Lörrach Statt Romantik klassizistische Momente

Die Oberbadische
Das Kammerorchester Basel und der polnische Pianist Piotr Anderszewski sorgten gleich zum Auftakt der Burghof-Saison für eine Sternstunde. Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Konzert: Das erste große Orchesterkonzert der Burghof-Saison im Rahmen des Festivals „Culturescapes“

Von Jürgen Scharf

Lörrach. „Culturescapes“ ist dieses Jahr Polen gewidmet. Was lag da näher, als für das erste große Orchesterkonzert der Burghof-Saison im Rahmen dieses Schweizer Festivals, bei dem Lörrach der einzige Spielort auf deutscher Seite ist, einen polnischen Spitzenpianisten zu verpflichten: den Warschauer Piotr Anderszewski. Zusammen mit dem Kammerorchester Basel wurde es gleich ein erster Glanzpunkt zu Beginn der Spielzeit.

Eindeutig, obwohl es nicht im Programm stand: Anderszewski leitet vom Klavier aus das Orchester. Der Flügel war anders positioniert als üblich, in den Gesamtklang eingebunden. Im Falle des Mozart-Klavierkonzerts in A-Dur ein Glücksfall von kammermusikalischem Miteinander zwischen Soloinstrument und Orchester.

Anderszewski spielte seinen Part mit kristalliner Klarheit, apollinisch, mit subtilstem Anschlag. Seine dirigierenden Hände sagten alles: Er wollte die Musik kantabel, achtete auf die Dynamik, hielt das Orchester zu feinstem Pianissimospiel an und ließ sich selber als Solist in den Kadenzen Zeit für die Übergänge. Das Basler Kammerorchester reagierte hellhörig.

Heikle Balanceprobleme hätte es bei Schumann geben können. Doch hier machte der Pianist klar, dass dieses berühmte A-Moll-Klavierkonzert kein Konzert für Virtuosen ist, sondern in Opposition zum damaligen Virtuosenkonzert entstand und eine Rückbesinnung auf den konzertanten Dialog ist.

Auch wenn der Klang nicht romantisch „aufblühte“, wurde der Zuhörer statt dessen mit klassischer Klarheit, musikalischen Farben, brillantem Klavierton, Transparenz sowie einer überlegenen und überlegten Gestaltung belohnt.

Anstelle romantischer Emphase herrschten klassizistische Momente vor. Der Klavierklang war in den Tutti-Passagen homogen ins Orchester integriert, die dynamische Nuancierung von Anderszewski absolut hörenswert. Wie schon zuvor bei Mozart war der langsame Satz sanglich, kontemplativ und voller tonlicher Schönheit: Ein Schumann nicht der großen Virtuosengeste, dafür aus einem Geist und einem Guss.

Zwischen die Klavierkonzerte eingebettet war das einzige sinfonische Orchesterwerk des französischen Komponisten Francis Poulenc, die viersätzige Sinfonietta, die für viele Musikfreunde sicher eine Entdeckung war. Baptiste Lopez, seit 2018 Konzertmeister des Kammerorchesters, leitete das zwischen Romantik, Charme und Ironie angesiedelte Stück. Die Basler klangen fantastisch: prägnant und pointiert, tänzerisch impulsiv, temperamentvoll, agierten mit reicher Klangfarbenpalette und prächtig sinfonisch.

Lopez war auch der Solist in einem Werk von Heinz Holliger („Meta Arca“) für Solovioline und Streichinstrumente. In den harten Flageoletts, Schlägen auf den Instrumentenkorpus und den kräftigen Pizzicati konnten der rhythmisch hervorragende Geiger und der sensibel mitmachende Basler Klangkörper ihre Flexibilität auch in Sachen zeitgenössischer Musik beweisen. Die Zugabe ging wieder zu Mozart zurück.

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