Müllheim Eine ganz andere Art von Denkmal

Weiler Zeitung
Waclaw Zenszykiewicz als 36-Jähriger bei seiner Arbeit in einer Gärtnerei in Kandern. Das Foto hat Johannes Beyerle durch Gespräche mit Zeitzeugen erhalten. Foto: Archiv JB

Künstlergespräch: Johannes Beyerle über den Mord an Waclaw Zenszykiewicz im Steinbruch bei Kandern

Im Rahmen der Sonderausstellung „Nachkriegsjahre 1945-1952“ im Markgräfler Museum Müllheim findet am Samstag, 2. Oktober, 18 Uhr, ein Künstlergespräch mit Johannes Beyerle aus Vogelbach statt. Es geht um den Mord an Waclaw Zenszykiewicz im Steinbruch bei Kandern.

Müllheim/Kandern. Durch die große Zahl von Displaced Persons, ehemalige Zwangsarbeiter, die nach dem Krieg in Müllheim untergebracht waren, ist deren Schicksal ein Schwerpunkt der Museumsausstellung.

38 Zwangsarbeiter öffentlich hingerichtet

Mehr als 38 polnische Zwangsarbeiter ließen Beamte des Geheimen Staatspolizeiamts Karlsruhe in Südbaden während des Zweiten Weltkriegs öffentlich hinrichten. Zu ihnen gehört auch Waclaw Zenszykiewicz, den die Gestapo-Außenstelle Lörrach im Steinbruch bei Kandern-Sitzenkirch am 29. Oktober 1941 erhängte und mit dessen Schicksal sich Johannes Beyerle seit mehr als 20 Jahren in Zeichnungen, Plastiken und Reliefs auseinandersetzt.

Der Gesprächsabend ist eine Museumskooperation mit dem Förderverein Erinnerungskultur Müllheim. Beyerle spricht mit der Historikerin Kathryn Babeck über seine Arbeiten, die sich mit dem grausamen Verbrechen beschäftigen. Museumsleiter Jan Merk wird in den Abend einführen.

Tiefe Spuren, Betroffenheit und Traumata

Die Hinrichtung von Waclaw Zenszykiewicz war die erste im Bezirk Müllheim. Mit dem Tode wurden Zwangsarbeiter wegen Tätlichkeit gegenüber dem Arbeitgeber, angeblicher Sabotagehandlungen und vor allem bei Verstößen gegen die auferlegte Lebensführung wie einem Liebesverhältnis zu einer deutschen Frau bestraft. Die deutschen Frauen wurden zumeist öffentlich herabgewürdigt und in Konzentrationslager gebracht. Für die Hinrichtungen gab es detaillierte, fast drehbuchartige Vorgaben. Im Deutschen Reich fanden tausende solcher Exekutionen statt, die vor Ort bis heute tiefe Spuren, Betroffenheit, Verunsicherung und Traumata hinterlassen.

Gespräche mit zahlreichen Zeitzeugen

Für seine Arbeiten hat Johannes Beyerle mit zahlreichen Zeitzeugen gesprochen. Regelmäßig besucht er den Steinbruch. Dabei fühlt er sich in einem unauflösbaren Dilemma: Es handelt sich um eine schöne Landschaft und zugleich ist es ein Ort mit einer schrecklichen Geschichte. In seinen Arbeiten interessieren ihn das Zuwachsen und das Zuschütten des Steinbruchs und die damit verbundene Veränderung der Erinnerung. Er zeichnet die Landschaft skizzenhaft, arbeitet bildhauerisch mit Lehm, macht sich auf die Suche nach dem Gesicht von Waclaw Zenszykiewicz und widmet ihm eine ganz andere Art von Denkmal.

Bedeutung der Kunst für Erinnerungskultur

In dem Künstlergespräch geht Kathryn Babeck den Fragen nach, warum Johannes Beyerle sich so intensiv mit diesem Thema beschäftigt, welche Bedeutung die Kunst für die Erinnerungskultur hat, was wir aus künstlerischer Perspektive über dieses Verbrechen erfahren können und warum diese Hinrichtung im Gegensatz zu anderen nationalsozialistischen Verbrechen nicht Teil des kollektiven Gedächtnisses sind.

Das Gespräch findet in der Begegnungsstätte des Elisabethenheims in Müllheim statt, Zugang über den Museumshof. Eine Anmeldung im Museumsbüro unter Telefon 07631/801-520 (vormittags) oder per Mail museum@muellheim.de sowie ein 3-G-Nachweis sind erforderlich.

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