Lörrach Unter Zeit- und Finanzdruck

Kristoff Meller
 Foto: Die Oberbadische

Gemeinderat: Umwelt- und Klimaschutzthemen dominieren Sitzung. Geschwindigkeit bei energetischen Sanierungen kritisiert.

Lörrach - Der Klimaschutzbericht, die Rezertifizierung des „European Energy Award“ (EEA) und der jüngste Energiebericht: In der Sitzung des Gemeinderats am Donnerstag dominierten Umwelt- und Klimaschutzthemen. Dabei wurde deutlich: Die Grünen würden gerne stärker aufs Tempo drücken, die CDU sieht Lörrach hingegen auf einem sehr guten Weg. Zudem gibt es unterschiedliche Meinungen, wie die Bürger eingebunden werden sollten.

„Der EEA ist ein internationales Qualitätsmanagement- und Zertifizierungsinstrument für kommunalen Klimaschutz, das Kommunen ... auf dem Weg zu mehr Energieeffizienz unterstützt.“ So wird der EEA auf seiner Homepage beschrieben. Doch wie sinnvoll die Teilnahme für den Klimaschutz und die Erreichung der Klimaschutzziele der Stadt Lörrach konkret ist, das fragten sich nicht nur die Grünen.

Viele der Maßnahmen beschrieben lediglich qualitative Ziele, kritisierte Thomas Hengelage. Es müssten auch quantitative Ziele erfasst werden und die Bürger sollten aktiv eingebunden werden. „Ohne Multiplikatoren werden wir unsere Ziele krachend verfehlen“, warnte der Grünen-Stadtrat. Darum müsse die Verwaltung Initiativen wie den „Runden Tisch Klima“ und den Klimabeirat unterstützen und einbeziehen: „Gießen Sie die kleinen Setzlinge regelmäßig, dann wird vielleicht ein kleiner Wald daraus“, sagte Hengelage.

„Mehr konkrete Anregungen“ hatte sich auch Christiane Cypperek (SPD) vom EEA erwartet. Sie sieht vor allem Nachholbedarf bei der umweltschonenden Ver- und Entsorgung. Außerdem sollten mehr Maßnahmen beschlossen werden, die „uns qualitativ und quantitativ voranbringen“.

Das Thema Finanzen brachte Bernhard Escher (CDU) ins Spiel. Denn auch wenn es dem einen oder anderen Stadtrat beim Klimaschutz zu langsam gehe, gelte: „Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden.“ Zudem sieht er Lörrach angesichts des jüngsten Klimaschutzberichts „auf einem sehr guten Weg“.

Die EEA-Auszeichnung sei nicht unbedingt das richtige Instrument, um Treibhausgase zu sparen, befand Matthias Lindemer (Freie Wähler): Die teilnehmenden Kommunen sollten außerdem auch Ratschläge bekommen, wie sie effektiv mehr CO 2 einsparen können.

„Der EEA ist nach wie vor ein sehr gutes Instrument“, betonte hingegen Britta Staub-Abt, städtische Fachbereichsleiterin Umwelt und Klimaschutz. Es handle sich gleichwohl um ein Managementsystem, dass nicht nur beim Einsparen von CO 2 helfen soll, sondern generell für einen schonenden und nachhaltigen Umgang mit Ressourcen werbe. Aufgeführte Maßnahmen wie die Förderung des Radverkehrs oder die Kampagne für Photovoltaik-Anlagen betreffen laut Staub-Abt zudem nicht nur die Kernverwaltung sondern wirken „stark in bestimmte Zielgruppen“ hinein.

Klimaschutzbericht: Großteil der Emissionen von privaten Haushalten

Im Zusammenhang mit dem Klimaschutzbericht wurde erneut die stärkere Einbindung der Bürger gefordert, da der Großteil der Emissionen von privaten Haushalten erzeugt wird. „Sie müssen mitgenommen werden, da sind wir uns im Gremium einig“, stellte Matthias Lindemer fest. Beim „Wie“ gebe es hingegen unterschiedliche Ansichten. Während die Grünen die Bürger sich für mehr verpflichtende Maßnahmen einsetzen, sprechen sich die Freien Wähler für eine freiwillige Motivation zur Einsparung von Emissionen aus.

Viel Potenzial bieten energetische Sanierungen von Privathäusern, dafür brauche es jedoch „mehr Beratung und Hilfe bei der Bürokratie“, sagte Christiane Cyperrek. Die Zahlen des Klimaschutzberichts seien indes für sie ernüchternd gewesen: „Die Einsparungen kommen hauptsächlich durch die Schließung der Gaba.“

Politik und Verwaltung alleine könnten die Ziele nicht erreichen, sagte auch Bürgermeisterin Monika Neuhöfer-Avdic. „Wir müssen raus und die Bürgerschaft einbinden.“ Darum sei sie froh über das Engagement der verschiedenen Initiativen, die sich auch mit Unterstützung der Schöpflin Stiftung gebildet haben. Diese Pflänzlein werde man – wie von Thomas Hengelage gefordert – „gerne gießen“.

Energiebericht: Sanierungsstau ein „Riesenthema“

„Wenig passiert und das über Jahre“, so kommentierte Hengelage den Energiebericht von 2018, der einen deutlichen Sanierungsstau aufzeige. Die energetische Aufwertung von Bestandsgebäuden werde in den kommenden Jahren deswegen ein „Riesenthema“, prognostizierte er. Denn die Analyse der bisherigen Effizienz hat laut Vorlage gezeigt, dass bei Beibehaltung der bisherigen Sanierungsgeschwindigkeit eine komplette Sanierung des Gebäudebestands erst etwa 2075 umgesetzt wäre.

Um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 erreichen zu können, sollten laut Energiebericht in den kommenden zehn Jahren die sieben größten CO 2-Emittenten energetisch saniert werden. Das würde rund 600 Tonnen CO 2 und rund 145 000 Euro pro Jahr einsparen. Wo „die vielen Millionen“ für diese Sanierungen herkommen sollen, fragte sich indes Alfred Kirchner (CDU).

Der Knackpunkt dürften tatsächlich die Finanzen werden, bestätigte auch Christiane Cyperrek. Zudem müsse man die Sanierungen mit dem Schulentwicklungsplanungsprozess abstimmen, da mehrere Schulen auf der Liste stünden. „Das ist eine besondere Herausforderung, aber wir unterstützen die Maßnahmen und finden umfangreiche Sanierungen besser als Stückwerk.“

Matthias Lindemer favorisiert hingegen eine „maßvolle Sanierung aller Gebäude“ anstatt „einzelne Leuchtturmprojekte“ umzusetzen und diese „übertrieben zu sanieren“.

„Covenant of Mayors“

Durchgewunken hat der Gemeinderat nach entsprechender Vorberatung am Donnerstag die weitere Teilnahme am „Covenant of Mayors“ (CoM). Dieser wurde 2008 gegründet, um lokale Gebietskörperschaften, die sich freiwillig dazu verpflichten, die Klima- und Energieziele der EU zu erreichen oder gar zu übertreffen, zusammenzubringen. Inzwischen gehören mehr als 7700 Kommunal- und Regionalverwaltungen in 53 Ländern der Initiative an.

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