Rheinfelden Ohne Freiwillige geht es nicht

Die Oberbadische

Sozialausschuss: Der Unterschied zwischen Ehrenamt und bürgerschaftlichem Engagement

Von Ulf Körbs                       

Rheinfelden hat sich in seinem „Kursbuch 2022“ die Leitbilder „sozial“ und „kinderfreundlich“ gegeben und wird diesem Anspruch auch auf vielfältige Art gerecht. Doch ohne Freiwillige ist das kaum zu erreichen, was auch für die mannigfaltige Welt des Vereinslebens gilt. Das Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement waren auch Thema während der jüngsten Sozialausschusssitzung. Anlass war ein Anfrage von CDU-Stadtrat Eckhart Hanser.

Rheinfelden. „Die Freiwilligen sind keinesfalls eine Ausfallbürgschaft, sondern eine Ergänzung“, hielt Cornelia Rösner, Leiterin des Amtes für Familie, Jugend und Senioren, fest. Es gehe stets um eine Zusammenarbeit „auf Augenhöhe“, betonte sie. In der Löwenstadt fungiere die Verwaltung als Projektinitiator, Ideengeber oder als Projektbegleiter. „Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen“, ergänzte Stefanie Franosz, Leiterin des Bürgertreffpunkts „Gambrinus“ und der „Freiwilligenagentur“.

Diese Agentur – hier melden sich jene, die sich gerne unentgeltlich einbringen wollen, und die, welche ein solches Engagement suchen – ist nur ein Beispiel des Ehrenamts, oder besser: des bürgerschaftlichen Engagements. Neben der bereits erwähnten Vereinsarbeit gibt es in Rheinfelden noch viele andere Tätigkeitsfelder für Freiwillige: der Stadtseniorenbeirat, das Projekt „Präsenz“ zur Betreuung von Senioren, die „Nachtwanderer“ oder die „Bürgerstiftung“, um nur drei zu erwähnen.

Interessiert aufgenommen werden die Sozialausschussmitglieder den Hinweis von Franosz haben, dass Ehrenamt nicht gleich bürgerschaftliches Engagement ist. Der Begriff „Ehrenamt“ stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert. Laut Franosz wurde er erstmals in der preußischen Städteordnung von 1808 festgeschrieben. Diese regelte die kommunale Selbstverwaltung und war Bestandteil der Stein-Hardenbergschen Reformen. In ihrem Paragrafen 191 wird festgeschrieben, dass Bürger zur Übernahme öffentlicher Aufgaben – im Sinne von staatlichen oder kommunalen wie die der Freiwilligen Feuerwehr oder des Gemeinderats – verpflichtet werden können, ohne dafür eine Entlohnung beanspruchen zu können.

Historischer Exkurs

Das Reformwerk von Stein und Hardenberg geht auf die „Nassauer Denkschrift“ zurück, die Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein nach seiner Entlassung aus dem preußischen Staatsdienst im Jahre 1807 verfasste – er sollte später wieder zurückkehren. Sie war eine Reaktion auf die preußische Niederlage in der Schlacht bei Jena und Auerstedt im Jahre 1804 während der Napoleonischen Kriege und sollte, wie Stein selbst schrieb, die „Belebung des Gemeingeistes und des Bürgersinns“ sowie die „Wiederbelebung der Gefühle für Vaterland, Selbstständigkeit und Nationalehre“ zum Ziel haben.

Aber es gibt ein Zitat, das belegt, dass das System des Ehrenamtes weit früher als die Stein-Hardenbergschen Reformen existierte, und das von Franosz auch erwähnt wurde: „Wer an den Dingen der Stadt keinen Anteil nimmt, ist kein stiller, sondern ein schlechter Bürger.“ Es wird dem athenischen Politiker und Feldherrn Perikles, der um 500 bis 429 vor Christus lebte, zugeschrieben.

Bürgerengagement

Geht es also ursprünglich beim „Ehrenamt“ eher um die Wahrnehmung von kommunalen Aufgaben, so findet sich das „bürgerschaftliche Engagement“ zumeist im Sozialbereich. Es ist zum einen eine Folge der Industrialisierung, zum anderen gibt es weit früher schon Ausformungen. Genannt seien hier nicht nur „der barmherzige Samariter“ aus der Bibel oder die „Bürgerspitalstiftung“ im bayerischen Wemdingen aus dem Jahre 917, sondern eben auch der „Besuchsdienst“ im – noch – heimischen Kreiskrankenhaus oder die Initiative „Tafelladen“.

Angeblich gibt es immer weniger Bereitschaft zum „Ehrenamt“. Aber beim bürgerschaftlichen Engagement scheint das nicht so zu sein. Denn die Initiative „Bürgerengagement und Ehrenamt“ des baden-württembergischen Sozialministeriums hält auf ihrer Internetseite fest: „Die Bereitschaft, sich gesellschaftlich zu engagieren, ist weiterhin vorhanden und zeigt sich unter anderem im bürgerschaftlichen Engagement. Die Unterschiede zum herkömmlichen Ehrenamt zeigen sich deutlich. Während das "klassische" Ehrenamt in Organisationen erfolgt, bestimmt das individuelle Interesse an den Inhalten der Arbeit das neue Engagement. So sind auch die Mitgestaltung an Inhalt, Umfang und Dauer der freiwilligen Arbeit bedeutsame Motive für das Engagement. Ebenso erfolgt die Mitwirkung an Initiativgruppen, Projekten und Aktionen, was die Dauer und den Umfang angeht, selbstbestimmt.“

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