Rheinfelden Harfen-Zauber zum Niederknien

Die Oberbadische

Klassiksterne-Abschluss: Xavier de Maistre im Musiksaal des Rheinfelder Kurbrunnen

Von Jürgen Scharf

Rheinfelden/Schweiz. Er ist der Gegenentwurf zu den ätherischen blondgelockten Harfen-Feen: Mit Xavier de Maistre ist die Harfe männlicher geworden. Das Instrument hat sich durch ihn vom Rauschgoldengel-Image emanzipiert, ist nicht länger eine Exotin im Musikbetrieb, sondern hat sich zum ernstzunehmenden Konzertinstrument entwickelt. Kein Wunder, dass der 42-jährige französische Harfenist das „klassische“ weichtönende Harfenspiel verabscheut.

Der große, schlanke Harfenist kommt schnellen Schrittes auf die Bühne des Musiksaals im Kurbrunnen, er überragt sogar die Konzertharfe. Man beobachtet fasziniert seine sehnigen Hände, seine trainierten stählernen Finger, mit denen er sportiv über die 47 bei ihm gar nicht seraphischen Saiten der Harfe gleitet.

Diese Kraft braucht man aber auch für dieses Instrument, und de Maistre hat eine fantastische Fingerfertigkeit. Das Auffälligste an seinem Spiel im Vergleich zum romantisch aufrauschenden Harfenklang ist sicher, dass er der Harfe Konturenschärfe gibt. Ob er nun Glinkas Variationen über ein Thema aus Mozarts „Zauberflöte“ anreißt oder anderes, immer ist da eine unglaubliche Dynamik und klangliche Staffelung.

An diesem Abend war das stilistische Spektrum das der romantischen Harfenmusik, aber de Maistre führt das Instrument (wie auf seiner neuen CD) auch in die Jetztzeit, wenn er im Orientalischen Tanz von Chatschaturjan auf den Korpus des Instruments klopft.

Und doch ist es primär die Eleganz seines Spiels, die für sich einnimmt. Die subtile Brillanz, wenn er die Nachtigall in Liszts „Le Rossignol“ nach einer russischen Melodie von Alexander Alabieff ihre Koloraturen singen lässt. Strukturklarer, durchsichtiger und zugleich virtuoser kann man die Harfe kaum vorführen, als er es in seinem Programm zum Abschluss der Konzertsaison der „Klassiksterne Rheinfelden“ tut – einem Solo-Recital mit Harfe, das es ja sonst sehr selten gibt.

De Maistre bei den Glissandi zuzuhören, etwa in Faurés Impromptu Des-Dur, ist ein reiner Genuss, denn sie gehen ihm transparent und mit französischer Clarté von der Hand. Bei ihm darf die Harfe auch mal nach Gitarre klingen, zumindest in Parish-Alvars „La Mandoline“, dieser etwas etüdenhaften Grande Fantasie, in der der bekannte Harfenkomponist den Klang der Mandoline imitiert.

Und als wollte er das abgelegte Image vom verklärten Harfenzauber wieder auffrischen, legt sich bei de Maistre ab und zu an den leisen Stellen (wie in der transkribierten Cembalosonate von Giovanni Battista Pescetti oder in Glinkas zauberhaftem Nocturne) der alte Goldglanz über die Saiten. Aber das muss auch sein, das Poetische in den langsamen Sätzen, das Fingerspitzen-Legato in den leisen Passagen, wo de Maistre die Saiten geradezu streichelt, als Ausgleich für die mit Stahlfingerkuppen fast schon perkussiv ausgeführte Technik.

Neue Wege geht er mit diesem Zupfinstrument durch die glasklaren, markanten Töne, die auch Härten nicht scheuen. Ein Traum sind die wie mit dem Silberstichel gestochenen schnellen Läufe. Bei den Wiener Philharmonikern, wo er bereits mit 25 Jahren seine Karriere begann, gehörte für Xavier de Maistre „Die Moldau“ zur Orchesterroutine. Der Anfang dieser populären sinfonischen Dichtung von Smetana wird eigentlich von zwei Flöten gespielt, aber die Tonmalerei klingt fast besser, gleichmäßiger, im Arrangement mit Harfe. Zum Niederknien, diese atemberaubende Perfektion des französischen Starharfenisten bei den Harfenakkorden des Moldau-Themas. Das ist sicher ein neuer Maßstab für das Harfenspiel!

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