Neue Mitte Grenzach Der Stadthain soll grün werden

Tim Nagengast
Das grüne Schlosser-Areal soll nach Schaffung der Neuen Mitte Grenzach teilweise grün bleiben, wenn es nach mehreren Ratsmitgliedern geht. Foto: Rolf Rombach

Zoff am Ratstisch: Ein gemeinsamer Antrag von 13 Gemeinderäten führt zu heftigen Wortwechseln. Bürgermeister Benz und die CDU-Fraktion fühlen sich überfahren.

Der Bebauungsplan „Neue Ortsmitte Grenzach“ wurde am Ende, wie von der Verwaltung vorgelegt, als Satzung beschlossen. Dies aber mit der Einschränkung, dass die Bekanntmachung im Amtsblatt und damit die formelle Rechtskraft erst erfolgen wird, wenn die überarbeitete Platzgestaltung des „Stadthains“ vom Gemeinderat beschlossen worden ist. Dies ist der Kompromiss, zu dem das Gremium am Dienstagabend nach langem, zähen Ringen samt ungewohnt scharfer Debatte gefunden hat.

Überraschender Antrag sorgt für Verstimmungen

Hintergrund ist ein gemeinsamer Antrag von 13 Ratsmitgliedern, den „Stadthain“ nicht wie vorgesehen mit einer wassergebundenen Decke zu beschichten, sondern dort stattdessen eine „funktionierende Grünanlage“ zu schaffen. Der im Gesamtkonzept enthaltene zentrale Markt- und Veranstaltungsplatz wäre damit passé. Der Wochenmarkt funktioniere ja am bisherigen Standort, heißt es im Antrag, und müsse daher nicht zwingend verlegt werden.

Vielmehr wollen die Antragsteller den Klimawandel beziehungsweise dessen Folgen in der Planung berücksichtigt sehen und statt einer im Sommer sich stark aufheizenden gepflasterten und geschotterten Fläche lieber eine Grünanlage. Durch diese sollen sich ein paar Wege ziehen, um Verbindungen zu schaffen. Es soll nur dort befestigt werden, wo es unbedingt nötig sei. Außerdem soll der Bau der unter dem Platz geplanten Tiefgarage dergestalt erfolgen, dass auf dem Platz beziehungsweise der Grünfläche darüber Bäume gesetzt werden können, die dort auch langfristig überleben und eine größere Höhe erreichen können, heißt es im interfraktionellen Antrag.

Das im Rat zunächst von Aaron Gössler (Grüne) präsentierte Papier samt Begründung war augenscheinlich hinter den Kulissen vorbereitet worden. Bürgermeister Tobias Benz zeigte sich jedenfalls völlig überfahren und reagierte sehr ungehalten auf diesen Vorstoß aus dem Gremium. Konsterniert war auch Ulrike Ebi-Kuhn: „Die CDU ist nicht gefragt worden“, stellte sie in scharfem Ton klar. Alfred Klassen pflichtete ihr bei: „Ich bin überrollt und finde es unverschämt.“

Das Antragspapier unterschrieben hatten neben der gesamten Fraktion der Freien Wähler auch die Grünen (ohne Hansruedi Oertlin), dazu Katja Schäfer (SPD) sowie die FDP-Fraktion (ohne Ralf Blubacher, der als Angrenzer beim Thema „Neue Mitte Grenzach“ befangen ist).

SPD-Fraktion zeigt sich uneins

Besonders uneins zeigte sich die SPD-Fraktion. So bekundete Katja Schäfer, dass sie in dieser Sache nur für sich selbst sprechen könne. Es gelte neue Erkenntnisse anzunehmen und eine Planung wie in diesem Fall anzupassen. „Die Zeiten haben sich geändert“, sagte Schäfer. Ihr Fraktionskollege Heinz Intveen stellte sich ihr allerdings entgegen: „Es entspricht nicht der Mehrheit der Fraktion, was hier vorgetragen wurde.“

Auch Leon Intveen (SPD) reagierte ungehalten: „Wir sind doch so lange schon dran an diesem Thema.“ Er stellte zunächst einen Antrag auf namentliche Abstimmung. Damit könne man im Protokoll festhalten, wer wie abgestimmt habe, sollten die überraschenden Wünsche nach Plananpassung zu einer Verzögerung oder gar zum Absprung des Investors für die Neue Mitte Grenzach führen. Diesen Antrag zog Intveen aber später wieder zurück.

Eine spitze Wortmeldung in Richtung des Bürgermeisters kam von Jutta van Dick (FW): „Ich kann Ihnen sagen, Herr Dr. Benz: Wir, die wir hier sitzen, sind in 30 Jahren noch da. Ob das für alle hier im Saal zutrifft, sei dahingestellt.“

Benz zeigte sich negativ überrascht und reagierte ungehalten: „Ich finde es echt schade, dass das so läuft jetzt.“ So versuchte er, den Antragstellern klarzumachen, dass sie verschiedene Ebenen vermischten. Denn die Platzgestaltung im „Stadthain“ werde doch ohnehin losgelöst vom Satzungsbeschluss für die Neue Mitte Grenzach behandelt.

Benz: „Nicht zwei getrennte Ebenen vermischen“

Der Investor werde weder etwas bauen, was die Gemeinde nicht bestellt habe, noch sonst etwas tun, was nicht vorher vom Gemeinderat genehmigt worden sei. „Ich verstehe Ihr Problem nicht. Die Platzplanung und -gestaltung muss der Gemeinderat freigeben. Es wird nichts gebaut, was nicht vorher hier beschlossen worden ist. Dafür verbürge ich mich.“ Komme es jetzt zu Verzögerungen im Verfahren, „dann werden Fristen gerissen“. Benz: „Ich möchte mir nicht ausmalen, 4,2 Millionen Euro zurückzahlen zu müssen.“

Hintergrund: Die Summe bezieht sich auf den Verkaufspreis für die Fläche. In dem Kaufvertrag sind kaskadenartig Fristen hinterlegt, etwa bezüglich Bebauungsplan oder Baugenehmigung. Wenn durch eine Verzögerung, etwa durch eine erneute Offenlage des Bebauungsplans bis ins Kommende Frühjahr, diese Fristen gerissen würden, bestünde die Möglichkeit einer Rückabwicklung des Kaufvertrags, wie Benz auf Nachfrage präzisiert. Diese wäre erforderlich gewesen, wenn man den Grünanteil für den genannten Pflanzbereich im Bebauungsplan festgesetzt hätte.

Nach ewigem Hin und Her, unzähligen Wortmeldungen und fast schon flehenden Appellen des Bürgermeisters, doch bitte nicht zwei getrennte Ebenen zu vermischen, gelang es Benz schließlich, den oben genannten Kompromiss durchzudrücken.

Wie der „Stadthain“ in wenigen Jahren aussehen wird, ist damit wieder offen. Ob er dann seiner bislang zugedachten Rolle als neuer zentraler Marktplatz Grenzachs im erwarteten Umfang gerecht oder eher ein neuer kleiner „Central Park“ wird, ebenfalls.

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