Müllheim Ereignisreiche Entdeckungsreise

Weiler Zeitung
Auf „echten“ Scherers sitzen: Auch die Bänke im großen Saal wurden vom Künstler entworfen und gebaut. Foto: Dorothee Philipp Foto: Weiler Zeitung

Kunst: Ausstellung zum 90. Geburtstag Karlheinz Scherers im Markgräfler Museum Müllheim

Mit einer großen Sonderausstellung unter dem Titel „Querstrom“ würdigt das Markgräfler Museum Müllheim den in Lörrach geborenen Maler Karlheinz Scherer. Anlass ist der 90. Geburtstag des 2009 verstorbenen Künstlers.

Von Dorothee Philipp

Müllheim. Die einführenden Worte zur Vernissage sprach die Kunsthistorikerin Margitta Brinkmann aus Köln, die an einem Werkverzeichnis Scherers arbeitet und auch den Beitrag zu Scherer im neusten Band der Baden-Württembergischen Biografien verfasst hat. Zur Ausstellungseröffnung gekommen war auch Margret Scherer, die Witwe des Künstlers.

Brinkmann stellte in ihrer Einführung einen Maler vor, dessen erste Jahre von Krieg und Nachkriegszeit geprägt waren. Die außergewöhnliche Begabung des jungen Mannes hatte Professor Adolf Strübe entdeckt, als er Zeichnungen Scherers in der Autowerkstatt des Vaters sah, wo Scherer nach dem vorzeitigen Schulabgang vom Hans-Thoma-Gymnasium eine Lehre als Kfz-Mechaniker begonnen hatte. Strübe, Mitbegründer der Badischen Secession, hoch geachteter Maler und Universitätsprofessor, riet dem jungen Lehrling zu einer künstlerischen Ausbildung. Scherer begann daraufhin 1951 ein Kunststudium bei Strübe an der Akademie in Freiburg und erhielt schon 1954 den Landeskunstpreis der Jugend.

Scherer hielt in seinen Bildern am Gegenständlichen fest, obwohl sich die Kunstsprache der Nachkriegszeit dem Abstrakten zuwandte, nachdem das Figürliche durch die Kunst der Nazizeit zunächst diskreditiert war. Später ordnete man ihn als süddeutschen Vertreter der „Neuen Figuration“ ein, wie Brinkmann darlegte. Die Pop-Art habe Scherer später weiter darin bestärkt, die Gewissheiten der Zivilisation zu hinterfragen und ihn zu einer eigenwilligen Interpretation des Neuen Realismus beflügelt.

Düstere Farben und undurchdringliche Formengeflechte

Geheimnisvoll unergründlich sind die Übermalungen von eigenhändigen Kopien Alter Meister, die Scherer hinter einem schier undurchdringlichen Geflecht von Formen und meist düsteren Farben fast zum Verschwinden bringt. Eins dieser Gemälde „Tintoretto 4“ befindet sich in der Dauerausstellung des Markgräfler Museums.

Kuratiert hat die Ausstellung die Künstlerin Susi Juvan, die Scherer persönlich gekannt hatte. Meisterhaft nutzt sie das Treppenhaus und die Räumlichkeiten des Nordflügels zur Inszenierung der Kunst Scherers, als ereignisreiche Entdeckungsreise. Sie lässt die „Blätter im Fluss“ als Riesenformat den Wintergarten dominieren und stellt ihnen nur das kleinere Format „Blondes Unheil“ zur Seite. Sie zeigt in den beiden Kabinetten den Reichtum an Kontrasten in Motivwahl und Technik. So entdeckt man erst bei näherem Hinsehen, dass die feinen „Pinselstriche“ auf einem titellosen, als Mischtechnik qualifizierten Bild echte Haare sind. Die Stirnseite des Tanzsaals beherrscht das Großformat „Karfreitagbild“, ein Werk aus der „Fensterbilder“-Serie. Hier hat Scherer den Teil eines hölzernen Fensterkreuzes in die Malerei einbezogen. Und vis-à-vis sendet der „Zerbrochene Spiegel“ als lautlose Explosion seine Energieströme in den Saal.

Karlheinz Scherers Werke sind selten zu sehen.

Museumsleiter Jan Merk thematisierte das historische Wohnhaus in Kirchen, das Scherer durch Um- und Ausbauten als „Gesamtkunstwerk“ inszeniert hatte, in dem sich die Kunstszene der Regio traf. Und Scherer habe sogar Mobiliar entworfen, sagte Merk. Die Bänke, die im großen Saal die Museumsbesucher zum Sitzen und Betrachten einladen, sind ebenfalls echte „Scherers“.

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