Müllheim Hyperpräzision in den Reben

Dorothee Philipp
Hermann Dörflinger junior, Sascha Durand und Wasilij (v.l.) mit der satellitengestützten Rebensetzmaschine im Müllheimer Reggenhag. Im Vordergrund ein Bündel Jungpflanzen mit rotem Wachsüberzug. Foto: Dorothee Philipp

Landwirtschaft: Sascha Durand benutzt beim Setzen junger Pflanzen modernste Computertechnik.

Müllheim - Schnurgerade Furchen, in denen die rot lackierten Köpfchen von jungen Rebstöcken so akkurat in Reihen stehen, als hätte da jemand mit Lineal und Geodreieck nachgemessen, auf den Zentimeter genau und weit und breit kein grünes Hälmchen, das die Geometrie des Bilds stört. Es ist eine computergesteuerte Setzmaschine, die mit Satellitenortung diese Präzision ermöglicht, mit der die Jungpflanzen in den Boden kommen.

Und da sollen sie auch eine Weile bleiben, meint Hermann Dörflinger junior, der die Pflanzaktion in Augenschein nimmt. 40 Jahre Lebensdauer haben diese Pinot-Klone, die er im Burgund eingekauft hat. „Sie haben kleinere Beeren und bringen mehr Qualität als die hier gängigen Spätburgundersorten“, sagt Dörflinger.

Gut Ding will Weile haben: Erst im sechsten Jahr liefern die jungen Reben ihren vollen Ertrag. Was es mit dieser Hyperpräzision beim Pflanzen auf sich hat? Da sind zunächst die Grundstücksgrenzen, zwischen denen die genaue Zahl der Reihen ermittelt wird, alle im gleichen Abstand. „Früher hat es manchmal einen ganzen Tag gedauert, bis man die Grenzsteine gefunden hat“, erinnert sich Dörflinger. Denn in den Jahrzehnten, in denen die Reben am selben Platz bleiben, werden die wegen der maschinellen Bearbeitung bodenebenen Markierungen überwuchert und mit Erde bedeckt.

Und auch die Abstände der Pflanzen in den Reihen sind wichtig: Sie entscheiden über Belüftung und Belichtung der Pflanzen. Auf dem Traktor sitzt Lohnunternehmer Sascha Durand aus Königschaffhausen. Auf dem Pflug mit der Setzmaschine „fädelt“ Wasilij die Jungpflanzen in ein sich langsam drehendes Rad, das die Rebe in den Boden schiebt.

Technik ist kostspielig

Das Ungetüm aus Stahl, das aussieht wie aus einem Transformer-Film, ist ein Wunderwerk der Technik. Es empfängt seine Signale von 21 Satelliten, die hoch oben um den Erdball sausen. Eine Referenzstation am Boden, auf einem Stativ, die an die Geräte der Landvermesser erinnert, nimmt diese Signale auf und gibt sie als Befehle an die Setzmaschine weiter, die je nach Lage, Größe und Steilheit des Grundstücks für den aktuellen Auftrag programmiert wird. Diese Technik hat ihren Preis: 100 000 Euro kosten die digitalen Komponenten, dazu kommen 40 000 Euro für das Gerät selbst, berichtet Durand. Er hat vor zehn Jahren in diese Anschaffung investiert und pflanzt seitdem für Landwirte, Winzer, Obstbauern oder Förster Kirschen, Mirabellen, Rosen, Tannenbäume oder eben Rebstöcke. Sogar in Rumänien mit seinen riesigen, Quadratkilometer großen Landwirtschaftsflächen hat Durand mit der Setzmaschine schon gearbeitet, das Gespann samt Traktor hatte eine Spedition zum Einsatzort gebracht. Weltweit gebe es nur etwa 45 Maschinen dieser Art, sagt Durand.

Der Tag, an dem er im Reggenhag arbeitet, ist gut geeignet für das Setzgeschäft. Nicht zu nass, nicht zu trocken, und so rutschen die Setzlinge im Sekundentakt in den Boden. Wenn das Gelände ebener ist, schaffe er so pro Stunde 20 Ar, sagt Durand. Dörflinger hat seine Rebstücke, die er in diesem Jahr neu bepflanzen will, gut vorbereitet: nach dem Herbst zuerst die Pfähle und Drahtanlagen entfernt und die alten Rebstöcke gerodet, später den Boden gefräst und einen Meter tief gelockert.

Bessere Anwachsrate

Die maschinell gesetzten Pflanzen haben eine bessere Anwachsrate als konventionell gesetzte, sagt er.

Bei einer Betriebsgröße wie der seinen von etwa 20 Hektar sind jedes Jahr Neupflanzungen fällig, sagt Dörflinger. Er arbeite auch eng mit Veredelungsbetrieben im Markgräflerland zusammen, beziehe aber auch gelegentlich Jungpflanzen aus Südtirol oder Burgund. Und schneidet auch selbst Reiser aus den besten Stöcken, die er dann an die Veredler gibt. Immer die maximal mögliche Qualität im Blick.

Inzwischen kommt Durand die letzte Gasse hochgefahren und biegt auf den Wirtschaftsweg ein zum nächsten Einsatzort. Dort drüben liegt das Rebstück Dörflingers, man kann es auch von weitem gut sehen: eine mustergültig gefräste, komplett vegetationsfreie Fläche, die für die nächsten 40 Jahre wieder Rebstöcke tragen soll.

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