Musik in Schopfheim Auch ein Chalumeau erklingt im Telemann-Konzert

Jürgen Scharf
Selten gehörte Kantaten von Georg Philipp Telemann hat das Crescendo Barockensemble wiederbelebt Foto: Jürgen Scharf

Mit einem reinen Telemann-Konzert kam das Crescendo Barockensemble in die Schopfheimer Kirche St. Bernhard und hielt ein überzeugendes Plädoyer für den Barockmeister.

Christian Leitherer, international angesehener Spezialist für historische Klarinetten, hat zum Konzert der katholischen Kirchengemeinde in St. Bernhard das selten benutzte Chalumeau mitgebracht, das Georg Philipp Telemann wohl selbst gern spielte. Das Holzblasinstrument mit seinem weichen Klang ist mit der Klarinette verwandt. Es brachte eine besondere Klangfarbe in die Musik des Hamburger Barockmeisters, der zeitlebens hochberühmt, nach seinem Tod aber bald vergessen war und erst 200 Jahre später eine Renaissance erfahren hat.

Ruf des Vielschreibers

Telemann haftet der Ruf des Vielschreibers an, hat er doch eine Fülle von Werken in allen Genres hinterlassen. Gegenüber seinem Zeitgenossen Johann Sebastian Bach ist Telemann der spielerisch-unterhaltendere, weltgewandtere und modischere. Das konnte man bei diesem reinen Telemann-Programm hören, das ein gelungenes Komponistenporträt war. In dem Ensemble, in dem aktuell etliche neue Mitglieder sich für die Alte Musik einsetzen, hörte man eine frische und lebendige Telemann-Pflege.

Im Zentrum stand die Kantatensammlung „Der harmonische Gottesdienst“. Das war auch der Titel des Konzerts. Von den 72 Kantaten für alle Festtage im Kirchenjahr wurden drei exemplarisch herausgegriffen. Sie sind eigentlich für die „häusliche Andacht“ gedacht: kleine Kantaten, die man abonnieren konnte. „Zürne nur, du alte Schlange“, „Was gleicht dem Adel wahrer Christen“ und „Der Regen Gottes trieft auf gute Sprossen“ waren eindrucksvolle Beispiele für Telemanns viel bewunderte Kunst der musikalischen Malerei.

Klanglicher Charakter

Jede Arie daraus hat einen sprechenden klanglichen Charakter. Diesen füllte Kaho Inoue mit plastischer Bildlichkeit aus. Ingrid Boyer (Blockflöten), Isabella Leitherer (Barockvioline), Aki Noda-Meurice (Orgel), Barbara Leitherer (Gambe), Simon Vander Plaetse (Theorbe, eine Art Laute) und Christian Leitherer (Klarinetten) zeigten, wie gut sie die Kunst beherrschen, Tongemälde zu erzeugen. Das Ensemble verhalf diesen kleinen Juwelen zu ihrem Recht. Man konnte erahnen, dass die Kantaten vielleicht Telemanns größte Stärke sind. Mit der für ihn typisch schlichten Vortragsweise samt farbiger Begleitung ergab sich jener eigene gelassene, spielerisch diesseitige Tonfall, der galant, empfindsam und kantabel daherkommt.

Die Darstellungen der Vokalwerke waren ausdrucksstark, lebendig, affektgeladen und bildkräftig. Das gilt auch für die reinen Instrumentalstücke des Abends, bei denen man sicher sein konnte, dass es eine stilkundige Interpretation war.

Hilfreich war, dass Leitherer selbst moderierte und das Publikum Hörbeispiele, kleine Erläuterungen zu der musikalischen Sprache und der Rhetorik inklusive Instrumentenkunde gratis dazu erhielt – also eine Lehrstunde in Sachen Telemann und ein verdienstvolles Programmkonzept. Da konnte man (fast) zum Telemann-Fan werden.

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