Lörracher Burghof-Auftritt Florian Schroeder wird für seine parodistischen Künste bewundert

Tonio Paßlick
Florian Schroeder im Burghof: „Schluss jetzt“ lautet der Titel seines Programms zum Jahresende. Foto: Tonio Paßlick

„Schluss jetzt“ steht auf der Bühnenwand nach dem zweieinhalbstündigen Jahresrückblick von Florian Schroeder, der sein Heimpublikum im fast ausverkauften Burghof mit scharfer Analyse, dezidierten Kommentaren und mitreißenden Parodien begeistert.

„Schluss jetzt“ lautet der Titel seines Programms zum Jahresende, das Schroeder volksnah mit Analogien zwischen Fußball und Politik einleitet. „Wir mögen so Nachtwächter-devote Typen wie Löw und Flick“ räsoniert Schroeder. Um dann rasch auf die Wahl-Hochrechnungen umzuschwenken. „Auch eine kaputte Uhr geht zweimal am Tag richtig“ spricht er in das Stammbuch all derer, die die AfD verharmlosen. Haben wir nach der Wahl in Thüringen einen Gauleiter Höcke? Klarheit als Stilmittel: Wer das Kreuzchen bei der AfD macht, wählt rechtsradikal. Denn verantwortlich für einen Wahlerfolg der AfD sei der Wähler. Und er gibt Beispiele für die Kluft zwischen Anschein und Wirklichkeit – wie bei Alice Weidel, deren private Beziehung im diametralen Gegensatz zu ihren politischen Aussagen steht.

Schroeder redet, kalauert und witzelt, als ob er sich immer wieder im locker-flockigen Dialog mit dem Publikum befände: „Wir sind ja als Links-Grüne unter uns. Ach, wussten Sie nicht? Dann wissen Sie es jetzt!“ Satire und Selbstironie und unmissverständliche Standpunkte als Rezeptur für einen rhetorisch und inhaltlich brillanten Abend am Freitag vor Weihnachten.

Opfer-Täter-Umkehrung

Die Opfer-Täter-Umkehrung durchzieht diesen Jahresrückblick. Beim Thema „Gaza“ hält er den „Ja, aber…-Sagern“ unter den Linken vor, dass sich die Linken „ja immer als Opfer“ gefühlt hätten, Greta Tunberg sei „ein geborenes Opfer“ und die Makro-Aggressoren seien nicht so schlimm wie die Mikro-Aggressoren an der Harvard University. „Wir Linken“ in seinem Wohngebiet Prenzlauer Berg seien immer so friedlich – auf der Suche nach Opfern. Wer da einen Fehler macht, ist schnell draußen.

Mit Ausschnitten aus Fernseh-Talkshows und Interviews lässt sich trefflich parodieren, was bundespolitisch schwadroniert wird. Bei der „versuchten“ Legalisierung von Cannabis mit Hiphop Cem und Cannabis-Karl, den verschiedenen Bürokratie-Monstern, der letzten Generation und ihrer Methoden, die im verzweifelten Ausruf gipfelt: „Ich bin die vorletzte Generation, das ist das Beschissendste….“

Florian Schroeder überzeugt. Foto: Tonio Paßlick

Söder-Doppelmoral

Und während sich Schroeder abarbeitet an Markus Söder, der „bekanntlich den schwarzen Gürtel in Doppelmoral“ trägt, an der feministischen Außenpolitik, an Thommy (Gottschalk), der lebenden Legende, die sich selbst zerstört, am Wahl-Chaos in Berlin, der Zerstörung der SPD durch Nancy Faeser, der Suche nach Wildschweinen in Kleinmachnow, die sich als Löwen ausgeben, den „Friedenstauben“ Sarah Wagenknecht und Alice Schwarzer (weil sie „taub sind für Frieden“) und der Wagenknecht, die sich als Pfau der deutschen Politik mit ihrer Identitätspanik gegenüber Putin Gefahr läuft, sich selbst zu spalten, postuliert er am Ende eines rhetorischen Husarenritts Karsten Linnemann als „Mann des Jahres“, als gefühlten Halbdackel oder Grönemeyer-Verschnitt.

Unterhaltsam und witzig

Bayern kürt er als „Erstes deutsches Comedy-Bundesland“ – „Derfern Sie das?“ parodiert er „Hubsi“ Aiwanger. Ja, er darf. Er nimmt sich auch heraus, im zweiten Programmteil sein Heim-Publikum immer wieder anzufrotzeln, gleichsam selbstironisch und mit fast zärtlichem Unterton. Dazu eignet sich vor allem die Auslese der Karten, auf die sein Publikum schreiben darf, mit was und wem es alles Schluss machen möchte.

Alemannisch hat er nicht verlernt und so spielt er gekonnt manche Plattitüden aus, die man dem langsam sprechenden und in konservativen Werten verwurzelten Einheimischen gerne nachsagt: „Wer langsam schwätzt, fährt gerne schnell“. Keine Pfiffe, im Gegenteil: seine Bücher zur Beschreibung des Bösen in unserer Gesellschaft finden reißenden Absatz.

Denn Schroeder wird vor allem bewundert für seine parodistischen Künste, die er in einer meisterhaften Persiflage einer Markus-Lanz-Runde („Freu mich sehr, bin gespannt…“) mit den Top-Gästen Karl Lauterbach und Robert Habeck zelebriert. Und vor allem der jährlichen Zugabe, bei der das Publikum Namen von Prominenten zurufen darf, die Schroeder dann schlagfertig parodiert. Kabarett kann selbst in so düsteren Zeiten unterhaltsam und witzig sein.

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