Dass die Entwicklung des Mio so stimmig erscheint, ist eine inszenatorische und schauspielerische Meisterleistung: Stefanie Klimkait und Elias Füchsle spielen die Hauptrolle des Bo/Mio durchgehend zu zweit, jeder auf seine Weise enorm ausdrucksstark und dennoch so aufeinander eingespielt, dass man den Wechsel vom einen zum anderen fast nicht wahrnimmt. Oft sind beide zusammen auf der Bühne, gehen voneinander weg und weiten so den Bühnenraum. Die vielen Selbstgespräche spiegeln lebhaft das Gedankenspiel des Protagonisten, der sich oft seiner Sache nicht ganz sicher zu ein scheint, bis zum Schluss, als er sich mit aller Macht dem Bösen entgegenwirft. Immer an seiner Seite: Jum-Jum (Yusuf Röben), sein bester Freund, der ihn an seinen Klassenkameraden Benka von einst erinnert.
Auch sein Gegenspieler aus Lindgrens Kinderbuch, der grausame Ritter Kato, wird von zwei Schauspielern verkörpert. Sabrina Lössl und Ric Weisser verleihen ihm mit stummfilmhaften Fratzen plakative Bösartigkeit, die noch bedrohlicher wird durch die unheimlichen Wesen, die ihn umgeben: düstere Vögel mit schlaff hängendem, grauem Gefieder, die immer dann auftauchen, wenn von Kato die Rede ist.
Nicht nur sichtbar stehen Vögel sinnbildlich für das Dunkle, dem das Helle in Form eines weißen, optimistisch gespreizten Federkleids entgegentritt. Das Klagelied des Trauervogels (gespielt und gesungen von Esther Kammüller zusammen mit dem fabelhaften Kinder- und Jugendchor unter Leitung von Abélia Nordmann und Andrea Nydegger) zieht sich auch als musikalisches Leitmotiv durch die im Grundton überwiegend melancholische Inszenierung.
Auf der Seite des Guten stehen alle anderen Tiere und Pflanzen im Stück, wie bei Astrid Lindgren, in deren Büchern die belebte Natur auch oft eine Rolle spielt. Sie werden auf bezaubernde Art und Weise chorisch in Szene gesetzt von Grundschülern der Hebelschule Lörrach, der Astrid-Lindgren-Grundschule Hauingen, der Waldorfschule und der Pestalozzi-Schule Lörrach. Als sich am Ende alle auf der Bühne versammeln, Darsteller, Chor, Musiker, Regisseurin Karin Maßen und ihr großes Team an Helfern wird deutlich, dass bei einer solchen Mammutinszenierung die Probenarbeit bei der nach und nach alles zusammenkommt, nicht zuletzt die parallel zum Probenprozess geschaffene Musik von David Lichtensteiner, ebenfalls ein Groß-Ereignis gewesen sein muss. Für die Aufführung, die am Ende dieses Weges des Zusammenwachsens steht, bekommt das gesamte Mio, mein Mio-Team begeisterten Applaus.