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Müllheim Für eine Zukunft der Landwirtschaft

Alexander Anlicker
„Zwei PS“ führten den Demonstrationszug mit rund 200 Traktoren an. Foto: Alexander Anlicker

Die Landwirte aus dem Markgräflerland haben am Mittwoch ihren Protest gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung fortgesetzt. Die Kundgebung auf dem Markgräfler Platz fand reges Interesse.

Am frühen Mittwochmorgen trafen sich mehr als 200 Landwirte aber auch Unterstützer aus Handwerk und Gewerbe auf dem Landesgartenschau-Parkplatz in Neuenburg. Angesichts der winterlichen Straßenverhältnisse haben die Landwirte auf die Blockade der Autobahnzufahrt verzichtet, spüren sie doch auch einen großen Rückhalt in der Bevölkerung. Angeführt von einem Pferdegespann setzten sich dann 214 Fahrzeuge, darunter laut Zählung der Polizei 184 Traktoren in Richtung Müllheim in Bewegung. Der Protestzug führte zunächst durch die Neuenburger Innenstadt und weiter über die Richtbergspange nach Müllheim zum Markgräfler Platz, wo die Abschlusskundgebung stattfand.

Die Traktoren waren auf dem Parkplatz der Neuenburger Landesgartenschau für den Start zum Protestzug aufgestellt. Foto: Alexander Anlicker

Immer mehr oben drauf

Hier dankte der Organisator und Vorsitzende des Kreisverbands Müllheim des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands, Michael Fröhlin, auch den Gewerbetreibenden, die sich zu den Landwirten bekennen und sich solidarisch zeigten. „Letztes Jahr waren wir systemrelevant und jetzt sind wir Klimakiller“, sagte er und ergänzt: „Die Politik wusste nichts besseres als bei den Landwirten eine Milliarde Euro einzusparen.“ Es gehe nicht um den Agrar-Diesel und die Kraftfahrzeugsteuer sondern die Belastungen der vergangenen Jahre. Bei den Anforderungen werde immer mehr obendrauf gesetzt, sagte Fröhlin mit Blick auf die Themen Klima, Boden, Wasser, Erosion, Bienen und Tierwohl. Gleichzeitig würden die Landwirte alleine gelassen. „So geht es nicht!“, betonte er.

Probleme ähneln sich

Wie sehr sich die Probleme von Kommunen und Landwirten ähneln, machte der Vorsitzende des Kreisverbands Breisgau- Hochschwarzwald des baden- württembergischen Gemeindetags, Christian Ante, deutlich. „Politische Vorgaben gibt es viele, die finanziellen Mittel reichten dafür aber nicht aus“, sagte der Bürgermeister von Merzhausen und designierte Landrat. Als Beispiel nannte er die Schulbauförderung. Für eine kleine Schulsanierung braucht es zur Antragsstellung schon zusätzliches Personal oder externe Fachleute. Damit nicht genug, eine europaweite öffentliche Ausschreibung der Planungsleistungen koste einen fünfstelligen Betrag und sorge für ein halbes Jahr Zeitverzug. Das sehe bei den Landwirten nicht anders aus.

Eingriff ins Eigentum

Boden, Arbeit und Kapital seien die bäuerlichen Grundpfeiler, erklärte Egon Busam, BLHV-Vizepräsident, und beklagte die Eingriffe in die Eigentumsrechte. Wenn ein Winzer am Kaiserstuhl keine Pflanzenschutzmittel einsetzen dürfe, dann seien die Rebberge dort wertlos, sagte er mit Blick auf die dortigen Steillagen. Die Politik müsse mit den Leuten Reden und Übergangsfristen schaffen, mahnt er an. Auch könne es nicht sein, dass wenn die Belastungen beim Agrar-Diesel rückgängig gemacht werden, das Geld an anderer Stelle beim Landwirtschaftsetat weggenommen werde, sagte er. Er rief die Landwirte dazu auf, bei den Kommunalwahl zu kandidieren, egal bei welcher Partei.

Wohin soll die Reise gehen?

„Jetzt ist das Fass übergelaufen. Die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft müssten dies zur Kenntnis nehmen“, sagte der Präsident des Badischen Weinbauverbands, Rainer Zeller. Die Region lebe nicht nur von Weinbau und Landwirtschaft, sondern auch vom Tourismus, machte er auf die Bedeutung der Landwirte und Winzer für die Kulturlandschaft aufmerksam. „Wir müssen einen Weg finden, die Kulturlandschaft zu erhalten“, meinte er, aber die Politik müsse entscheiden, wohin die Reise geht. Wenn die Politik nicht wolle, dass die Steillagen bewirtschaftet werden, gingen die Winzer mit ihren Reben aufs flache Land. Die Funktionäre in Weinbau und Landwirtschaft versuchen alles, was möglich ist, um den Weg für junge Winzer und Landwirte zu ebnen und ihnen eine Chance zu geben.

In seinem Grußwort freute sich der Lörracher BLHV-Kreisvorsitzende Heinz Kaufmann darüber, dass sich so viele engagierten. Auch er findet es wichtig, dass „für die Jugend eine Zukunft geschaffen wird“. Die Regularien müssen weniger werden, forderte er. „Wenn es den Tieren gut geht, geht es auch uns gut“, sprach er das Thema Tierwohl an. Investitionen ins Tierwohl verursachten jedoch viele Kosten, die über das „Produkt“ nicht wieder reingeholt werden können, stellte er fest.

Heinz Kaufmann Foto: Alexander Anlicker

Polizei lobt Veranstalter

„Es gab keine Verstöße. So macht Demo Spaß“, kommentierte der Leiter des Müllheimer Polizeireviers, Polizeioberrat Thomas Müller, den Demonstrationszug. Er lobte den friedlichen Protestzug sowie die gute Planung und Zusammenarbeit.

Die Landwirte wehren sich gegen die Vereinnahmung von Rechts. Foto: Alexander Anlicker

„Es sind auch Leute da, die es nicht so ehrlich meinen. Demokratie ist ein hohes Gut. Wir leben in einem tollen Land, und ich weiß nicht ob ich mit einem anderen Land tauschen würde“, hatte Christian Ante in seiner Rede betont. Woraufhin es kurze Zwischenrufe von einer Handvoll Personen aus der Müllheimer Querdenkerszene gab, die sich auf dem Markgräfler Platz unter die Teilnehmer gemischt hatte.

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