^ Mangelnder Brandschutz: Plötzlich obdachlos: Mieter müssen Wohnungen per sofort verlassen - Schopfheim - Verlagshaus Jaumann

Mangelnder Brandschutz Plötzlich obdachlos: Mieter müssen Wohnungen per sofort verlassen

Anja Bertsch
Etwa ein Dutzend Wohnungen befinden sich in dem betroffenen Gebäude. Foto: Anja Bertsch

21 Menschen müssen ihr Zuhause in einem Mehrfamilienhaus in Schopfheim auf Anordnung des Landratsamtes von heute auf morgen räumen. Als Grund nennt das Amt eklatante Brandschutzmängel. Die Menschen – darunter eine siebenköpfige Familie – sind nun obdachlos und werden von der Stadt teils in Notunterkünften untergebracht.

21 Menschen müssen ihr Zuhause in einem Mehrfamilienhaus in Schopfheim auf Anordnung des Landratsamtes von heute auf morgen räumen. Als Grund nennt das Amt massive  Brandschutzmängel. Die Menschen – darunter eine siebenköpfige Familie – sind nun obdachlos und werden von der Stadt teils in Notunterkünften untergebracht.

Die Nachricht erreichte die Betroffenen am Donnerstag um die Mittagszeit: „Die Nutzung ihrer Wohneinheit wir ihnen ab sofort untersagt“, heißt es im Schreiben des Landratsamtes, das den Bewohnern der etwa ein Dutzend Wohnungen zugestellt wurde. Als Grund nennt das Landratsamt auch Rückfrage unserer Zeitung „erhebliche, nicht tragbare Brandschutzmängel“. Die Behörde führt insbesondere das Fehlen von Rettungswegen ins Feld. Ein milderes Mittel sei nicht ersichtlich.

„Sofort heißt auch sofort“

"Sofort heißt auch sofort“, schildert einer der Bewohner, was der zuständige Mitarbeiter im Landratsamt auf seine Rückfrage geantwortet habe. Der Familienvater kommt soeben mit dem zweitjüngsten Sohn vom Schopfheimer Rathaus: Er, seine Partnerin und die fünf Kinder können und müssen kurzfristig – eigentlich heute noch – in eine Notunterkunft in Hausen ziehen, erzählt er erstaunlich gefasst. Zu klein eigentlich das Domizil, und sicher nichts Tolles – aber besser als nichts. „Wir schauen, dass wir es uns irgendwie heimelig machen.“

Ein zweiter Hausbewohner, seit Jahrzehnten in dem Haus daheim,  ist sichtlich vor den Kopf gestoßen angesichts der Obdachlosigkeit, in der er sich aus heiterem Himmel befindet. „Die Stadt kann mir auf die Schnelle nur ein Zimmer in der die Obdachlosenunterkunft im Dammweg anbieten“, erzählt er – eine Option, die für ihn keine Option ist. Er kann nun vorübergehend bei seiner Schwester unterschlüpfen. Eigentlich auch keine Option – aber auch hier: Besser als nichts. Ein weiteres Paar ist auf die Schnelle ebenfalls privat untergekommen.

Status „obdachlos“

Die übrigen Betroffenen haben sich noch nicht bei der Stadt gemeldet, müssen im Zweifel aber ebenfalls von dieser untergebracht werden. „Grundsätzlich ist die Stadt Schopfheim für die Unterbringung der Personen zuständig, da diese durch die Räumung den Status ’obdachlos’ erhalten“, bestätigt Markus Krispin als Pressesprecher der Stadt.

Vor-Ort-Termin zeigt massive Mängel

Wie aber konnte es so weit kommen? Fest steht: Bei einem Ortstermin von Brandsachverständigen des Landratsamtes am 3. April wurden in dem Gebäude massive Mängel in Sachen Brandschutz festgestellt.

„Gefahr für Leib und Leben“

Dass die Räumung nun aber so schnell gehen muss und die Betroffenen derart überrumpelt, liegt, so scheint es, an einem Versäumnis der Hauseigentümerin, die offenbar nicht auf den behördlichen Warnschuss reagiert hat: „Dem Eigentümer wurde nach dem Ortstermin Zeit bis zum 14. April eingeräumt, Maßnahmen gegen die eklatanten Brandschutzmängel zum Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner zu ergreifen. Da hier im Brand- oder Rettungsfall wegen der vorgefundenen eklatanten Brandschutzmängel grundsätzlich eine Gefahr für Leib und Leben besteht, kann hier keine längere Frist gewährt werden“, schreibt Torben Pahl als Pressesprecher des Landratsamtes. Subtext: Die Frist wurde von der Besitzerin offenkundig nicht genutzt. Weiterer Aufschub sei nun nicht möglich, so Pahl weiter: Ein solcher Notfall könne jederzeit eintreten, „daher ist diese Kurzfristigkeit notwendig.“ Für eine persönliche Stellungnahme war die Besitzerin von unserer Zeitung bislang nicht zu erreichen.

Notiz im Hausgang

Nachdem die Vermieterien also offenbar weder auf die behördliche Ansprache reagiert noch sich bei den betroffenen Mietern gemeldet und diese informiert hatte, fanden die Hausbewohner am Donnerstag einen Zettel im Hausgang, so schildern sie es. „Ich bitte Alle, ’auch wenn es schwer fällt’ den Anweisungen der Behörde folge zu leisten und Ruhe zu bewahren! Wenn möglich versuchen Sie im vertrauten Kreis bei Familien Freunden und Verwandten unterzukommen, damit die Stadt Sie nicht in Notunterkünfte bringen muss“, steht da.

Widerspruch zwecklos

Ein Ratschlag, der den Bewohnern im Moment nur bedingt weiterhilft: Sie müssen ihre Wohnungen von jetzt auch gleich verlassen – und würden dazu im Zweifel gezwungen, bestätigt das Landratsamt: „Im äußersten Fall muss die Räumung zwangsvollstreckt werden.“ Auch ein möglicher Widerspruch gegen die Nutzungsuntersagung hätte demnach keine aufschiebende Wirkung. „Da hier wegen der deutlichen Brandschutzmängel jederzeit eine Gefahrensituation für Leib und Leben eintreten kann, ist eine sofortige Räumung unerlässlich.“

Wie geht es weiter?

Und wie weiter? „Die Nutzungsuntersagung gilt so lange, bis der Brandschutz durch den Eigentümer hergestellt wurde“, stellt Kreissprecher Torben Pahl klar. Welcher Aufwand dafür nötig ist und wann das soweit sein könnte, sei nicht absehbar.

Die Vermieterin ihrerseits kündigt in dem Schreiben an die Mieter an, „mit Rechtsbeistand die ganze Angelegenheit zu prüfen“. Sie hoffe, dass bald alle wieder in ihre Wohnungen zurückkehren dürften. Ob die Mieter aber überhaupt zurückwollen, ist unsicher: „Früher war das ein tolles Wohnen hier. Inzwischen aber sind die Verhältnisse schon lange so, dass man eigentlich wegwill“, sagt der Familienvater. „Nur: Für uns als große Familie ist das nicht so einfach.“

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