Neuenburg am Rhein 60 Jahre Elysée-Vertrag, 60 Preisträger

Dorothee Philipp
Wenn die Nationalhymnen Funken sprühen: Helmut Lörscher improvisiert am Flügel. Foto: Dorothee Philipp

Glanzvolle Gutedelpreisverleihung in Neuenburg

Anlass für diese Entscheidung war das 60-jährige Jubiläum des Élysée-Vertrags vom 22. Januar 1963, der als offizieller Beginn der neuen deutsch-französischen Freundschaft gilt. Es wurde ein glanzvoller Abend. Wie immer hatte die Gutedelgesellschaft keine Mühen und Kosten gescheut, eine stimmige, einmalige Veranstaltung auf die Beine zu stellen. Angesichts der großen Zahl der Geehrten eine organisatorische Herkulesaufgabe mit monatelangen Vorbereitungen, wie Anne Schaufelberger, Tochter des Preisstifters Hermann Dörflinger, erklärte.

Der Rhein trennt nicht, er verbindet

Dörflinger begrüßte Publikum und Preisträger. „In Zeiten von Krisen und Spannungen zeigen Sie eindrucksvoll, wie gelebte Völkerfreundschaft gelingen kann“, sagte er. Keine zehn Kilometer von der Grenze entfernt habe man Frankreich täglich vor Augen, es sei ein Glück, dass der Rhein heute nicht mehr trenne, sondern verbinde. Einen witzig-frivolen Kommentar dazu lieferte als Bühnenbild eine Zeichnung von Tomi Ungerer, Gutedelpreisträger des Jahres 2015. Er hatte zwei sehr leicht bekleidete Damen – unverkennbar aus Frankreich und Deutschland – in einem engen Tänzchen porträtiert. Französisches Kolorit zur Einstimmung lieferte das Akkordeon von Franco Coali, während das Publikum zweierlei Flammkuchen vom Brett naschen durfte. Christoph Wirtz, als Mitglied im Vorstand ein Glücksfall für die Gutedelgesellschaft, Journalist und bis vor Kurzem Chefredakteur bei Gault-Millau, übernahm die Moderation wie gewohnt mit Esprit und Eleganz. Er lobte die „frankophilste Region Deutschlands“ und brachte es fertig, die Aufzählung aller 60 Preisträgerinnen und Preisträger in einen spannenden Parcours durch die verschiedenen Institutionen zu gießen, die sich abseits der offiziellen Politik mit den Verbindungen zwischen den beiden Ländern befassen. Man hörte und staunte.

Wo die Politik derzeit schwächelt

Paris liege uns hier näher als Berlin, „und das in jeder Hinsicht“ lobte Wirtz. Auch später im Talk mit einigen ausgewählten Gästen kam das Thema Politik zur Sprache, als Professor Frank Baasner vom Deutsch-Französischen Zukunftswerk feststellte, dass es diesbezüglich zwischen beiden Ländern derzeit keine Einigkeit gebe, während in der Zivilgesellschaft das Thema Völkerfreundschaft sehr präsent sei. „Eine solche Veranstaltung wie hier wäre im Auswärtigen Amt oder im Élysée-Palast ein Wunder gewesen“, meinte er, „wir senden hier eine Botschaft aus“.

Freundschaft in Klänge gefasst

Ohne Worte, dafür mit brillanten musikalischen Einfällen widmete sich der Pianist Helmut Lörscher dem Thema der Völkerverständigung. Die beiden Nationalhymnen blitzten in kurzen, wohlüberlegt inszenierten Zitaten auf, die deutsche mal in schüchternem Moll, um später eine Eleganz à la Debussy an den Tag zu legen, die französische im Brustton der Überzeugung die Freudenbotschaft der Revolution feiernd: „Allons enfants d’la patrie…“. Um natürlich dann in den erhebenden Klängen der Europa-Hymne aufzugehen. Als Chansonnière der Spitzenklasse und Botschafterin eines typisch französischen Musikstils brillierte später die Mezzosängerin Felicitas Brunke, in traumhafter leuchtendroter Robe, sprühend vor Temperament. Die weitere musikalische Grundierung des Abends lieferte die Regio Six Jazzband mit Schwung und Pep.

Prominenter Ehrengast

Als Ehrengast eingeladen war Gaël de Maisonneuve, der französische Generalkonsul für Baden-Württemberg. Im Land gebe es 580 deutsch-französische Städtepartnerschaften, sagte er nicht ohne Stolz. Für das Fortbestehen dieser Freundschaft sei die junge Generation “superwichtig”. Er fühle sich sehr geehrt, hier zu sein.

Für Leckereien aus der französischen Küche hatte die Freiburger „Wolfshöhle“ gesorgt nach dem Motto der Gutedelgesellschaft, zu den Preisverleihungen abwechselnd Spitzengastronomien aus der Region heranzuziehen. Nach dem Flammkuchen wurde eine Pâtée en Croûte herumgereicht zu Cornichons und Radieschen, dann gab es zweierlei Rillettes zur Baguette und später lauwarme „Saucisson Lyonnaise“ und Camembert. Man sollte mindestens einmal im Jahr einen französischen Markt besuchen, um Qualität und Geschmack der französischen Küche schätzen zu lernen, war der Ratschlag des seit Jahrzehnten fernsehbekannten Preisträger-Duos „Martina und Moritz“. Bernd Neuner-Duttenhofer, alias Moritz, war es, der 1975 das Standardkochbuch von Paul Bocuse ins Deutsche übersetzt hatte.

Hintergrund

Die Markgräfler Gutedelgesellschaft
vergibt den Markgräfler Gutedelpreis seit 1995 jährlich an Menschen aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen, deren Eigensinn „öffentlich und im besten Sinne kreativ wirksam wird“. Er besteht aus einem Eichenholzfass mit 225 Litern Gutedel, gestiftet von dem Müllheimer Winzer Hermann Dörflinger. Im Fall der diesjährigen Preisverleihung erhielten die 60 Geehrten jeweils ein Gebinde mit sechs Flaschen in einem eigens dafür kreierten Karton. Schon einmal, 2013, ging der Preis an eine große Gruppe: Menschen aus verschiedenen Vereinen, die sich ehrenamtlich um die Belange der Region verdient gemacht hatten.

Für die Kabarettreihe
der Markgräfler Gutedelgesellschaft gibt es für die kommende Saison noch Abos und Einzelkarten, die ab Dienstag, 24. Oktober, im Müllheimer Weingut Dörflinger zu haben sind. Das Programm steht auf der Internetseite www.gutedelgesellschaft.de.

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