Lörrach Wir dürfen es nicht gut sein lassen

Die Oberbadische
Foto: Guido Neidinger     Foto: Die Oberbadische

Gedenken: Die ersten acht Messingplatten werden am 24. September im Straßenbelag verlegt / Informationsveranstaltung mit dem Künstler

Mit der Verlegung der ersten acht Stolpersteine geht in Lörrach ein langer Diskussionsprozess zu Ende. Mit den Stolpersteinen wird Lörracher Opfern des Nationalsozialismus gedacht. Gemeinsam mit dem Künstler Gunter Demnig werden die acht Steine am Donnerstag, 24. September, 9 Uhr, verlegt.

Von Guido Neidinger

Lörrach. Etwa 300 000 Stolpersteine liegen bereits europaweit – die meisten in Deutschland. Mit der Verlegung der ersten acht Steine kommt laut Oberbürgermeister Jörg Lutz „ein langer und kontrovers geführter Diskussionsprozess zu einem guten Abschluss“. Lutz verhehlte bei der Vorstellung des Projekts am Mittwoch nicht, dass auch er anfangs skeptisch gewesen sei. Wichtig ist ihm, dass die örtliche Israelitische Kultusgemeinde hinter dem Projekt steht. Das ist nicht überall so. In München seien die Parteien derart zerstritten, dass sie nur noch über Anwälte kommunizieren, berichtete Fachbereichsleiter Lars Frick.

Gedacht wird in Lörrach mit den zehn mal zehn Zentimeter großen Messingplatten im Straßenbelag nicht nur der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus. Lutz begrüßt ausdrücklich „die große Ausgewogenheit zwischen den verschiedenen Opfergruppen“ und bekräftigte: „Es ist für Lörrach ein wichtiges Signal nun die ersten Stolpersteine zu verlegen. Die Erinnerung an alle Opfer des Nationalsozialismus bleibt für unsere Stadt eine dauerhafte Aufgabe. Gerade in der aktuellen Zeit ist es wichtiger denn je, immer wieder darauf hinzuweisen, was passieren kann, wenn wir nicht frühzeitig gegen Ausgrenzung und Intoleranz aufstehen.“

Vier Stolpersteine werden für die Familie Denz in der Luisenstraße 35 verlegt. Die Familie wurde wegen ihrer Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas ermordet. Ein Stolperstein wird für Heinz Leible in der Unteren Wallbrunnstraße 10 verlegt. Leible wurde aufgrund seiner vermeintlichen Homosexualität 1936 verhaftet und 1943 im Konzentrationslager Mauthausen ermordet. In der Teichstraße 9 werden vier Stolpersteine für die Geschwister Samuel, Bernhard, Isaak und Adele Beck verlegt. Die Familie Beck betrieb in der Teichstraße eine jüdische Metzgerei. Die Geschwister wurden im Oktober 1940 nach Gurs in Südfrankreich deportiert und starben entweder dort oder wurden später in verschiedenen Konzentrationslagern ermordet.

Lars Frick koordiniert die vielfältige Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus im Rathaus. Für ihn ist es „wichtig, dass wir nach der vielen theoretischen Aufarbeitung jetzt den ersten Schritt in der Umsetzung des realen Gedenkens tun“. Die Stolpersteine sind für ihn ein sichtbares Zeichen des Gedenkens. Davon verspricht Frick sich, dass auch Menschen erreicht werden, die dieses Thema bisher „noch nicht so sehr wahrgenommen haben“. Auch Frick betonte, dass man es mit dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus 75 Jahre nach dessen Untergang „nicht gut sein lassen darf“. Gerade die von zunehmender Fremdenfeindlichkeit und Rassismus geprägten vergangenen Jahre bis hin zu Terrorakten machten deutlich, „dass das Thema nach wie vor aktuell ist“.

Dennoch war auch Frick anfangs skeptisch, ob das Projekt Stolpersteine in Lörrach der richtige Weg ist. In einem langen Gespräch mit dem Künstler Gunter Demnig habe er sich jedoch davon überzeugen lassen. Diese Möglichkeit haben auch Bürger am Vorabend der Verlegung, am Mittwoch, 23. September, 19 Uhr, im Hebelsaal des Dreiländermuseums. In einem Vortrag berichtet Demnig über den bisherigen Verlauf des Projekts und seine Beweggründe sowie seine Erfahrungen aus gut 20 Jahren Stolpersteinen.

Der Künstler steht auch für Fragen zur Verfügung. Coronabedingt sind im Hebelsaal allerdings nur 35 Personen zugelassen. Das gilt auch für den Ausklang nach der Verlegung der Stolpersteine, ebenfalls im Hebelsaal. Anmeldungen sind dafür ebenso erforderlich wie für die Teilnahme an der Verlegung. Möglich ist dies per E-Mail an kultur@loerrach.de unter Angabe persönlicher Daten.

Jeder Bürger kann die Verlegung eines Stolpersteins beantragen. Die Anträge werden zunächst auf ihre historische Belastbarkeit geprüft. Jeder Stolperstein kostet 120 Euro. Die Kosten werden von den privaten Initiativen übernommen. Bei der Stadt liegen bereits weitere Anträge vor.

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