Lörrach Vier Geschwister – ein Schicksal

Die Oberbadische
Archivfoto: Meller Foto: Die Oberbadische

Gedenken: Stolperstein-Serie – Folge 2: Die jüdischen Bürger Adele, Samuel, Isaak und Bernhard Beck

In feierlichem Rahmen wurden kürzlich die ersten Stolpersteine zum Gedenken an die Lörracher Opfer der Nationalsozialisten verlegt. In einer Serie porträtieren wir diese und beleuchten in dieser Folge das Schicksal der jüdischen Geschwister Adele, Samuel, Isaak und Bernhard Beck.

Von Dorothea Gebauer

Lörrach. Die Geschwister Beck, derer bei der Stolpersteinlegung gedacht wurde, zählten mit ihrer Familie zu einer der ältesten jüdischen Familien in Lörrach. Die Metzgerei Beck in der Teichstraße 9 war für viele Lörracher eine Institution.

Daniel Beck, dessen vier Kinder mit vielen ihrer Anverwandten ermordet wurden, wird von der Chronik als jemand genannt, der in Lörrach Hausbesitzer war und einen Betrieb führte. Als Daniel Beck 1925 stirbt, führt Bernhard, das fünfte Kind und ledig das väterliche Geschäft weiter.

Am 1. April 1933 fordern die Nazis seine Kunden auf, nicht mehr bei Bernhard Beck einzukaufen. Er ist 60 Jahre alt, als er, wie 40 weitere jüdische Männer, aus Lörrach in „Schutzhaft“ gestellt und am 10. November 1938 aus dem Lörracher Gefängnis in das Konzentrationslager Dachau deportiert wird. Dort muss er ständige Erniedrigungen durch die SS-Wachen über sich ergehen lassen, stundenlange Appelle und willkürliche Strafübungen absolvieren und hungern, wie alle anderen jüdischen Häftlinge.

„Schutzhäftling Nr. 22354“ kommt am 22. November wieder frei – aber Bernhard Beck ist gebrochen und stirbt ein Jahr und drei Monate nach seiner Entlassung an den Folgen einer Lungenentzündung. Seine letzte Ruhestätte befindet sich auf dem neuen jüdischen Friedhof.

Bernhard Beck hat einen älteren Bruder, Samuel. Auch ihn, den Lörracher Kaufmann trifft dieses Schicksal. Er ist das vierte Kind von Daniel Beck und Fanny, geb. Wertheimer. Seine Existenzgründung als Geschäftsmann wird durch die Nazigesetze 1938 vernichtet. So vermerken NS-Akten der zwangsweisen Liquidierung von Geschäften lapidar: „Samuel Beck, wohnhaft Teichstraße Nr. 25 bei Heilbronner, betreibt kein Geschäft mehr.“

Der Kaufmann ist wegen der vielen Schikanen so verarmt, dass er die Gebühren für die Löschung aus dem Handelsregister nicht aufbringen kann. Am 22. Oktober 1940 wird er mit drei Geschwistern nach Gurs deportiert und stirbt im ersten Monat nach der Deportation am 27. November 1940 als 68-Jähriger im Internierungslager unter schrecklichen Bedingungen.

Isaak Beck ist das zweitälteste Kind aus der zweiten Ehe seines Vaters Daniel Beck. Zusammen mit seinen Geschwistern Adele, Bernhard, Samuel und seiner Nichte Alice Geismar wohnt er im Haus der von Bernhard Beck betriebenen Metzgerei in der Teichstraße 9. Anders als seine Brüder ergreift Isaak nicht den Beruf des Metzgers oder Viehhändlers. Er ist Vorsteher der Israelitischen Gemeinde Lörrachs, einer der letzten vor dem Holocaust.

Wie alle jüdischen Lörracher Bürger erfährt er nach 1936 drastische Einschränkungen seiner Freiheit. Umständehalber gibt die Familie ihren Wohnsitz in der Teichstraße 9 auf und zieht in die Teichstraße 29, von wo Isaak gemeinsam mit Adele und Samuel am 22. Oktober 1940 von der Gestapo abgeholt wird.

Sie alle werden zum nahegelegenen Sammelpunkt in der Handelsschule am heutigen Marktplatz überführt und über Freiburg nach Frankreich deportiert. Nach einer Zeit in Gurs und wird Isaak Beck schließlich im August 1942 in Auschwitz ermordet.

Seine Schwester, Adele Beck, schreibt aus Gurs an ihre inzwischen in New York lebende Schwester Emma Heilbronner: „Wenn wir nochmals einen Winter hier sein müssen, weiß ich nicht, ob wir denselben überleben werden.“

Adele wird gemeinsam mit 1003 weiteren Juden aus dem Sammellager Drancy aus dem noch unbesetzten Frankreich der SS übergeben. Von dort aus führt sie der Güterzug „Transport 18“ nach Dachau. Adele Beck wird am 12. August 1942 in Auschwitz ermordet.

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