Der Schock ist groß in der Radsportszene: Alois Stöcklin, der Vorsitzende des Radsportvereins Rheinfelden, ist am Mittwoch im Alter von 70 Jahren auf tragische Weise ums Leben gekommen. Der bekannte Radsportler wurde am Nachmittag in der Basler Innenstadt auf seinem Rad von einem Lastwagen überrollt und verstarb noch an der Unfallstelle.

Von Kristoff Meller

Rheinfelden. Die Unfallursache ist laut Basler Polizei noch unklar. Klar ist indes, dass die Stadt Rheinfelden einen verdienten Mitbürger verloren hat, der sich über Jahrzehnte im Vereinswesen, und insbesondere für den Radsport verdient gemacht hat. Als Jugendlicher stand er Mitte der 1960er Jahre erstmals als Zuschauer an der Strecke des noch jungen Radkriteriums, 1967 trat er als 18-Jähriger dem Verein bei und stieg als Rennfahrer in den Sattel. 1988 wurde er schließlich zum Vorsitzenden des RSV gewählt. Dazu war er mehr als 30 Jahre lang Fachwart Rennsport sowie Vize-Vorsitzender im Radsportbezirk Hochrhein-Wiesental.

Gemeinsam mit Rudi Winiarski, der vor knapp zwei Jahren ebenfalls bei einer Radausfahrt tödlich verunglückte, bildete er lange Jahre ein erfolgreiches Duo an der Vorstandsspitze. Die beiden holten direkt nach der Euphorie um den Tour-Sieg von Jan Ullrich 1998 die Deutschen Meisterschaften nach Rheinfelden und sorgten für viele begeisterte Zuschauer entlang der Strecke beim Sieg von Erik Zabel.

70. Geburtstag erst kürzlich beim Radkriterium gefeiert

Das internationale Radkriterium, bei dessen 62. Auflage Stöcklin erst Mitte Juli seinen 70. Geburtstag mit vielen Weggefährten und einem  Plauschrennen feierte, ist ohne ihn kaum denkbar. Wie es nun weiter geht? Der langjährige Kassierer Ralf Bär war am Donnerstag fassungslos: „Der gesamte Vorstand ist noch immer geschockt von dieser traurigen Nachricht.“

Alois Stöcklin war die Rheinfelder Radfahrlegende, auch wenn er nicht der Schnellste war. Seine größten Erfolge feierte er dank extremer Ausdauer und Willensstärke: Nur zweimal wurde sein Langstrecken-Weltrekord aus dem Jahr 1981, als Stöcklin 9819 Kilometer in einem Monat – im Schnitt 317 Kilometer am Tag – im Sattel saß, bis heute überboten. Die 5000 Kilometer des „Race Across America“  absolvierte er im Vierer-Team, immer ein Fahrer ist auf der Strecke, in sechs Tagen und 20 Stunden. Insgesamt dürfte er in seinem Leben mehr als eine halbe Million Kilometer zurückgelegt haben. Zuletzt waren es noch immer rund 10000 pro Jahr – mehr als die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben Fahrrad fahren.

Auch sozial engagiert

Stöcklin war aber nicht nur Sportler durch und durch, sondern zudem regelmäßig für soziale Projekte auf zwei Rädern unterwegs: Sein Freund und Langlaufkollege, der Olympiasieger Georg Thoma, hatte ihn 1983 zur damals neu gegründeten „Tour der Hoffnung“ mitgenommen, die sich bis heute für krebskranke Kinder einsetzt, und bei der jedes Jahr zahlreiche Prominente aus Sport, Politik und Showbusiness in die Pedale treten. Als Vize-Kapitän betreute Stöcklin jedes Jahr die Promis im Fahrerfeld und auch seine Frau Vreni engagierte sich bei der Veranstaltung. 2003 machte die Tour in Rheinfelden Station und erst Anfang des Monats war er wieder auf Spendenfahrt mit Promis wie Henry Maske oder Johannes B. Kerner unterwegs.

Doch damit nicht genug. Im Mai 2011 – 30 Jahre nach seinem Langstrecken-Weltrekord – gründete er seine eigene Benefizradtour. Zunächst als einmalige Erinnerungsfahrt gedacht, hat sich die Veranstaltung inzwischen zu einer festen Größe im Radsportkalender der Region entwickelt. Allein in diesem Jahr kamen dank eines neuen Teilnehmerrekords fast 4000 Euro für krebskranke Kinder zusammen.

Vor gut einem Monat sagte Stöcklin im Gespräch mit unserer Zeitung noch zu seiner sportlichen Zukunft: „Rennen werde ich keine mehr fahren, aber mit meinen Radsportkollegen werde ich noch öfters unterwegs sein. Und im Winter freue ich mich auf das Langlaufen.“ Denn Radsport war sein Leben und Skilanglauf seine Passion.