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Lörrach Wohlkalkuliert und mitreißend

Die Oberbadische
Gustav Frielinghaus (1. Violine), Lena Sandoz (2. Violine), Tomoko Akasaka (Viola) und Yves Sandoz (Violoncello) verschafften dem Publikum genussreiche und anregende Momente. Foto: Willi Vogl Foto: Die Oberbadische

Konzert: Das Amaryllis Quartett mit Haydn, Lutosławsky und Brahms im Burghof

Von Willi Vogl

Lörrach. Die Konzertsaison am Burghof ging am Sonntagabend mit einem eindrucksvollen Auftritt des Amaryllis Quartetts zu Ende. „Kultur ist ein Elixier, es gehört zum Leben dazu“, bekannte Burghof-Chef Markus Muffler und nutzte die Gelegenheit, sich beim treuen Publikum, dem engagierten Burghof-Team und den Sponsoren zu bedanken.

Die bewusste Setzung von stilistischen Kontrasten ist inzwischen ein dramaturgisches Markenzeichen des Amaryllis Quartetts. Mit Werken von Joseph Haydn, Witold Lutosławsky und Johannes Brahms verschafften Gustav Frielinghaus (1. Violine), Lena Sandoz (2. Violine), Tomoko Akasaka (Viola) und Yves Sandoz (Violoncello) auch dem Publikum genussreiche und anregende Momente.

Vor noch nicht allzu langer Zeit war das Vibrato auf Streichinstrumenten ein mehr oder weniger selbstverständliches wie unreflektiertes Ausdrucksmittel. Inzwischen hat es als automatisierter, immer gleichbleibender klanglicher Zuckerguss über jedweder musikalischer Gestalt bei modernen jüngeren Streichquartetten längst ausgedient. Mit welcher Feinheit das Amaryllis Quartett dieses und viele andere Gestaltungsmittel jedoch setzte, verblüffte.

Bereits mit Joseph Haydns „Lerchenquartett“ ließ das Ensemble durch eine kluge wie wirkungsvolle Interpretation aufhorchen. Da konnte man im Allegro moderato dem lieblichen Pianissimo-Gesang der Primgeige über plastisch phrasierte Begleitmuster der Unterstimmen lauschen. Das Adagio beeindruckte durch zartesten Klangschmelz in feinsten Konturen, lustvoll tänzerisch ging es im Menuett zu und mit allzeit bester feinmotorischer Kontrolle brillierten die vier Musiker im Finale.

„Begrenzte Aleatorik“ nannte Witold Lutosławsky seine kompositorische Gratwanderung zwischen genauer Festlegung und einer auf Zufälligkeit basierenden Freiheit. Bis auf wenige Knotenpunkte spielten die vier Musiker ihre Stimmen in dem 1964 komponierten Streichquartett rhythmisch und teilweise auch im Tempo voneinander unabhängig. Die gemeinsamen Ausdruckssphären ergaben sich vor allem durch die aufeinander abgestimmten Artikulationen.

Zu hören waren Klangfelder mit nervösem Pizzicato, schnarrenden Tremoli, gläsern gestrichener Mystik oder flirrendem Säuseln hinter dem Steg. Dem Verlust eines gemeinsam auf den Punkt inszenierten Ausdrucks standen individuell ausgelebte klangliche und motorische Freiheiten gegenüber, wie sie in einem üblicherweise koordinierten Spiel kaum zu erreichen sind. In diesem durch die Partitur nur dezent gelenktem Spiel der klanglichen Energien entstanden in der akkuraten Umsetzung Momente zwischen irritierender Isolation und irregulär zuckender Intensität.

Mit Johannes Brahms‘ Streichquartett B-Dur, Op. 67 setzte das Amaryllis Quartett einen vertrauten wie vielfarbigen Schlusspunkt. Blitzsaubere Unisoni, starke Kontraste zwischen präziser Ruppigkeit und kompakt blühender Lieblichkeit im Vivace, modulationsreiche Dramatik mit breitem Strich im Andante oder plastisch artikulierte Linien im Variationssatz waren die wohlkalkulierten wie mitreißenden Gestaltungsmerkmale des Ensembles. Ganz im Zeichen der Viola stand das Agitato. Über bebend nachschlagenden Begleitmustern bot Tomoko Akasaka ihren intensiven wie geschmeidigen Solopart dar.

Als Zugabe erklatschte sich das begeisterte Publikum den Schlusssatz von Joseph Haydns Vogelquartett.

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