. Die Nachbarin, Frau Grollfeuer, eine Witwe, hat Mordfantasien und will die verhassten Mitbewohner bei ihrer Geburtstagsfeier vergiften...

Runderneuertes Team

In dieser radikalen Komödie wird also mit dem Leben abgerechnet. Die Charaktere stehen vollkommen entblößt da: alles nur Fassade und Verstellung. Kein leichter Tobak, dieser Theaterstoff, zumal ein runderneuertes Team antritt. Stammschauspieler haben sich verabschiedet. Annette Eckstein hat aufgehört, neue Mitspieler sind dazugekommen.

So haben zwei Mitarbeiter des „Nellie“ Interesse am Theaterspiel geäußert: Sophie Brodt und Frederico Babo, dem der Regisseur gleich eine ganz besondere Rolle „aufgebrummt“ hat. Von den bewährten Ensemblemitgliedern spielen Julia Matt und Hans Kaufmann schon ein paar Jahre mit. Tim Frey war in den „Sieben Todsünden“ mit dabei; Tina Enz verkörpert die Pensionistin Frau Wurm und Anna Zimmer die alte Dame Frau Grollfeuer.

Die Musik kommt von Anne Ehmke

Die Musik dazu – Klänge, Gesang und schräge Akkorde – kommt von Anne Ehmke. Auch hier darf man gespannt sein, wie sie das Stück soundmäßig auf die Schippe nimmt. Bei den Kostümen (Tim Frey), die stilisiert sind, wird es einige skurrile Elemente geben, Perücken, verzerrte Horrormasken und gespenstische Schminke.

Natürlich wird die Inszenierung überzeichnet sein, das ist schon in der Sprache angelegt. Wobei Bühnenbild und Ausstattung von Spirit schlicht und einfach sind: vier Stühle, ein Tisch, ein Schrank – das ist alles.

Für 60 Personen wird bestuhlt, wie immer gibt es sechs Aufführungen. „Ich hoffe“, so Vaclav Spirit, „dass viele Leute kommen, denn sie sind nach zwei Jahren ohne Theater ausgehungert.“

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