Lörrach Zum Schluss tanzten alle

Die Oberbadische
Aliou Touré, Sänger, Einheizer, Gitarrist Foto: Veronika Zettler Foto: Die Oberbadische

Stimmenfestival: „Songhoy Blues“ im Rosenfelspark

Von Veronika Zettler

Lörrach. Am Samstag war es wieder unübersehbar: Blues ist keine Altersfrage. Die Kinder, die eingangs noch zur Musik von Témé Tan vor der Bühne eine Tanzshow erster Klasse hingelegt hatten, wurden später zwar nicht mehr gesichtet, das Publikum blieb altersmäßig aber trotzdem gut gemischt bei Stimmen im Rosenfelspark.

„Wenn er spielt, dann ist das so eine Trance-Sache“, sagte der amerikanische Gitarrist Ry Cooder über Ali Farka Touré, den 2006 verstorbenen Grandseigneur des Desert Blues. Eine Trance-Sache ist es ebenso mit der Musik von „Songhoy Blues“, vier malischen Jungs, die Ali Farka Touré zu ihren großen Vorbildern zählen. Wenn sie an Gitarre, Bass und Schlagzeug die ostinate Wiederkehr von Themen und Figuren in minutenlangen Passagen zelebrieren, baut das zwar wenig Spannung auf, aber es erzeugt einen hypnotischen Sog, geeignet, sich in Trance zu tanzen. Und das taten die Zuhörer. Rund 400 Besucher wogten und wippten am Samstag im Rosenfelspark bis zum Konzertende gegen 22.30 Uhr, gingen auf Kommando in die Hocke, klatschten Rhythmen, reckten die Arme in die Höhe und folgten diversen weiteren Animationen von Aliou Touré.

Keiner aber tanzte so unermüdlich und mit einer so eigenwilligen Compilation diverser Streetstyles wie er selbst: Aliou Touré, Sänger, Einheizer, Co-Gitarrist der Band Songhoy Blues. Ihr Wüstenblues – gelegentlich firmiert er als Desert-Punk – gab sich im Rosenfelspark rocklastig. Garba Touré (die drei Bandmitglieder mit Nachnamen Touré sind nicht verwandt) hat seine Spieltechnik unüberhörbar an Hendrix geschult und schien bereits nach der ersten Handvoll Akkorde eins geworden mit seiner Gitarre. Immer wieder richtete er den Blick verklärt Richtung Himmel, wo der Mond durch die Baumwipfel blitzte. Sah ja auch schön aus.

Auf seiner Fender Jazzmaster, wie gemacht für die gelegentlichen Exkurse in den Funk, stach der Aufkleber „Fear Of A Black Planet“ nach dem berühmten Public-Enemy-Album ins Auge. Mit einer weiteren Gitarre und einem Bass steckte die Fender-Familie auf der Bühne den Klangkosmos ab.

Logisch: Das Quartett hatte den Ohrwurm „Sahara“ im Gepäck, das Stück, das sie mit Iggy Pop auf ihrem zweiten Album „Résistance“ einspielten. Iggy krächzt darauf ein paar ironische Zeilen, beklagt etwa, dass es in der Wüste weder Pizza noch Kentucky Fried Chicken gebe und die Sahara allgemein einen zwielichtigen Ruf als großer, leerer Raum genieße. Wie in dieses sind auch in die anderen gespielten Stücke von Résistance, etwa „Mali Nord“ oder „Bamako“, politische Botschaften eingebettet.

Die Band, benannt nach den Songhoy, der mit knapp fünf Millionen Menschen fünftgrößten Bevölkerungsgruppe Malis, wurde in der Hauptstadt Bamako gegründet. Dorthin waren die Musiker geflüchtet, nachdem Dschihadisten 2012 den malischen Norden um Timbuktu eingenommen und, nebst vielem anderem, alle weltliche Musik verbannt hatten. Religion sei nicht da, um die Menschen zu spalten, mahnte Aliou Touré mit aufs Herz gelegter Hand. Dem Publikum dürfte der mitreißende Auftritt in Erinnerung bleiben.

Als Support hatte Témé Tan das Publikum auf Touren gebracht – ein moderner Alleinunterhalter, dessen Equipment ins Handgepäck passt, aber ein Maximum an tanzwütigen Sounds zu liefern imstande ist. Mit Mini-Keyboard, kleinem MIDI-Controller und einer winzigen Chiquita Travel Guitar fügte Témé Tan Klänge und Beats aus aller Welt zum homogenen Sound. Die vielfältigen Einflüsse hat der junge Musiker schon als Kind in sich vereint. In der Demokratischen Republik Kongo geboren, pendelte seine Familie zwischen Brüssel und Kinshasa. „Dieses Stück habe ich in Sao Paulo, beeinflusst von Samba und solchen Sachen, geschrieben“, kündigte der Mann an, der sich in Japan intensiv mit Pop befasst hat.

„Eigentlich bin ich ja für handgemachten Blues hergekommen“, meinte ein Zuhörer. Nichtsdestotrotz: Témé Tans Musik ging in die Beine.

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