Lörracher Geschäftswelt Stiefvater bietet mit hybridem Reisebüro neue Innovation

Marco Fraune
Bei der Eröffnung (v.l.): Sofia Tsalikidou vom Team Stiefvater24 Lörrach, Aron Stiefvater, Anna Lena Stiefvater, Pia Eichin (Nachwuchskraft bei Stiefvater24) und OB Jörg Lutz Foto: zVg

Der Welttourismustag der Vereinten Nationen steht seit 1980 stets am 27. September an. Das Familienunternehmen Stiefvater ist schon 1972 gegründet worden. Geschäftsführer Aron Stiefvater bewertet die jüngsten Entwicklungen im Touristik-Bereich.

Das Reisebüro selbst geht auch einen neuen Weg. Mit Stiefvater24 gibt es ein neues hybrides Reisebüro.

Wie bewerten Sie den Tourismus im Jahr 2023?

Das Verbinden von Menschen ist wichtiger denn je, Tourismus baut seit Jahrzehnten wichtige Brücken in der globalen Kommunikation und der Verständigung von Menschen, Völker und deren Kulturen. Dazu sorgt er bei vielen Menschen für eine Auszeit, einen Tapetenwechsel und die wichtige Erholung.

Aber gerade Massentourismus kann lokale Strukturen, Kulturen und Umwelt gefährden. Ist das in Beratungen verstärkt ein Thema?

Grundsätzlich haben mittlerweile die Destination selbst, die Reiseveranstalter, Reisebüros und auch die Kunden ein sehr gutes Gespür dafür, dass der übermäßige Massentourismus nicht gewünscht ist. Beispielsweise steuern große Kreuzfahrtschiffe nicht mehr in dem Ausmaß Venedig an. Botswana ist ein tolles Beispiel dafür, die Zahl der Einreisen zu gunsten der Natur zu begrenzen.

Nicht nur der Massentourismus, sondern die gesamte Touristik-Branche kamen zwischenzeitlich durch die Pandemie zum Erliegen. Was hat Corona verändert?

Die Menschen haben einen großen Nachholbedarf. Wir spüren sehr stark, dass die Menschen viele Wünsche und Träume nicht mehr auf die lange Bank schieben. Von Australien, Südamerika bis zur Malediven-Reise, immer wieder steht der „once a liftime“-Moment bei Reisen im Vordergrund.

Die Erlebnismöglichmacher sind die Fachkräfte. In der Gastronomie kommen diese nach Corona nicht wieder zurück an ihren Arbeitsplatz. Wie stellt sich die Situation im Tourismus dar?

Unser großer Vorteil und somit auch die Möglichkeit zu expandieren, ist, dass unser Familienunternehmen seit Jahrzehnten das Thema Ausbildung von eigenen Fachkräften lebt, weiter fördert und daher jährlich zahlreiche Nachwuchskräfte einstellt – auch in Pandemiezeiten. Am 1. September haben gesamt sechs Auszubildende bei uns gestartet, das ist branchenweit aber nicht Normalität. Klar werden auch hier Fachkräfte gesucht.

Wie viel Prozent Ihres Geschäfts ist denn schon jetzt im digitalen Kontext verortet?

Der Anteil ist offen gesprochen noch zu gering, um eine Aussagekraft zu erzeugen. Bis dato ist alles in Menschenhand, da wir in den vergangenen Jahren genau darauf den Schwerpunkt gelegt haben – konkret mit maßgeschneiderten Reisen und persönlichen Empfehlungen. Wir wollen auch, dass der Mensch eine zentrale Rolle spielt, doch der Trend geht in Richtung hybride Modelle, daraus ist Stiefvater24.de geboren.

Sie haben am Wochenende den ersten „Stiefvater24-Store“ in Lörrach eröffnet, ein hybrides Reisebüro. Gehen hier die digitale und analoge Welt eine Symbiose ein?

Stiefvater24 ist in letzter Konsequenz die Umsetzung unseres Leitbildes „Tradition trifft auf Innovation“. Wir geben dem Kunden die Möglichkeit, über unsere neue Plattform den Urlaub selbst auszusuchen und zu buchen – aber auch dort Angebote gegenchecken zu lassen. Die Kunden treten mit Reiseexperten in Kontakt, um den Urlaub noch einmal optimieren zu lassen. Das ist diese Symbiose.

Gleichzeitig gewinnen Sie so Kunden, die schon ein Angebot von einem anderen Anbieter vorliegen haben...

Mittlerweile ist der Angebots-Dschungel riesig, in einer Destination sprechen wir von tausenden Angeboten, die auf den Kunden zukommen – auch mit dutzenden Flugmöglichkeiten. Wir können mit einem geschulten Auge drüber schauen und alles durchchecken. Wir als regionaler Ansprechpartner hoffen damit natürlich, den Vorzug vor einem anonymen Callcenter beziehungsweise Anbieter zu erhalten.

Der Start ist gefeiert worden. Foto: zVg

Ist das Hybrid-Modell klar auf die Region konzentriert, oder schafft es Möglichkeiten für einen größeren Radius?

Wir sehen uns mit Stiefvater24 als regionale Marke mit regionalen Ansprechpartnern. So besteht beispielsweise bei Streik oder einer Naturkatastrophe die Möglichkeit, vor Ort ins Reisebüro zu kommen und mit dem Experten nach einer Lösung zu suchen. Das können wir nur regional leisten.

Wie viel Innovation steckt im Konzept? Sind Sie Vorreiter?

In diesem Bereich sind wir in Deutschland einer der „first mover“. Es gibt viele Online-Reisebüros und klassische Reisebüros. Aber wir bewegen uns nun genau dazwischen und das in Verbindung mit unserer Expertise, Erfahrung und Leidenschaft. Bei all der Digitalisierung ist der physische Store in der Region, besetzt mit Fachkräften, der Kern von Stiefvater24.de.

Gibt es schon weitere ins Auge gefasste Ladenlokale?

Klar gibt es Standorte, die für uns spannend wären. Zunächst möchten wir uns aber auf den ersten Store konzentrieren und das weiterhin sehr gut umsetzen. Im zweiten Schritt geht es dann um den Ausbau des regionalen Netzes mit passenden Standorten und natürlich auch Mitarbeitern.

Das Team will durchstarten. Foto: zVg

Sie haben vor dreieinhalb Jahren ein Café und ein Reisebüro im Weiler Ladenlokal „Kaffee & Kreuzfahrt“ zusammengebunden. Nun setzen Sie mit dem Hybridmodell eine neue Duftmarke. Welche Entwicklung und Innovationen folgen?

Es sind noch weitere Ideen und Kooperationen in der Pipeline. Doch zunächst ist uns wichtig, ein neues Konzept auch zum bestmöglichen Erfolg zu bringen. Hier befinden wir uns mit dem Kaffee & Kreuzfahrt in Weil am Rhein voll „auf Kurs“ und mit unserem Stiefvater24-Team sind wir ebenfalls hochmotiviert, besser zu sein als andere Online-Anbieter.

In Zeiten von KI: Werden wir in solchen Ladengeschäften beziehungsweise im Internet in zehn Jahren noch von Menschen beraten?

Ich glaube sehr stark an KI, doch glaube ich noch stärker an den Menschen. Menschen können Emotionen übertragen, wie es keine Maschine schafft. Dies gilt für die Person, die sie im Hotel empfängt und eincheckt, als auch für die freundliche Stewardess, ebenso für den Reiseexperten, der in einer wie auch immer gelebten emotionalen Weise berät. Das ist unschlagbar.

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