Frage: Hattet Ihr viele Einsätze und welcher Art waren diese?
MEIKE: In der Regel treten die Gäste auf kaputte Muscheln am Strand und kommen mit einem Schnitt am Fuß zu uns auf Station. Das haben wir je nach Wetter bis zu 20 mal am Tag.
SEBASTIAN: Vor allem bei Kite-Surfern kommt es häufiger zu ausgekugelten Schultern und gebrochenen Armen und Beinen. Auch Reanimationen hatte Meike am Strand schon, aber das ist zum Glück alles nicht an der Tagesordnung. Im Schnitt gibt es alle ein bis zwei Wochen einen Notfall, der über reines Pflaster kleben hinaus geht.
Frage: Wie sieht der Alltag auf der Wachstation aus? Was ist dieses Jahr aufgrund Corona anders als sonst?
SEBASTIAN: Hier in Sankt Peter ist es normalerweise so organisiert, dass sich alle Rettungsschwimmer um 9 Uhr auf dem Bauhof mit den hauptamtlichen Badestellenleitern treffen. Zusammen fahren wir dann an die fünf Badestellen und fangen dort unseren Dienst an. Aktuell fährt jeder von der Unterkunft direkt zur Station. Beim Eintreffen ziehen wir die Flaggen hoch, drehen und säubern Strandkörbe, sammeln den Müll ein, verteilen die Strand-Rollstühle zwischen den Stationen und sind Ansprechpartner für die Gäste. Nach einem ersten Kaffe gehen wir in der Regel an die Wasserkante zum Streife laufen, besetzen den Funk und beantworten die Fragen der Touristen. Bei gutem Wetter suchen wir vor allem nachmittags fehlende Kinder, verlorene Eltern oder verirrte Omas. Gerade Kinder verlieren bei den vielen Badegästen schnell den Überblick. Durch die seitliche Strömung an der Wasserkante wandern die Kinder ganz von alleine mal 100 bis 200 Meter seitlich und finden dann die Strandmuschel beziehungsweise den Strandkorb der Eltern nicht mehr.
MEIKE: Je nach Wetter und Zeitpunkt des Hochwassers endet der Dienst zwischen 17 und 19 Uhr. Insgesamt ist der Kontakt mit den Gästen in diesem Jahr etwas reduziert, so ist beispielsweise unsere Wachstation durch eine Kette abgetrennt und die Gäste müssen klingeln. Coronabedingt arbeiten wir zurzeit bei diesem Kontakt mit den Gästen beispielsweise beim versorgen von Wunden mit Mund-Nase-Maske.
Frage: Wie viele Rettungsschwimmer sind auf eurer Wachstation?
MEIKE: In normalen Jahren sind in ganz Sankt Peter Ording bis zu 22 Rettungsschwimmer im Einsatz. Die verteilen sich dann auf fünf Stationen jeweils mit drei bis sechs Personen. In diesem Jahr sind aufgrund der Begrenzung in der Unterbringung nur 15 Rettungsschwimmer vor Ort.
Frage: Wie ist die Stimmung auf der Wachstation? Was wird nach Dienstschluss gemeinsam unternommen?
SEBASTIAN: Die Stimmung ist in der Regel gut, weil jeder freiwillig hier ist und Lust hat, etwas zu tun. Nach Dienstschluss gehen die Meisten zusammen essen, in die Therme, grillen gemeinsam auf dem Bauhof, besuchen das Dorffest oder das Feuerwehrfest. Das fällt dieses Jahr wegen Corona leider alles aus.
Frage: Rettungsschwimmer an der Küste sind meist Schüler und Studenten, Ihr seid als Familie an die Nordsee gefahren. Wie bekommt man das mit drei kleinen Kindern auf die Reihe?
SEBASTIAN: Das ist nicht wirklich schwierig. Wir melden uns beim „Zentralen Wasserrettungsdienst Küste“ der DLRG an. In diesem Jahr begleiten uns Meikes Eltern und haben eine Ferienwohnung neben der DLRG-Unterkunft gemietet. So sind die Kinder tagsüber mit den Großeltern, meistens bei uns am Strand, ansonsten auch im Tierpark oder Kinderspielhaus unterwegs. Eine Win-Win-Situation, die Großeltern haben Zeit mit den Enkeln und durch die täglich mehrmaligen Besuche auf der Wachstation sind wir als Familie trotzdem zusammen. Da vor allem Meike hier oben viele Leute kennt, ist es sehr einfach, das Organisatorische zu klären.
Frage: Was bekommt man für den Wachdienst an der Küste?
SEBASTIAN:Die Kosten für An- und Abreise übernimmt die Kurverwaltung. Außerdem gibt es das DLRG-Heim, sodass keine Kosten für Unterkunft entstehen. Zusätzlich bekommt man noch Verpflegungsgeld, das sind knapp 20 Euro am Tag.
Frage: Welche Voraussetzungen muss man als Rettungsschwimmer an der Küste mitbringen?
MEIKE: Man muss mindestens 16 Jahre alt sein und das Rettungsschwimmabzeichen in Silber haben. Darüber hinaus ist die Ausbildung zum Wasserretter, vergleichbar mit der Grundausbildung bei der Feuerwehr, gerne gesehen, aber keine Pflicht.
Meike Brosi ist 33 Jahre alt und Lehrerin. Sie engagiert sich ehrenamtlich als Wasserretterin im überörtlichen Wasserrettungsdienst des DLRG-Bezirks Breisgau.
Sebastian Grozinger ist 31 Jahre alt und arbeitet als Elektrotechnik-Ingenieur bei einem großen deutschen Industriekonzern. Er kümmert sich als Leiter Einsatz im Vorstand der Ortsgruppe Müllheim-Neuenburg um den Wasserrettungsdienst, wo er auch als Strömungsretter und Ausbilder aktiv ist.