Manche Künstler konzentrieren sich ganz aufs Schauspiel. Die kennen alle Stücke rauf und runter, sind totale Profis. Musiker wiederum sind virtuos auf ihren Instrumenten. Ich bin das alles nicht. Ich mache fast alles. Muss dafür aber regelmäßig heftig trainieren. Beispiel Artistik: Da hänge ich mich drei Mal die Woche in die Luft, um fit zu bleiben. Auch wenn das so leicht aussieht: Das ist viel Arbeit! Seit längerem sage ich mir: Wenn ich soundso alt bin, mache ich das nicht mehr. Dann bin ich so alt... und mache es immer noch!
Frage: Ist diese künstlerische Vielschichtigkeit nicht manchmal fast eine Last?
Man muss aufpassen, dass man sich nicht verläuft. Und gleichzeitig finde ich es auch schön, weil man so viele kreative Dinge bauen kann, in allen Bereichen drin ist und mitreden kann. Ich passe damit eben in keine Schublade. Es ist ziemlich schwierig, jemandem, der das nicht kennt, zu erklären, was ich genau mache. Ich finde es wichtig, dass ich die Menschen unterhalten kann. Erwachsene sind auch nur groß gewordene Kinder und wollen nicht gelangweilt, sondern mitgerissen werden.
Frage: Sie sind ein sehr jugendlicher Typ. Viele Schauspielerinnen klagen darüber, dass man ab 50 kaum noch gute Rollen bekommt. Wie beurteilen Sie das?
Es gibt definitiv Altersdiskriminierung. An diesem Thema und insgesamt an dem Thema Diversität arbeiten wir an der Filmakademie sehr intensiv: Rassismus, Sexismus, Homophobie – das kommt leider alles auch in unserer Branche häufig vor.
Frage: Die Frage muss kommen: Warum verlassen Sie den Tatort?
Weil ich so viel anderes vorhabe! Ich hoffe, ich schaffe das überhaupt. Ich habe so wahnsinnig viele Ideen. Mein ganzes Leben reicht nicht aus, das alles zu verwirklichen. Zudem bin ich auch kein expliziter Fernseh-Fan. Es war eine große Ehre für mich, diese Rolle spielen zu dürfen. Finanziell gesehen: Wenn ich gewusst hätte, dass Corona kommt, hätte ich vielleicht noch ein, zwei Jahre weiter gemacht. Ich bin aber kein Fernseh-Mensch, kein Sicherheits-Mensch. Ich habe mich daran gewöhnt, dass ich nicht in Hollywood arbeite, sondern dass ich Arthouse-Filme mache. Ich will Kunst vor allem auf der Bühne machen. Aber der Tatort war eine tolle Erfahrung.
Meret Becker & The Tiny Teeth: „Le Grand Ordinaire“: Freitag, 28. Januar, 20 Uhr, im Burghof; weitere Infos: www.burghof.com