Müllheim „Wir wollten die Zukunft gestalten“

Jutta Schütz
Hermann Otto Solms (FDP) war in der Müllheimer Mediathek zu Gast. Foto: Jutta Schütz

Ein prominenter Gast war von der Lesegesellschaft Müllheim und der Buchhandlung Beidek in die Mediathek Müllheim eingeladen worden: Hermann Otto Solms.

Der Ehrenvorsitzende der FDP und ehemalige Vizepräsident des Deutschen Bundestags, trug aus seiner unterhaltsam-informativ geschriebenen Autobiografie „Frei heraus – Mein selbstbestimmtes Leben“ vor. Die Textausschnitte lieferten den Anlass für einen lebendigen Dialog. Fragen zur aktuellen Politik kamen ebenfalls nicht zu kurz.

Moderiert wurde die Lesung von Konstantin Sell, Halbbruder von Hermann Otto Solms, der in Müllheim als staatlich zertifizierter systemischer Berater tätig ist. Sell ist Mitglied der Lesegesellschaft und stellte die Fragen, die Solms Vortrag in bestimmte Themenfelder untergliederten.

Insgesamt ergab sich ein erhellender Blick hinter die Kulissen des Bundestags. Solms erinnerte an die erste sozial-liberale Koalition 1969 auf Bundesebene, mit der Willy Brandt zum Bundeskanzler gewählt wurde und in der die FDP mit Parteichef Walter Scheel erstmals wichtige Ministerposten bekam. „Wir wollten die Zukunft gestalten, das erschien mir in der FDP möglich“, bemerkte Solms zu seinem Parteieintritt Anfang der 1970er-Jahre. Solms war zunächst 1973 Referent von Lieselotte Funke, die damals den Finanzausschuss des Bundestages leitete, entschied sich dann aber für eine Unternehmerlaufbahn und vertrieb und baute mit einem Partner über viele Jahre sehr erfolgreich Video-Spielautomaten. Die Firma verkauften er und sein Partner später mit großem Gewinn.

Einen ganz persönlichen Blick warf Solms auf Politiker wie die Bundeskanzler Brandt und Helmut Schmidt (SPD), Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) und Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), die in politische und wirtschaftlich teils schwierigen Zeiten, viel bewirkten, auch dadurch, dass sie harte Entscheidungen zu treffen hatten und dazu standen. Kohl und Genscher nutzten denn auch „das kleine Fenster, das sich 1990 eröffnete, um die deutsche Einheit voranzutreiben“, so Solms. Zu Bundeskanzlerin Angela Merkels Amtszeit äußerte er sich kritisch. Der Atomausstieg sei ein Fehler, ebenso die unkontrollierte Flüchtlingspolitik, die bereits 2015 das „Fenster nach rechts geöffnet und Schaden über das Land gebracht“ habe, bemerkte er.

Sell hakte nach, warum sein Bruder eigentlich nie Finanzminister wurde. Solms wäre es gern geworden, Kanzlerin Merkel berief aber Schäuble. „Insgesamt aber wollte ich einfach gute Politik machen, denn es gibt generell nichts Spannenderes als Politik – dafür braucht man aber gute Nerven und man muss wissen, was man tut“, antwortete Solms.

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