Malsburg-Marzell Kometenjagd bei klirrender Kälte

Birgit-Cathrin Duval

Astronomie: Für Fotoaufnahmen fährt Achim Schaller bis auf den Gotthard in den Schweizer Alpen

Kometen sind für Astrofotografen wie seltene Briefmarken für Philatelisten. Um den C/2023 E3 vor die Linse zu bekommen, ist Achim Schaller bis nach Andermatt an den Gotthard gefahren.

Von Birgit-Cathrin Duval

Malsburg-Marzell. Achim Schaller hatte alles in seiner Sternwarte vorbereitet, um den grünen Kometen zu fotografieren. Die Bedingungen sind derzeit ideal: Er befindet sich nah an der Erde und ist relativ hell. Doch über der Sternwarte in Marzell hängt in den Nächten eine dichte Wolkendecke. Kurzentschlossen fährt Schaller am frühen Mittwochmorgen gegen 0.30 Uhr los Richtung Gotthard. Im Gepäck eine dicke Daunenjacke, Skihosen, Stativ, Computer, zwei Kameras und ein Sternentracker. Am Mittwochnachmittag sitzt er mit glänzenden Augen in der Stube in Marzell. Ob von der durchwachten Nacht oder der erfolgreichen Kometenjagd? Vermutlich beides.

Kometen sind besonders

„Ich hätte ihn schon gerne in der Sternwarte fotografiert“, erzählt Schaller. Als Hobbyastronom und Astrofotograf sind ihm im Juli 2020 eindrucksvolle Aufnahmen vom Kometen Neowise mit seinem langen Schweif auf dem Hochblauen gelungen. Dieser Komet hingegen ist alles andere als imposant. Mit bloßem Auge ist er kaum auszumachen, im Fernglas kann man ihn höchstens als verwaschenes Fleckchen erkennen. Man muss schon ein bisschen verrückt sein, um für einen verwaschenen Punkt in der tiefsten Nacht bis in die Schweizer Alpen zu fahren. Achim Schaller lacht. Für Astrofotografen sind Kometen was Besonderes. Sie tauchen plötzlich auf, werden heller oder verschwinden plötzlich wieder. „Man weiß nie, wie sie sich entwickeln.“ Genau das macht es so spannend. „Sonst sehen wir Astronomen ja immer dieselben Sterne, Planeten und Galaxien am Nachthimmel.“

Gegen 3 Uhr morgens kam Achim Schaller an seinem Beobachtungsstandort beim Gotthard Hospiz auf 1500 Metern an. Es war klirrend kalt bei minus 10 Grad, sternenklarem Himmel und Mondschein. „Ich legte mich noch eineinhalb Stunden ins Auto schlafen, bis der Mond untergegangen war,“ erzählt Schaller. Denn das Mondlicht ist so hell, dass es bei der Beobachtung und beim Fotografieren stört. Auf dem Stativ und Sternentracker (der die Erdrotation mitführt, da sonst die Sterne auf der Aufnahme als Striche erscheinen), befestigte Schaller zwei Kameras – eine spezielle Astrokamera und seine normale Fotokamera mit Teleobjektiven. Die Aufnahmen der Astrokamera wurden direkt in den Computer eingespeist.

„Für eine Aufnahme muss ich acht Minuten belichten.“ Allerdings stellte der Computer nach einer guten halben Stunde aufgrund der Kälte und erschöpftem Akku den Betrieb ein. Fotografiert hat Schaller zwischen 5.30 Uhr und 6 Uhr, bis die astronomische Dämmerung begann. „Alleine draußen bei Schnee und Kälte unter dem Sternenhimmel, das ist schon eine besondere Atmosphäre“, beschreibt er seine Eindrücke. Erst kurz vor 6 Uhr sei ihm ein Mann auf der Gassirunde mit seinem Hund begegnet.

Hoffen auf klaren Himmel

Rechtzeitig zu Arbeitsbeginn war der Software-Entwickler dann wieder zu Hause im Home-Office. Die zahlreichen Aufnahmen hat er nach der Arbeit dann mittels Software „gestackt“, um aus den vielen Einzelfotos ein Bild zu generieren, das den Kometen optimal abbildet.

Nun hofft er indes auf einen klaren Himmel über dem Kandertal. Denn in rund einer Woche wird der Mond nicht mehr stören und der Komet kann während der Abendstunden beobachtet werden. Dann, so hofft der Marzeller Astrofotograf, kann er den Kometen von seiner Sternwarte in seinem Garten aus jagen und muss nicht mehr in die Schweiz fahren.

Schallers Fotografien sind unter anderem auf der Webseite www.astrobin.com, einem sozialen Netzwerk für Astrofotografen und auf seiner Homepage www.stern warte-marzell.de zu finden.

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