Mittlerweile sind wir an der Neuenburger Marktgasse angekommen. Hier hören wir vom so genannten Korngeld, einer Geldanlage in Naturalien, die damals wohl recht beliebt war. Doch schon hören wir den Glockenschlag des Gerichts. Die Sitzung unter der Ratslaube beginnt. Zu unserem Erstaunen lernen wir, dass hier keine Gewaltverbrechen verhandelt und abgeurteilt werden. Hier geht es lediglich um das, was wir heute als Zivilrecht bezeichnen: Kauf und Verkauf, Erbe, Schenkung, im Grund also um notarielle Belange, die in aller Öffentlichkeit verhandelt, beurkundet und von der versammelten Menge der Bürger bezeugt werden. Jede Partei entsendet einen Fürsprecher, der ihr Anliegen vertritt. Nachdem der Schultheiß sich mit den Ratsherren besprochen hat, verkündet er, „was Recht ist“. Und darauf gibt es dann „Brief und Siegel“.
Eines war damals so, wie es heute noch ist: Wenn das Gericht sich erhebt, ist die Sitzung beendet. Nicht aber unser Spaziergang. Der führt uns Zeitreisende jetzt ins „Wirtshaus zum Hasen“, wo wir verwundert erleben, dass es auch hier noch ums Recht geht. Hier tagt nämlich das Schiedsgericht, das Streitfälle zwischen Parteien aus unterschiedlichen Rechtsbezirken verhandelt. Komplizierte Fälle werden aber nicht hier in der Öffentlichkeit, sondern intern vor dem Magistrat verhandelt – besonders dann, wenn „hohe Herrschaften“ darin verwickelt sind oder es um Gewaltverbrechen geht.
Die Rechtsprechenden sind übrigens keine studierten Magister oder Juristen. Sie sind Bürger der Stadt, mit Berufen wie Metzger, Schreiner, Schlosser, Weber oder Wirt.