Lörrach Nicht schnell durchs Wiesental

Guido Neidinger
 Foto: Kristoff Meller

Mobilität: Stadt und Landkreis wollen Radschnellverbindung. Land erteilt dem Projekt eine Absage.

Lörrach - Bei der Entwicklung künftiger Verkehrskonzepte gewinnt der Fahrradverkehr immer mehr an Bedeutung. Dazu gehören auch Radschnellverbindungen. Stadt und Landkreis Lörrach favorisieren eine Radschnellverbindung durch das Wiesental über Lörrach bis Basel. Allerdings wurde gestern kurz vor Redaktionsschluss bekannt, dass das Land diese Verbindung ablehnt.

In einer Mitteilung des Landratsamtes heißt es: „Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg hat abgelehnt, die Radschnellverbindung Wiesental als Landesprojekt umzusetzen. Ulrich Hoehler, Erster Landesbeamter und Kreis-Verkehrsdezernent sagte dazu: „Wir sind über die Entscheidung des Landes enttäuscht und auch überrascht, da das Potenzial der Strecke durch die Machbarkeitsstudie klar aufgezeigt wurde. Für uns sind auch nicht alle Argumente des Landes vollumfänglich nachvollziehbar. An der Endgültigkeit der Entscheidung gibt es jedoch keinen Zweifel.“

Projekt ist noch nicht ganz vom Tisch

Ganz vom Tisch ist das Projekt durch die Ablehnung des Landes jedoch noch nicht. Hoehler dazu: „Wie und ob das Projekt Radschnellverbindung Wiesental ohne das Land als Baulastträger verwirklicht werden kann, das muss nun erarbeitet werden.“

Die Studie des Landkreises, die mit finanzieller Förderung des Landes erstellt wurde, favorisiert eine Radschnellverbindung, die sich im Endausbau von Zell im Wiesental über Schopfheim, Steinen und Lörrach erstrecken und an der Landesgrenze mit dem Radwegenetz des Kantons Basel-Stadt verknüpft werden soll. In einem ersten Schritt soll der Streckenabschnitt von Lörrach bis Schopfheim realisiert werden. Hier sieht die Studie des Landratsamtes ein Potenzial von bis zu 7800 Radfahrern pro Tag.

Aber bereits an dieser Stelle offenbart sich ein Knackpunkt. Auch das Land will den Bau von Radschnellverbindungen vorantreiben und fördern. Eine parallel durchgeführte Studie des Landes dazu kam zu anderen Ergebnissen. Das räumte auch Hoe-hler bereits gegenüber dem Gemeinderat ein (wir berichteten). Für die Verbindung des Wiesentals nach Basel kommt die Landesstudie auf nur durchschnittlich 1800 Radfahrer täglich. Damit stufte das Land diese Verbindung nicht in die Kategorie „Vordringlicher Bedarf“ ein. Somit war auch die mögliche Finanzierung durch das Land hinfällig.

Die landesweite Potenzialanalyse geht von insgesamt drei möglichen Radschnellverbindungen im Kreis Lörrach aus:   RSV 1: Strecke Lörrach – Zell im Wiesental mit 1800 Radfahrern pro Tag;   RSV 2: Strecke Grenzach- Wyhlen – Schwörstadt mit 1100 Radfahrern pro Tag;   RSV 3: Strecke Weil am Rhein – Efringen-Kirchen mit 2100 Radfahrern pro Tag.

Was die gestern bekannt gewordene Ablehnung des Landes für die Radschnellverbindung Oberrhein (RSV 3) bedeutet, ist nach Informationen aus dem Landratsamt noch nicht abschließend geklärt.

Im Landratsamt hält man die vom Land prognostizierte Zahl der Nutzer auf der RSV 1 nach wie vor für deutlich zu gering, zumal diese Strecke für Radfahrer durch den Bau des Zentralklinikums weiter an Attraktivität gewinnen dürfte.

Optionen sollen jetzt geprüft werden

Erst am 13. März hatte der Kreistag beschlossen, für die Radschnellverbindungen Wiesental und Oberrhein eine Landesbaulastträgerschaft für die beiden Verbindungen anzustreben. Dazu wurde eine Absichtserklärung initiiert, die bereits vom Kanton Basel-Stadt, der Stadt Lörrach und der Gemeinde Maulburg unterzeichnet wurden. Die Stadt Schopfheim und die Gemeinde Steinen hatten noch nicht unterschrieben.

Der Landkreis Lörrach wird nun zusammen mit den betroffenen Städten und Gemeinden sowie dem Kanton Basel-Stadt prüfen, welche Optionen für die Umsetzung einer Radschnellverbindung im Wiesental auf kommunaler Ebene verbleiben und welche Bundes- und Landesfördermittel dafür akquiriert werden könnten.

Finanzierung ohne Zuschüsse kaum denkbar

Vollumfänglich durch den Landkreis und die beteiligten Kommunen dürfte das Projekt kaum zu stemmen sein, wenn man einen Blick auf die ermittelten Zahlen wirft. Die Kostenschätzung für den RSV 1 Großes Wiesental beläuft sich auf insgesamt 16,1 Millionen Euro für eine Länge von 23,1 Kilometern. Allein der Streckenabschnitt Lörrach-Schopfheim (17,6 Kilometer) würde mit 14 Millionen Euro zu Buche schlagen. Die Zielsetzung lautete bisher:   Die RSV 1 Großes Wiesental soll prioritär realisiert werden.   Die Teilstrecke Lörrach bis Schopfheim soll in einer ersten Stufe gebaut werden.   Die RSV 1 soll vom Land hochgestuft werden als „Radschnellverbindung mit vordringlichem Bedarf“.   Die Übernahme der Baulastträgerschaft des Landes wird angestrebt.

Da das Land das Potenzial von mindestens 2500 Radfahrern pro Tag auf großen Abschnitten außerhalb der Ortsdurchfahrt als nicht nachweisbar bezeichnet und für das Wiesental nur ein durchschnittliches Potenzial von 1800 Fahrten am Tag prognostiziert, ist das Kriterium für eine Landesradschnellverbindung nicht erfüllt.

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