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Malsburg-Marzell Singer zieht es weg aus Berggemeinde

Markus Adler
Mario Singer kandidiert in der Gemeinde Münstertal. Foto:  

Der Bürgermeister von Malsburg-Marzell hat es ein drittes Mal getan: Er bewirbt sich erneut als Kandidat für einen Posten in einer anderen Gemeinde. Er tritt in vier Wochen in Münstertal an, sein Stand in der Berggemeinde wird dadurch noch schwieriger.

Der Bürgermeister von Malsburg-Marzell, Mario Singer, möchte gern ins Münstertal wechseln und hat sich als Kandidat für die dortige Bürgermeisterwahl am 22. Oktober beworben.

Am Dienstagabend entschied der Gemeindewahlausschuss über die Annahme der bis zum Ende der Bewerbungsfrist eingegangenen Vorschläge. Es ist bereits Singers dritte Kandidatur für einen Wahlposten als Bürgermeister oder Beigeordneter seit seiner Wahl in Malsburg-Marzell. Er wurde am 29. April 2018 im zweiten Wahlgang mit 45,0 Prozent zum Bürgermeister der Berggemeinde gewählt. Zweiter wurde damals Johann Albrecht mit 39,5 Prozent.

Singer sieht großes Potenzial im Münstertal

„Ich bin immerhin jetzt schon seit 5,5 Jahren Bürgermeister von Malsburg-Marzell“, sagt Mario Singer auf die Frage, warum er sich entschlossen hat, in Münstertal zu kandidieren, obwohl er 2020 zugesagt hatte, eigentlich seine ganze achtjährige Amtszeit in Malsburg-Marzell zu erfüllen.

„Ich kenne Bürgermeister Rüdiger Ahlers persönlich, der nicht mehr angetreten ist“, betont der 60-Jährige. „Es ist keine Entscheidung gegen Malsburg-Marzell, aber hier im Münstertal sehe ich eine Möglichkeit, durch meinen Schwerpunkt als Forstwirt und im Tourismus noch etwas mehr zu entwickeln“, sagt Singer auf Nachfrage unserer Zeitung.

„Ich habe diese Entscheidung kurzfristig nach reiflicher Überlegung getroffen. Ich bin der einzige amtierende Bürgermeister im Bewerberfeld bis jetzt, außerdem gab es aus Münstertal Interesse an meiner Person“, sagte Singer. „Sollte ich die Wahl verlieren, bleibe ich aber auf jeden Fall Bürgermeister in Malsburg-Marzell“, versichert er auf Nachfrage.

Mario Singer hat schon zweimal versucht, sich auf andere Verwaltungsposten zu bewerben. Bei der Bürgermeisterwahl in Badenweiler (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) kam er am 13. Oktober 2019 nur auf Platz vier. Vinzenz Wissler (70,8 Prozent), Kathryn Babeck (16,6 Prozent) und Uwe Sauer (5,8 Prozent) landeten vor ihm. Mario Singer verbuchte damals einen Stimmenanteil von fünf Prozent für sich.

Erst in Badenweiler,dann in Wernau

Am 21. Mai 2020 scheiterte Singer bei der Wahl zum Beigeordneten in Wernau im Landkreis Esslingen, einer Stadt mit 12 000 Einwohnern im Großraum Stuttgart. Diese beiden Kandidaturen waren in Malburg-Marzell nicht gut angekommen, genauso wie die Tatsache, dass der Rathauschef weiterhin in Freiburg wohnte, weil dort seine Familie ihren Lebensmittelpunkt hat.

Rahmenbedingungen lassen wenig Spielraum

Es ist außerdem kaum verwunderlich, dass der fehlende finanzielle Gestaltungsspielraum in der Berggemeinde das Regieren alles andere als einfach macht, da ständig nach Einsparungen gesucht werden muss – Beispiele waren die Schülerbeförderung, die Bewirtschaftung des Waldes und die Erhaltung der Infrastruktur.

