Rheinfelden Von der Schulschwänzerin zur Stipendiatin

Die Oberbadische
Foto: Martina Proprenter Foto: Die Oberbadische

Talent im Land: Dayana Annalingam aus Rheinfelden will als Erste in ihrer Familie studieren

Von Martina Proprenter

Talent im Land“ heißt ein Schülerstipendium, das derzeit bundesweit 600 fleißige Schülerinnen und Schüler, die sich auch sozial engagieren, durch den Bildungsdschungel begleitet. Eine davon ist Dayana Annalingam, die 2010 als Flüchtling aus Sri Lanka kam und nun die Hilfe zurückgeben möchte, die sie selbst erfuhr.

Wenn die junge Tamilin von der Sommerakademie erzählt, leuchten ihre Augen vor Freude. Voller Leidenschaft verweist sie auf die besondere Gemeinschaft mit anderen Stipendiaten, mit denen sie in den Sommerferien zu Seminaren und Kursen gegangen ist. „Es gab keine Vorurteile, keinen Rassismus, nur Toleranz“, schwärmt die 20-Jährige. Dass das nicht selbstverständlich ist, habe sie an allen bisherigen Schulen erlebt, die sie besuchte.

Als sie als 13-Jährige mit ihrer Mutter und zwei Schwestern nach Deutschland kam, stand sie mit der Schule eher auf dem Kriegsfuß. In ihrer Heimat würden alle Lehrer die Kinder mit Schlägen bestrafen dürfen, etwa für vergessene Hausaufgaben. Oft habe sie tagelang geschwänzt, ging nur einmal die Woche zur Schule um ihre Freunde zu sehen. „Hier wurde ich das erste Mal gefragt, warum ich die Hausaufgaben nicht gemacht habe“, sagt sie beeindruckt. Dieses Interesse der Lehrer, mit denen sie auch private Probleme besprechen konnte, beeindruckte sie: „So habe ich angefangen, mich wieder für die Schule zu interessieren.“ Doch die Mitschüler machten es ihr nicht immer leicht. „Schokolade“ hätten die Kinder ihr auf dem Schulhof nachgerufen, sie wegen ihrer Zähne gemobbt. Damit andere Kinder und Flüchtlinge diese Erfahrung nicht machen müssen, arbeitet sie mit anderen Jugendlichen zusammen im Projekt „Bilder der Flucht“, erzählt dort in Bildern und Videos von Menschen, die geflohen sind.

Mit viel Unterstützung und auch privater Nachhilfe von Freunden machte sie erst ihren Realschulabschluss und wechselte dann auf das Wirtschaftsgymnasium in Bad Säckingen. Von Lehrern motiviert bewarb sie sich letztes Jahr um das TIL-Stipendium, für das sie unter anderem handschriftlich ihre Lebensgeschichte einreichte. Als zwei Wochen später eine E-Mail mit dem Betreff „Herzlichen Glückwunsch“ kam, war sie so aufgeregt vor Freude, dass sie direkt ihr Smartphone fallen ließ. Eine abgeschlagene Kante an diesem erinnert sie noch heute daran.

Da sie die erste in ihrer Familie ist, die studieren möchte, freut sie sich besonders über die Treffen mit anderen Stipendiaten und Alumni, die ihr bei Bewerbungen helfen und auch erklären, welche Dokumente sie für das Studium braucht oder auch wie man Bafög beantragt. Der finanzielle Aspekt ihres Stipendiums – sie bekommt 150 Euro pro Monat bis zum Abitur – nimmt zusätzlich eine Last von ihren Schultern. „Ich muss meine Mutter jetzt nicht mehr so belasten“, sagt sie, „kann Bücher und Nachhilfe nun selbst finanzieren“.

Die vielfältige Unterstützung, die sie und ihre Familie als Flüchtlinge erfahren haben, möchte sie zurückgeben. Im Freundeskreis Asyl übersetzt die Tamilin für Neuankömmlinge, organisiert Feste und gibt auch selbst Nachhilfe. „Ich habe das Gefühl, ich kann nichts zurückgeben, weil ich kein Geld habe“, sagt sie, „aber kleine Hilfen kann ich geben.“

Talent im Land (TIL): Für das Schülerstipendium für faire Bildungschancen können sich alle bewerben, die in Baden-Württemberg zur Schule gehen, sobald sie in der 7. Klasse sind, noch mindestens zwei Schuljahre vor sich haben und Abitur machen wollen. Die nächste Bewerbungsrunde für das von der Baden-Württemberg-Stiftung und Robert-Bosch-Stiftung getragene TIL beginnt am 1. Februar. Infos im Internet unter www.talentimland.de

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