Stadtpolitik: Vorgelegtes Tourismuskonzeptes für die Grünen nahezu wertlos / Andere Fraktionen reagieren verständnislos auf die vernichtende Kritik
Lörrach - Die Stadt Lörrach ist zwar kein klassisches touristisches Ziel, hat aber Potenzial. Dieses zu nutzen ist das Ziel der neuen Tourismusstrategie, die jüngst vom Gemeinderat beschlossen wurde – allerdings erst nach einer heftigen Diskussion.
„Das ist ein Total-Verriss“, kritisierte Ulrich Lusche (CDU) die überaus negative Beurteilung des vorliegenden Tourismus-Gutachtens durch den Sprecher der Grünen, Fritz Böhler. Die Expertise wurde unter Einbeziehung lokaler Akteure in einem längern Verfahren von der „ift Freizeit- und Tourismusberatung“ erarbeitet. Das in der Branche anerkannte Kölner Unternehmen berät seit mehr als 30 Jahren öffentliche Auftraggeber in Sachen Tourismusentwicklung.
Dem Grünen-Sprecher warf nicht nur Lusche den Total-Verriss des Gutachtens und die Präsentation eines Gegengutachtens vor. Andere Fraktionen wie die SPD zeigten sich „überrascht und enttäuscht von der Ablehnung“ (Günter Schlecht).
Böhler hatte die Studie zuvor als „wolkig und unverbindlich“, widersprüchlich und „die große touristische Mobilmachung“ als „nicht realistisch“ bezeichnet. Die Grünen könnten der neuen Strategie laut Böhler nicht zustimmen, weil viel Geld in Werbemaßnahmen gesteckt werden solle, aber wenig in „die Stärkung der vorhandenen Angebote und die Verbesserung der touristischen Substanz“. Den Machern der Studie warf Böhler zudem vor, „nicht mit Touristen gesprochen“ zu haben. Das führe zu Verzerrungen. Die Studie biete maximal einige Hinweise für Verbesserungen, die man aufgreifen könne.
Dieser negativen Darstellung stimmten die anderen Fraktionen in keinster Weise zu – im Gegenteil. Hubert Bernnat (SPD) betonte: „Lörrach ist keine Tourismusstadt erster Güte, aber es hat Potenzial, das es zu heben gilt.“ Die Arbeit, die von der Touristinfo geleistet werde, sei gut. Kritische Nachfragen im Rahmen der Haushaltsberatungen kündigte Lusche lediglich angesichts des 20 000-Euro-Antrags der Narrengilde an. Vorher könne man einer solchen Mittelfreigabe nicht zustimmen. Matthias Lindemer (Freie Wähler) freute sich über die Zielsetzung, Lörrach als Stadt der Feste und Festivals etabliren zu wollen. Hier gebe es nämlich „noch viel Luft nach oben“, erklärte er.
Günter Schlecht warf den Grünen vor, mit ihrer Anti-Haltung den Tourismus-Prozess blockieren zu wollen. Tourismus ohne Marketing und ohne Konzept ist für ihn „gar nichts wert“.
Ebenfalls enttäuscht von der ablehnenden Haltung der Grünen zeigte sich Oberbürgermeister Jörg Lutz. Wenn man so mit gemeinsam erarbeiteten Zielen umgehe, „kann man gleich alles lassen“. Wie man Tourismus ohne Werbung verkaufen wolle, „ist mir nicht klar“, empörte sich Lutz.
Lars Frick, in dessen Fachbereich der Tourismus fällt, versuchte die wichtigsten Kritikpunkte zurecht zu rücken. „Wir sprechen täglich mit Touristen“, betonte er. Der Betrag von 20 000 Euro sei für die Optimierung der seit über zehn Jahren gleichen Broschüren vorgesehen. Bei Radreisen sei man im Gespräch mit Nachbargemeinden und „auf einem guten Weg“. Bei dem vorgelegten Gutachten handele es sich auch nicht um ein Marketingpapier, sondern ein Strategiepapier, das es mit Leben zu füllen gelte.
Der Kritik der Grünen, die Stadt habe unverständlicherweise sogar die Ausrichtung des Kreistrachtenfestes abgelehnt (Margarete Kurfeß), hielt Lutz entgegen, dass die Zahl von maximal zwölf erlaubten lauten Veranstaltungen in der Innenstadt für das nächste Jahr bereits erreicht sei.
Bei drei Gegenstimmen und fünf Enthaltungen stimmte der Gemeinderat schließlich der Tourismusstrategie zu. Der Überarbeitung des Tourismusmarketings entsagten sechs Stadträte ihre Zustimmung, drei enthielten sich. Somit wurde das Tourismuskonzept und das dazugehörige Marketingkonzept mehrheitlich vom Gemeinderat genehmigt.