Das Bild, das sich beim Gespräch mit vier von zehn Gemeinderäten mit unserer Zeitung ergibt, ist das eines nahezu vollständigen Vertrauensverlusts. Zwei Räte haben über Gerüchte einer Kandidatur in Münstertal gehört, für die beiden anderen war es eine Überraschung. „Es kommen harte Zeiten auf Malsburg-Marzell zu“, sagt Karlheinz Beyerle, der mit 80 Jahren der älteste Gemeinderat in der Berggemeinde ist.

Die meisten deuten es als eine Art Flucht und sehen es als einen Wortbruch an, dass er seine Ankündigung von 2020 nicht einlösen möchte. Schwierige Verhältnisse bis zu einer politischen Blockade sind insbesondere für den Fall zu erwarten, dass Mario Singer in Münstertal keinen Erfolg mit seiner Kandidatur haben wird. „Das Vertrauen ist endgültig weg“, sagt einer der Gemeinderäte.

Er verweist darauf, dass alles schwierig wird, wenn das gegeben Wort eines Bürgermeisters nichts mehr gelten soll, wenn er sich später daran nicht mehr gebunden fühlt. Dabei gibt es nicht nur zwischenmenschliche Probleme, sondern vor allem auch Kritik an der fachlichen Eignung des Bürgermeisters. Es gibt offene Rücktrittsforderungen aus dem Gemeinderat – die nächste Ratssitzung ist am 16. Oktober.

„Ich habe für diesen Schritt sogar menschlich Verständnis“, sagt Karlheinz Beyerle, der sich immer ein wenig in der Vermittlerrolle gesehen hat. Er sieht aber die Verantwortung für die verfahrene Situation zwischen Gemeinderat und Bürgermeister auf beiden Seiten. „Das hatte sich in letzter Zeit etwas beruhigt, aber ich glaube nicht wirklich, dass er es im Münstertal schafft“, sagt Beyerle. Es dürfte in der Berggemeinde äußerst schwierig werden, unter den gegebenen Umständen überhaupt noch Kandidaten für die Kommunalwahl zu finden, denn auch er hat sich aus Altersgründen entschlossen, 2024 nicht mehr anzutreten.

„Er steht sich selbst im Weg, ist aber nicht in der Lage, auf wohlmeinende Ratschläge zu hören“, sagt Gemeinderat André Hintenaus. „Es ist jetzt das dritte Mal, wir treiben ihn ja nicht weg“, betont er und sieht nur einen Ausweg: „Wenn er in Münstertal nicht gewählt wird, muss er zurücktreten.“ Es habe in der Vergangenheit nur Zusagen gegeben, die Singer nicht eingelöst habe. Es haben nun mehrere Gemeinderäte eine E-Mail an Bürgermeister Mario Singer geschrieben, in dem sie ihn offen zum Rücktritt auffordern.

Dierk Kielching wurde von der Nachricht auch überrascht, kann sich aber vor allem eines Eindrucks nicht erwehren: „Es geht immer nur um ihn und um nichts anderes.“ Auch er zählt zu den Gemeinderäten, die keine Basis mehr für eine konstruktive Zusammenarbeit sehen. Von Seiten des Gemeinderats seien alle Möglichkeiten versucht worden, die vorhandenen fachlichen Probleme anzugehen – bis hin zur Kommunalaufsicht. „Wir haben uns in den vergangenen Jahren wirklich bemüht, im Sinne der Gemeinde etwas Positives zu erreichen“, betont er. Der erste Bürgermeister-Stellvertreter und langjährige Gemeinderat Manfred Wetzel sagt: „Ich bin einfach persönlich von ihm enttäuscht, aber habe als sein Stellvertreter immer versucht, das Ganze positiv anzunehmen.“ Auf die Frage, ob er Mario Singer unter den gegebenen Umständen für nicht mehr tragfähig hält, sagt er: „Das sehe ich auch so.“ Er hat persönliche Konsequenzen schon gezogen und wird im kommenden Jahr nicht mehr für den Rat kandidieren.

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