Rheinfelden Die Suche nach Unerhörtem

Die Oberbadische
Das Spyros-Klaviertrio mit Bartek Niziol (Violine), Tatiana Korsunskaya (Klavier) und Denis Severin (Cello) entwickelt sich zu Fährtensucher unbekannter Musik, wie das Beuggener Schlosskonzert deutlich machte. Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Schlosskonzerte : Spyros-Klaviertrio eröffnet neue Saison in Beuggen

Von Jürgen Scharf

Rheinfelden. Der neue Flyer der „Schlosskonzerte Beuggen 2017“ liegt schwarz auf weiß vor. Veranstalter wie Stammpublikum freuen sich, dass die Reihe weitergeht, nachdem es Spekulationen im Verlauf des Besitzerwechsels gegeben hat.

Beim ersten Konzert stellten sich die künstlerischen Leiter, der Cellist Denis Severin und die Pianistin Tatiana Korsunskaya vor, die sich mit dem Geiger Bartek Niziol zum Spyros-Klaviertrio zusammengefunden haben.

Spyros (griechisch: Geist) gibt es erst seit wenigen Jahren. Nach einem beflügelnden Start der mit einem Echo-Klassik-Preis ausgezeichneten CD mit Musik der badischen Komponistin Luise Adolpha Le Beau wollten die Mitglieder unter diesem Namen weiterarbeiten.

Dass sich das lohnt, machte der Abend mit zwei großen Klaviertrios klar, beide in der düsteren Tonart d-Moll. Die Spyros-Formation entwickelt sich zu einem Fährtensucher unter den Klaviertrios, im Hinblick auf unbekannte Werke. Die jüngste CD versammelt buchstäblich unerhörte Werke des aus Tschechien stammenden russischen Komponisten Eduard Nápravnik. Der war Dirigent am berühmten Mariinski-Theater, also ein Vorgänger von Valerij Gergiev, arbeitete mit vielen bekannten Komponisten, einschließlich Tschaikowsky, leitete die Uraufführung von Mussorgskys „Boris Godunov“ und schrieb selber Opern und Sinfonien, war also eine der wichtigsten Figuren im 19. Jahrhundert in der russischen Musik.

Wie klingen aber nun seine Klaviertrios, von denen man am Sonntag das zweite gehört hat? Das Ohr registriert Einflüsse von Brahms, Tschaikowsky, Rachmaninow über das naturgemäß Slawische eines Dvorák bis zur Oper eines Verdi. Das kompakte, übersichtliche Trio op. 62 ist fraglos ein Werk der Energie und des Lyrischen, melodienreich, mit opernhaftem ariosen Finale und schlägt einen volkstümlichen Ton an.

Dass sich Nápravnik damit nicht hinter den Romantikern zu verstecken braucht, zeigte die beeindruckende, sehr dynamische Interpretation des Spyros-Klaviertrios, die diese Kapellmeistermusik als Erste überhaupt aufgenommen haben. Ein Stück, das in unserer Zeit wohl noch nie jemand gehört hat, das aber überzeugt. Zumal ihm Niziol, Severin und Korsunskaya ein eigenes Gesicht geben und es packend, farbenreich und motorisch darbieten, sodass es eine lohnende Begegnung mit einem unbekannten Stück von einem unbekannten Komponisten wurde, dessen Meinung Tschaikowsky sehr geschätzt hat.

50 Jahre früher schrieb Schumann sein im Konzertsaal dagegen häufig zu hörendes, bedeutendes erstes Klaviertrio. Auch hier war die Gangart bald Empfindung, bald Leidenschaftlichkeit: Im Durchführungsteil des ersten Satzes lässt Spyros die gespenstische Atmosphäre von

hellen Klavier-Diskant und Streicher-Flageolett durchscheinen; den zweiten Satz nehmen sie vorwärtsstürmend, der dritte erklingt kantabel dialogisierend zwischen Klavier und Cello: eine intensive Schumann-Deutung zwischen Beseeltheit und Expressivität.

Also astreine Kammermusik von eigenem Profil dreier gleichgesinnter Partner. Somit ist davon auszugehen, dass auch die neue Nápravnik-CD des Spyros-Klaviertrios auf Aufmerksamkeit stößt. Die Interpretation jedenfalls schürte die hohen Erwartungen, die schon das Debüt-Album, die prämierte Le Beau-CD (2014) erfüllte. Dass deren internationale Resonanz berechtigt ist, machte die Zugabe klar: das Scherzo aus dem Trio der Komponistin, die Schülerin von Clara Schumann war – und da schließt sich der Bogen.

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