Lörrach Von explosiv bis lässig

Beatrice Ehrlich
Imposanten Tanz bot die Compagnie „Les Ballets Jazz de Montréal“. Foto: Pascal Duchesne

Tanzabend: Die Ballets Jazz de Montréal gastierten im Burghof Lörrach.

Lörrach - Tanzgenuss im Dreierpack hieß die Devise im ausverkauften Burghof am Freitagabend. Zu Gast war die Compagnie Les Ballets Jazz de Montréal (BJM) aus Kanada. Mit ihrem explosiven, kraftvollen und temporeichen Tanzstil versetzten die Tänzerinnen und Tänzer das Publikum in Begeisterung. Am Ende gab es frenetischen Applaus.

Ballett verbindet man gemeinhin mit formaler Strenge, Spitzenschuhen und Tutus. Ganz anders zeigt es sich in seiner modernen Form, wie sie die Compagnie aus Montreal in über 45 Jahren kontinuierlich gepflegt und weiterentwickelt hat. Passend dazu trägt sie das Wort Jazz schon im Namen.

Verschiedene Elemente zeitgenössischer Körpersprache

Klassische Bewegungsabläufe erscheinen hier verändert und aufgelöst und werden ergänzt durch verschiedene Elemente einer zeitgenössischen Körpersprache. Man kann den Blick kaum abwenden, wenn in der ersten Choreographie, „Kosmos“, die Tänzer in immer wieder neuen Konstellationen abwechselnd von links und von rechts auf die Bühne stürmen, energiegeladen aufeinanderprallen, um dann, durch den anderen abgelenkt von seiner ursprünglichen Bahn, eine andere Richtung einzunehmen.

Wie bei Himmelskörpern im Weltall scheint dem vermeintlichen Chaos eine ungeschriebene Ordnung zugrundezuliegen. Anziehung und Abstoßung halten sich in diesem Kosmos das Gleichgewicht, bis hin zur finalen Szene, als durch die Projektion einer kleinteiligen schwarz-weißen Struktur auf die (fast) nackten Tänzer die einzelnen Körper aufzugehen scheinen in einer amorphen Masse, die verschiedene Zustände annimmt: flächig, kristallförmig starr oder organisch in Bewegung wie ein geheimnisvolles Fabeltier.

Ein Duett mit dem Namen „Soul“

Das zweite, jüngsten Stück der Compagnie, ein Duett mit dem Namen „Soul“, trägt wie das erste die Handschrift des Choreographen Andonis Foniadakis. Zum Klang „Ball and Chain“, einem expressiven Song, der vor allem durch Janis Joplin bekannt geworden ist, durchlaufen die beiden Tänzer detailreich die Geschichte einer Begegnung, funkensprühend und voller Sinnlichkeit. Auch hier entsteht durch Anziehung und Auseinandergehen ein pulsierender Rhythmus, in den man als Zuschauer wie in einen Strudel hineingezogen wird.

Mitreißende Lebensfreude und unbefangener Humor sind die Zutaten der dritten Choreographie an diesem Abend. Zu einer tänzerischen Umsetzung verschiedener Straßenszenen hat sich der Choreograph Itzik Galili während einer Kubareise von der Musik von Pérez Prado, dem „König des Mambo“ inspirieren lassen. Es ist überraschend zu sehen, wie die vom klassischen Bewegungsrepertoire geprägten, vor Kraft strotzenden Tänzer und Tänzerinnen der BJM zum weichen Klang der kubanischen Musik plötzlich ganz locker werden, Oberkörper und Hüften kreisen lassen, und immer wieder zu einem oder anderen Späßchen aufgelegt fast spielerisch in Interaktion treten.

Havanna der 60er Jahre

Stilecht kostümiert lassen sie vor dem inneren Auge das Havanna der 60er Jahre auferstehen, einzig die Röcke mögen hier und heute noch ein gutes Stück kürzer sein. Ob streng getrennt nach Männlein und Weiblein aufgereiht wie auf einer Perlenschnur zum Latino-Evergreen „Quizázs, quizás, quizas“ oder später mit einem frechen Klaps auf den Po aus heiterem Himmel: in diesem Stück scheinen Elan und Technikversessenheit der traditionsreichen Compagnie für Momente auf den Kopf gestellt.

Zu Ende geht „O Balcao de amor“, so der Titel der Choreographie mit der slapstickhaften Begegnung eines Pärchens, das sich liebt und neckt, und dabei zwischen tolpatschigen Annäherungsversuchen immer wieder verwegene akrobatische Kunststücke einbaut – ganz wie im Zirkus. Ein gut gelaunter Schluss für einen imposanten Tanzabend.

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