Von Jürgen Scharf Rheinfelden. Joseph Beuys ist das bekannteste Beispiel: Er hat aus Filz Kunstwerke gemacht. Mit Textilem in der Kunst haben auch viele Künstlerinnen gearbeitet. Angefangen von Sophie Taeuber-Arp, einer Pionierin der Textilkunst, die über die Arbeit mit textilem Weben eine neue Formensprache entwickelte und zu neuen Ausdrucksformen fand, bis zu Rosemarie Trockel, die in den 1980er Jahren mit ihren gestrickten Wollbildern international bekannt wurde. Auch aktuell gibt es Künstlerinnen, die Stoffe in ihre Bilder einweben. Der diesjährige Zonta-Regio-Kunstpreis zeichnet zwei solcher Künstlerinnen aus, die für Textil in der Kunst stehen. Ruth Loibl studierte – ähnlich wie Sophie Taeuber-Arp, die ausgebildete Textilgestalterin war und die Textilklasse an der Zürcher Kunstgewerbeschule leitete -– Textilkunst und Oberflächengestaltung in Nürnberg, aber auch Bildhauerei in Berlin. Judith Mundwiler, die in Sissach/Baselland ihr Atelier hat, ist ausgebildete Schneiderin und Fachlehrerin für Textilarbeit und Werken. Es sind also beide Nachfahrinnen im Geiste von Taeuber-Arp: freischaffende Künstlerinnen, deren erlernter und ausgeübter Umgang mit textilen Materialien und Techniken sich in ihren Arbeiten widerspiegelt. Besonders auffällig ist das bei Judith Mundwiler. Da meint man in der Ausstellung im Rheinfelder Haus Salmegg, in einem kreativen Schneideratelier zu sein, wo an den Wänden von Hand oder maschinell genähte, gestickte oder in mehreren Schichten übereinander gelagerte Stoffbahnen sehr fragile und transparente textile Werke lose hängen. Diese Textilbilder sind meist Mixed Media, Stickerei mit Materialien wie Papier, Organza, Chiffon, Folien, Vlies, alles fein und zart zusammengehalten von gekräuselten Goldfäden. Daneben entdeckt man recycelte Alltagsdinge wie Alufolie oder gebrauchte Teebeutel, die aufgeschnitten und zu größeren rasterähnlichen textilen Bildwerken gestaltet werden. Eine, wenn man so sagen darf, doch sehr feminine Kunst, die noch Naturmaterialien wie Samen, Gräser oder Abfallprodukte in die Kreationen integriert. Da entstehen dann luftige Grasbilder oder Haarbilder (aus Pferdehaaren und Haaren der Künstlerin) mit Kupferdraht und Sisal zu einem Netz gestickt („Hair“); objekthaftere Gebilde („Spurensuche im Alltag“) oder Papiertücher mit Seidencharakter nach einem Gedicht. Mundwiler arbeitet auch mit Schrift, wie in ihren Buchseiten „Agaton“ oder „Forgotten Words“, farbigen hieroglyphischen Schriftzeichen. Dieses Spielen mit alten Schriften verbindet sie mit Ruth Loibl, der anderen Preisträgerin, deren Werke sich zwar sehr von denen Mundwilers unterscheiden, aber auch gewisse Schnittstellen haben. Einige der gezeigten Arbeiten Loibls kennt man von anderen Ausstellungen, beispielsweise das Bild mit dem Textilpflegehinweise „Nicht schleudern“ im Foyer. Die Serie „P-U-R“, Buchstaben in Leinen geschnitten, vor farbigem Hintergrund, bringt Loibl überraschenderweise in die Nähe zu Lucio Fontana, der auf radikale Art die textile Leinwand aufgeschlitzt hat. Vor allem aber verbindet man mit dem Namen Loibl Zeichnungen, Collagen, Drucke und das Wissen, dass sie auch Buchstaben, Worte einarbeitet und mit Buchdruck, Kleidungsetiketten und Stickerei hantiert. Ein Merkmal ist zudem, dass Loibl die Techniken sehr penibel kombiniert. Viele Themen findet die Rheinfelder Künstlerin, die auch Ausstellungskuratorin ist, im Alltagsleben. Dass sie nicht immer nur mit Schrift, Text, Linie und Struktur gearbeitet hat, sieht man an frühen Werken im Medium Skulptur, die wohl an ihr Bildhauerstudium anknüpfen: zwei große Figuren aus Stoffgewebe, Holz und Wollfilz in stark vereinfachten Formen. An diesen Objekten aus den 80er Jahren und den heutigen Arbeiten lässt sich Loibls Entwicklung gut ablesen. u Bis 19. April, Samstag, Sonn- und Feiertag 12-17 Uhr (Karfreitag geschlossen)